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Fast jede Familie lebte in TrümmernErinnerung an den Bombenangriff 1945 auf Meckenheim

Lesezeit 5 Minuten
Ein Ausstellungsstück ist der alte Windrichtungsgeber auf der katholischen Pfarrkirche in Meckenheim in Form einer Meerjungfrau.

Ein Ausstellungsstück ist der alte Windrichtungsgeber auf der katholischen Pfarrkirche in Meckenheim in Form einer Meerjungfrau.

Vor 80 Jahren wurde die Stadt Meckenheim bei einem Luftangriff in Schutt und Asche gelegt. Aus diesem Anlass gibt es eine Ausstellung im Rathaus.

Anfang März 1945  legen zwei hintereinander geschaltete Luftangriffe die Stadt Meckenheim in Schutt und Asche. Insgesamt 482 jeweils 500 Pfund schwere Bomben zerstörten den östlichen und westlichen Teil der Stadt, 358 Sprengbomben wurden drei Tage später auf Straßen und Kreuzungen geworfen. Das traurige Resultat der Bombardierung waren 239 Tote: Ihr Leben verloren 170 Meckenheimer, hinzu kamen 69 Soldaten, Krankenschwestern und Kriegsgefangene, sowie teilweise zwangsverpflichtete West- und Ostarbeiter. 80 Prozent der Innenstadt wurden völlig zerstört, die katholische Pfarrkirche St. Johannes der Täufer war eines der wenigen Gebäude, die stehen geblieben waren.

Fast jede der alteingesessenen Meckenheimer Familien lebte in Trümmern. Groß war das menschliche Leid und die Erinnerung daran lebt bis heute fort. Anlässlich des 80. Jahrestages der Bombardierung auf Meckenheim hat Stadtarchivar Niklas Rößler vom 5. bis zum 26. März eine Ausstellung im Ratssaal des Rathauses vorbereitet. Die Schau mit rund 150 Fotos, Texten und historischen Exponaten wird am Mittwoch, 5. März, 18 Uhr von  Bürgermeister Holger Jung eröffnet. Stadtarchivar Niklas Rößler wird mit einem Vortrag in die von ihm ausgearbeitete Schau einführen.

Meckenheim bis 1944 weitgehend verschont

Bis in das Jahr 1944 waren die Meckenheimer Bürger weitgehend von Luftangriffen verschont geblieben. Die Bombenabwürfe über Köln hatten sie allerdings von ihrer Heimatstadt aus sehen können. „Bis hierher waren die Erschütterungen spürbar“, erinnert sich etwa Baumschulinhaber Wilhelm Fey. Und das Dach einer gegen Regen errichteten Wellblechbude habe sich gehoben und wieder gesenkt „mit starkem Geräusch, wenn über Köln Bomben abgeworfen wurden“, ist in einem Artikel des inzwischen verstorbenen Wahl-Meckenheimers Hans Frank zu lesen. Der Heimatforscher war Gründungsmitglied des Meckenheimer Stadtmuseums und beteiligte sich an mehreren Büchern zur Geschichte Meckenheims.

Meckenheim nach der Bombardierung: Mittlere Hauptstraße, Foto aus dem Dachstuhl von haus Nr. 64

Ausstellung „80. Jahrestag der Bombardierung auf Meckenheim“

Im dritten Band der heimatkundlichen Reihe beschreibt auch Elfriede Adams Guhr mit Grauen die von ihr beobachteten Bomber-Angriffe der Alliierten, die sie von ihrem Haus an der Hauptstraße aus nach Köln blickend verfolgen konnte: „Hell erleuchtet der Himmel durch Zielmarkierungsbomben und in dem Dunkel der Nacht rieselten wie Lametta bunte Fäden vom Himmel.“ Die Menschen aus den zerbombten Städten am Rhein sowie aus den Ostgebieten suchten Zuflucht auf dem Land, auch Meckenheim nahm Flüchtlinge auf. Im Sommer 1944 waren es bereits 300 ausgebombte Menschen.

Nach der Landung der Alliierten in der Normandie änderte sich jedoch auch für die überschaubare Landgemeinde die Lage, die seit 1929 wieder stolz den Titel Stadt trug. Die Stadtrechte wurden Meckenheim zum ersten Mal 1636 nach einer Prüfung durch den Kölner Kurfürsten Ferdinand von Bayern verliehen. Im Laufe der Zeit waren sie jedoch verloren gegangen. Von den französischen Flugplätzen aus starteten nun Jagdbomber und flogen Angriffe bis ins Rheinland. Am 9. September 1944 brachte ein solcher Luftangriff auf den Bahnhof einen Munitionszug zur Explosion. Wegen der tieffliegenden und ohne Vorwarnung plötzlich auftauchenden Jagdbomber fühlte sich die Bevölkerung in jener Zeit in den sogenannten Splittergräben am sichersten, die neben Straßen und Wegen ausgehoben worden waren.

Anfang März 1945 traf es dann auch Meckenheim: Zur Unterstützung des Vormarsches und um zurückweichende deutsche Truppen am Rückzug über den Rhein zu hindern, flog die amerikanische Luftwaffe Angriffe auf Nachschubwege, Bahnlinien und Städte. Als Folge dieser militärischen Taktik wurde Meckenheim in den letzten Kriegstagen, am 2. und am 5. März 1945, von Dutzenden der von Flugplätzen nördlich von Paris gestarteten Bombern angegriffen.

Angriff in zwei Wellen

Am 2. März griffen 36 Douglas A-26 Invador und 39 Martin-B-26-Marauder Bomber zwischen 11 Uhr und 12.45 Uhr in zwei Wellen die Stadt an, wie im Kriegstagebuch der 9th Bombardment Division vermerkt ist. In einem Buch des Heimatforschers Hubert Spilles über die Bombardierung Meckenheims beschreibt Helene Boos als Anwohnerin der Mühlenstraße die schrecklichen Ereignisse des Tages, den sie „nie vergessen“ wird. Zwei ihrer Kinder habe sie bei dem Angriff verloren. Den ersten Fliegeralarm habe es schon morgens um 9.30 Uhr gegeben. Der zweite Fliegerangriff um 12.30 Uhr erwischte Helene Boos beim Bügeln in ihrer Wohnung.

Als das „Inferno“ losging, sei sie noch auf der Kellertreppe gewesen: „Ich wurde förmlich von den Schuttmassen begraben, Staub, Sand und Steine lagen auf mir.“ Tochter Juliane wurde am 11. März im Massengrab auf dem Meckenheimer Friedhof beigesetzt. „Ihr Gedenkstein ist dort heute noch.“ Das Grab der jüngsten Tochter Marlies wurde von der Gemeinde Wachtberg inzwischen abgeräumt. Helene Boos zog dann nach Fritzdorf. Drei Tage später, am 5. März, vollendeten 74 Marauder Bomber ebenfalls um die Mittagszeit die Vernichtungsarbeit. „Damit war für Meckenheim der Krieg praktisch zu Ende, aber nicht Not und Elend“, bemerkt Heimatkundler Hans Frank in seinem Beitrag zur Stadtgeschichte.

Die Hauptstraße in Meckenheim vor der Bombardierung etwa 1940.

Die Hauptstraße in Meckenheim vor der Bombardierung etwa 1940.

Nun galt es, die Toten zu bergen, zu identifizieren und in Teilen in Massengräbern zu beerdigen. In den Nachmittagsstunden des 6. März 1945 marschierte das III. US-Corps der „First US-Army“ in Meckenheim und Rheinbach ein. Beide Städte wurden kampflos besetzt. Nach den Angriffen hatten die Bürger ein halbes Jahr lang keine funktionierende Strom- und Wasserversorgung. Vagabundierende Räuberbanden aus dem Kottenforst und dem Adendorfer Wald überfielen die Höfe und trieben das Vieh fort. Aus den Ruinen wurde das Baumaterial für Häuser genommen, um für den Winter ein Dach über dem Kopf zu haben.

Herkulesarbeit geleistet

Noch fünf Jahre später gab es eine Menge Resttrümmer, die jedoch bis Ende 1952 endgültig beseitigt wurden. Bis zur Feier des 1100-jährigen Bestehens der Stadt zwei Jahre später hatten die Meckenheimer eine wahre Herkulesarbeit geleistet: Die unglaubliche Menge von 4600 Kubikmetern Resttrümmer waren beseitigt und deutliche Fortschritte im Aufbau der Stadt geleistet worden. So waren 470 neue Wohnungen und eine neue Volksschule entstanden, vier Kilometer neue Straßen und sieben Kilometer neue Kanalisation waren verlegt, die alte Post wieder hergestellt, Sport- und Tennisplatz angelegt, der Kirchplatz neu gestaltet und eine Gedenkstätte für die Opfer der Luftangriffe auf dem alten Friedhof eingeweiht.

Die Ausstellung „80. Jahrestag der Bombardierung auf Meckenheim“ wird am Mittwoch, 5. März, 18 Uhr, im Ratssaal am Siebengebirgsring eröffnet.