Kunstaktion „Hotspot“ in Königswinter gestartetStreetart verändert Altstadthäuser
Königswinter – „Papa, was machen die da?“, fragte der kleine Junge, der mit seinem Vater am Dienstagnachmittag durch die Fußgängerzone in Königswinter schlenderte. Nach etwas genauerer Betrachtung der Lage gab das Kind sich die Antwort gleich selbst: „Die malen das Haus ein bisschen anders an.“
Der Berliner Streetart-Künstler Gris war in dem Moment gerade dabei, die Fassade der ehemaligen Wäscherei Schuchert (Hauptstraße 373) zu gestalten. Wie genau das marode Haus am Ende seiner dreitägigen Aktion aussehen würde, wusste der 43-Jährige zu der Zeit selbst noch nicht. „Mal gucken, was mir in den Kopf kommt.“
Grünes Licht für Abweichung von der Gestaltungssatzung
Auf jeden Fall ging’s schnell: Erst sechs Tage zuvor hatte der Ausschuss für Stadtentwicklung die Fassadenkunst an insgesamt drei maroden Gebäuden in der nördlichen Hauptstraße gebilligt, indem er einer Abweichung von der Gestaltungssatzung zustimmte. Die verbietet an Altstadt-Fassaden eigentlich grelle Farben.
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Im Fall von Gris hätte die Vorschrift wohl weniger für Probleme gesorgt. Denn die großen Flächen „seiner“ Fassade hält er in Schwarz und Weiß. Lediglich ein paar Farbsprenkel würden dazu kommen. „Nicht viel Farbe, nur Farbtupfer“, sagte der 43-Jährige, während immer wieder Passanten stehen blieben; eine Frau hielt sich wohl wegen der Lösungsmitteldämpfe Mund und Nase zu. Bis zu dem Zeitpunkt konnte man im Obergeschoss eine aufgesprühte Person am Fenster erahnen, darunter vielleicht einen Mond und Häuser...
Fortsetzung der Kunst im XXL-Format von 2015
„Gris gestaltet so ziemlich alles“, heißt es auf der Homepage des Berliners, der Kunst an der Universität Potsdam studierte und für den Graffiti seit Ende der 1980er Jahre eine wichtige Rolle spielen. Schon bei der Aktion mit Kunstwerken im XXL-Format in den ehemaligen Hallen der Lemmerz-Werke 2015 war Gris dabei. Die Gestaltung der Fassade jetzt versteht er als Fortsetzung beziehungsweise „XXL 2“; nur etwas mehr Farbe als 2015 komme hinzu.
Eine Hausfassade zu gestalten sei indes schon eine „Herausforderung“, sagte Gris, der die Kunstaktion in der Altstadt „mutig, richtig und gut“ findet. Von einer „anderen Art der Aufwertung“, sprach die Künstlerin Franca Perschen (kulturbüro nr. 5), die zusammen mit dem Fotografen Helmut Reinelt und finanziert vom Immobilienunternehmen Verianos Real Estate (Eigentümer unter anderem der drei Gebäude) das mehrjährige Kunstprojekt „Hotspot KW“ verwirklicht, zu dem die Fassadengestaltung der drei Häuser als ein Baustein gehört.
„Bananensprayer“ Thomas Baumgärtel wird auch aktiv
Nach Gris kümmern sich die nächsten Wochen die Streetart-Künstler Thomas Baumgärtel (Bananensprayer) und Wolfgang Krell um die direkt gegenüber liegenden Häuser Hauptstraße 360 (ehemaliges Nagelstudio) und Hauptstraße 358 (ehemaliges Lokal Im Schiffchen). Eine Frau sagte am Dienstag mit Blick auf die völlig kaputte Fassade des „Schiffchen“: „Das kann nur besser werden.“
Einen Strich durch die Rechnung machen will der Fassadenmalerei jedoch noch das Ratsmitglied Andreas Danne (Linke). Er fordert per Dringlichkeitsantrag, dass der Stadtrat am 9. Mai das Votum des Ausschusses zur Ausnahme von der Gestaltungssatzung wieder kassiert. Die Mehrheit im Ausschuss war indes eindeutig. Es gab lediglich zwei Enthaltungen der CDU und nur eine Gegenstimme, und zwar die von Andreas Danne.