Für den dreijährigen Richard, der mit einem seltenen Gendefekt geboren wurde, spielen „Los Rockos“ ein Benefizkonzert, um den Eltern bei den Kosten für den barrierefreien Umbau ihres Hauses zu helfen.
„Gemeinsam für Richard“„Los Rockos“ spielen Benefizkonzert für kleinen Bornheimer mit seltenem Gendefekt

Roman und seine Frau Hanna Koch mit ihrem dreijährigen Sohn Richard.
Copyright: Margret Klose
Richard (3) ist ein fröhlicher Junge. Am liebsten sitzt er bei seinem Papa auf dem Arm oder guckt mit ihm oder seiner Mama das bunte Inklusionsbilderbuch. Darin sind Kinder zu sehen, die so wie er anders und trotzdem Teil einer großen Gemeinschaft sind. Und wie ein kleiner König freut sich der Junge, wenn er zum Beispiel das Kind im Rollstuhl, den Schaufelbagger oder auch den Jungen mit der Gehhilfe auf den bunten Seiten des Bilderbuchs entdeckt.
Dass Richard eine Behinderung hat, wird erst auf den zweiten Blick deutlich. Richard kann nicht laufen. Damit er sich trotzdem selbstständig draußen und auch zu Hause im Erdgeschoss bewegen kann, hat er einen Rollstuhl. Seine sprachliche und auch motorische Entwicklung ist verzögert. Richard hat mehrere Herzfehler, er hat nur eine Niere und bei Erkältungsinfekten braucht er direkt zusätzlichen Sauerstoff.
Schon in der Schwangerschaft erfuhren seine Eltern Roman (39) und Hanna Koch (38), dass ihr Kind mit einem Herzfehler zur Welt kommen wird. Der Junge war gerade sechs Tage alt, da musste er am Herzen operiert werden. Acht Wochen lag er danach auf der Intensivstation, immer an seiner Seite: Mutter Hanna.
Noch ahnten die Eltern da nicht, wie krank ihr Junge wirklich ist. Doch bald schon merkten sie aufgrund seiner Entwicklungsverzögerung, dass da viel mehr war. Die Diagnose erhielten sie im Januar 2023. Richard kam mit einem seltenen Gendefekt zur Welt. „Mikrodeletion 19 P 13.3“, erklärt Hanna Koch. Übersetzt heiße das soviel wie „kleiner Stückverlust“. „Weltweit sind aktuell nur 84 solcher Erkrankungen bekannt“, sagt die 38-Jährige. Allerdings sei der sogenannte „kleine Stückverlust“ bei jedem Erkrankten anders. „Es gibt keine Prognose für Richards weitere Entwicklung“, sagt sie.
Um so wichtiger sei es ihr und ihrem Mann, ihren Jungen zu fördern. Drei Tage in der Woche besucht Richard mit einer Kindergarten-Assistenz die Kita Rappelkiste in Merten. Dienstags und freitags ist Therapie angesagt: Logopädie, Frühförderung und Physiotherapie, zusätzlich auch Musik- und Reittherapie. Letztere müssen die Eltern aus eigener Tasche zahlen. „Das sind schon enorme Kostenfaktoren“, erklärt Hanna Koch. Sie ist selbst Heilerziehungspflegerin, zurzeit allerdings freigestellt. Mit einem Kind wie Richard sei aktuell auch gar nicht daran zu denken, wieder arbeiten gehen zu können. „Ein Kind mit Behinderung stellt das ganze Familienleben schon ziemlich auf den Kopf“, erklärt sie.
Die Eheleute wirken entspannt, reflektiert und gehen sehr offen mit der Behinderung ihres Nesthäkchens um. „Aber es gibt auch Tage, an denen wir körperlich und emotional schon an unsere Grenzen stoßen“, sagt die 38-Jährige.
Wohnhaus muss barrierefrei werden
Dann stockt sie einen Moment und schluckt. Um ihrem Jungen ein möglichst selbstständiges und inklusives Leben zu Hause zu ermöglichen, müssten sie ihr Wohnhaus barrierefrei umbauen: den Eingangsbereich und, damit Richard auch barrierefrei ins erste Obergeschoss gelangen kann, müsste ein Plattformlift gebaut werden. Denn oben im ersten Stock ist das Badezimmer. Dort haben außer Richard auch seine beiden älteren Geschwister ihre Zimmer. Allerdings würden die veranschlagten Kosten in Höhe von etwa 240 000 Euro für die nötigen Umbauten das Budget der Familie um ein Vielfaches übersteigen.
Das Anliegen brachte nun Freunde auf die Idee, einen Spendenaufruf zu starten. Doch sie hätten nicht im Traum damit gerechnet, welche enorme Welle der Solidarität sie damit in Bewegung setzen würden.
Roman Koch arbeitet im Schichtdienst als Chemikant bei der ehemaligen Evonik in Wesseling. In Merten kennt man ihn aber auch als Freiwilligen Feuerwehrmann bei der Löschgruppe. Dort ist auch seine älteste Tochter bereits in der Jugendfeuerwehr aktiv. Hannah Koch engagiert sich hingegen im Vorstand der Elterninitiative Rappelkiste. Die Eheleute sind als liebevolle Eltern und hilfsbereite Menschen bekannt.
Als die Brühl-Bornheimer „Los-Rockos“-Musiker vom Schicksal der Familie erfuhren, zögerten sie keine Sekunde. Klaus Niggemann, Cheforganisator der Interessengemeinschaft der „Roten Bank“ in Rösberg hatte die Kultband angesprochen, ob sie für die Familie und für den erforderlichen Hausumbau auftreten würden. „Das machen wir sehr gerne – wir freuen uns darauf, so der Familie helfen zu können“, erklärt Frontmann Alex Radigk. In Absprache mit seinen Bandmitgliedern wurde auch direkt eine zusätzliche Probe angesetzt. Und soviel ist schon sicher: Die Gäste können sich darauf einstellen, dass sie auf eine rockige „Ur-Los Rockos eigene Art“ auf Weihnachten eingestimmt werden. Ebenfalls im Schlepp haben sie die „jungen Rockos“ – die Band „Sons of M“ – die Söhne der Los Rockos-Väter.

Die Band „Los Rockos“ bereitet sich in ihrem Proberaum in Brühl-Schwadorf auf das Konzert vor. Um Richard zu helfen, treten sie kostenlos auf.
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Das Benefizkonzert startet am kommenden Samstag, 23. November, ab 18 Uhr an der Roten Bank und der Schutzhütte an der Weberstraße 13 unter der Schirmherrschaft des Vereins „Sternschnuppe Herzenswunsch“ in Kooperation mit dem Rote-Bank-Team. „Der Abend steht ganz im Zeichen der Solidarität und Nächstenliebe“, erklärt Niggemann. Der gesamte Erlös des Musikfestes soll der Familie für den erforderlichen Umbau zugutekommen. Neben der Musik erwartet die Gäste dort auch ein ziemlich gemütliches Ambiente mit Reibekuchen, Glühwein und auch kalten Getränken. Das Event ist gleichzeitig das letztes des Jahres aber nicht das letzte seiner Art an der „Roten Bank“.
Ein weiterer Programmpunkt am Samstagabend wird die Ehrung und Verabschiedung von „Rote-Bank-Vater“ Klaus Niggemann werden. Der 74-Jährige möchte künftig ein bisschen kürzertreten: „Ich bin einfach zu alt, mir wird das alles ein bisschen zu viel“, entschuldigt er sich. Damit meint er vor allen Dingen die Auf- und Abbauten und die Organisationen und Koordinationen von Essen und Trinken und Toilettenwagen bei den Festivitäten.
Klaus Niggemann hatte seinerzeit die Idee im Ort einen Treffpunkt zu schaffen, an dem sich junge und alte Menschen zwanglos begegnen und miteinanderreden können. „Es gibt ja in Rösberg keine Gaststätte mehr“, merkt er an. Schreiner Holger Franzen habe dann nach seinen Plänen zunächst die Bank, wenige Jahre später auch die Schutzhütte aus Holz gebaut. Schnell wurde der Treffpunkt aber viel mehr, als nur ein beliebter Treff nach Feierabend für die Dorfbewohner.

Ein starkes Team: das Organisationsteam der „Roten Bank“ mit Gründungsvater Klaus Niggemann (2.v.l.).
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Mindestens vier bis fünf Mal im Jahr wurde über die regelmäßigen Treffs auch zu Konzerten eingeladen, oft für einen guten Zweck. „Dann geht der Hut statt für die Musiker, für einen zuvor festgelegten sozialen Zweck um“, erklärt Niggemann. Genau das sei auch am kommenden Samstag beplant, wenn es heißt: „Gemeinsam für Richard.“ Zusätzlich hat der Verein „Sternschnuppe Herzenswunsch“ bei der Volksbank Köln Bonn ein Spendenkonto eingerichtet: Verwendungszweck „Richard Koch.“
Die „Rote Bank“ in Rösberg
Die „Rote Bank“ ist in Rösberg längst eine Institution. In der Vergangenheit konnte Klaus Niggemann dort unter anderem Bands wie die „Los Rockos“, die „Cortingas“, die „Räucherband“, das „Maks‘ Trio“ und „Room to Move“ aber auch Sänger wie Peter und Marianne begrüßen. Gesungen und musikziert wurde schon öfter für soziale Zwecke – für die Lebeka etwa aber auch für den Kindergarten im Ort und für die Flutopfer.
Gemeinsam wollen unter anderem Peter und Karin Weber, Günther Hayenga, Hartwig Badenheuer, Markus und Beate Renz, Peter und Marita Lang, Katharina Christoffel, Karin Weber, Hubert und Marianne Horst, Willi März, Herbert Walter, Olaf Finok, Helmut Otterstein, Katharina Henseler, Gertrud Kordus und Rösbergs Ortsvorsteher Günter Engels auch in Zukunft zu solchen Events einladen. „Und ich bin ja auch nicht aus der Welt“, merkt Niggemann an. Den Kontakt zu den Musikern möchte er auch in Zukunft halten.