Historisches Handwerk auf dem RheinSchiltacher Flößer machen Stopp in Königswinter
Königswinter – Der winzige Punkt neben dem massiven Frachtschiff wurde schnell größer, und einige Hundert Meter vor der Landebrücke drehte sich das inzwischen als Floß erkennbare Gefährt mit dem Bug gegen den Strom. Drei Mann an den drei langen Holzrudern vorne, einer hinten. „Das hier ist die Wichtigste“, rief der Flößer mit der Bugleine den wartenden Mitstreitern zu, und kurz darauf war das 15 Meter lange und fünf Meter breite Floß, das aus zusammengebundenen Schwarzwaldfichten besteht, gesichert. „Wir sind fest“, rief einer der Flößer um Punkt 11.04 Uhr.
Freitag vorige Woche gestartet
Reibungslos lief das Wende- und Anlegemanöver der Schiltacher Flößer am Donnerstagvormittag in Königswinter. „Wir haben inzwischen ja ein bisschen Erfahrung“ sagte schmunzelnd Floßmeister Thomas Kipp, der mit seinen Mitstreitern vom Verein Schiltacher Flößer Freitag vorige Woche gestartet ist mit der spektakulären Floßfahrt, die vom Schwarzwald (Steinmauern) an den Niederrhein (Leverkusen-Hitdorf) führt.
Sie soll aufmerksam machen auf die Tradition und das Handwerk der Flößer, die in vorindustriellen Zeiten für den Holztransport sorgten. Der Wasserweg sei seinerzeit die einzige Transportmöglichkeit gewesen, sagte Floßmeister Thomas Kipp.
Und es gab nicht nur die großen Holländerflöße, die aus mehreren Lagen Baumstämmen bestanden, so dass bis zu 70 Hektar Wald auf einmal den Rhein hinuntertrieben und die 500 Mann Besatzung haben konnten, sondern auch „die kleine regionale Belieferung der Städte am Rhein“.
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Gemessen an den mindestens vier Kamerateams, zahlreichen Pressefotografen und vielen Schaulustigen, die am Vormittag die Schiltacher Flößer bei ihrem Zwischenstopp in der Drachenfelsstadt empfingen, bevor es nach Niederkassel-Mondorf weiterging, haben die Initiatoren der Aktion ihr Ziel voll erreicht, nämlich aufmerksam zu machen auf ein historisches Kulturerbe.
Zwei Außenbordmotoren aus Sicherheitsgründen dabei
„Es gab keine kritischen Momente“, sagt Thomas Kipp rückblickend auf die letzten Tage kurz nach dem gelungenen Anlegemanöver, bei dem für einen Moment zwei Außenbordmotoren zum Einsatz kamen, die von den Wasser- und Schifffahrtsbehörden auch aus Sicherheitsgründen gefordert worden waren, damit das Floß bei Bedarf gegen den Strom fahren kann. Der Umgang mit der Berufsschifffahrt auf der Bundeswasserstraße Rhein sei „respektvoll“ , berichtete der Flößer den Journalisten.
Immer sechs Männer und Frauen seien als Besatzung auf dem Floß, die anderen seien in zwei Begleitfahrzeugen unterwegs, erklärte Elke Kipp dieser Zeitung, als das Floß mit ihrem Mann gerade als winziger Punkt weiter rheinaufwärts auftauchte. Täglich löse man sich etwa auf halber Etappe ab. Einer der Flößer übernachte auf dem Floß selbst, so Elke Kipp, die anderen in einem Camper oder in Hotels.
Hohe Lederstiefel waren wichtig
Zwar trugen alle Schiltacher Flößer schwarze Jacken und Hüte oder Mützen, eine „Tracht“ im eigentlichen Sinne gebe es aber nicht, erklärte Flößer Erwin Wolber, der seine Mitstreiter ebenfalls in Königswinter erwartete. Die hohen Lederstiefel aber seien wichtig gewesen. „Die Stämme wurde im Wasser zusammengebunden“, betonte Wolber.
Die Flößerei sei „schwere körperliche Arbeit“ und „Existenzgrundlage für viele Familien“ gewesen, sagte Königswinters Vize-Bürgermeister Jürgen Kusserow, der die Schiltacher Flößer offiziell begrüßte. Die Aktion mache „Geschichte lebendig und anschaulich“, sagte Sigrid Lange, die Leiterin des Siebengebirgsmuseums, in dessen Dauerausstellung die Flößerei Thema und ein Modell eines „Holländerfloßes“ zu sehen ist, das vom Siebengebirgsexperten Jakob Sieger bis ins kleinste Detail historisch exakt zusammengebaut wurde. Die Schiltacher Flößer sahen sich das Modell am Donnerstag an.
Fichtenstämme des Floßes landen im Sägewerk
Den Leverkusener Stadtteil Hitdorf haben die Flößer um ihren Floßmeister als Ziel ausgewählt (Freitagnachmittag wollen sie dort ankommen), weil dort Floßholz aus dem Frankenwald und dem Schwarzwald zum Bau von Häusern im Bergischen Land verarbeitet worden sei. Ein ähnliches Schicksal widerfährt nun auch den 15 Fichtenstämmen, aus denen das Floß zusammengebunden wurde und die laut Thomas Kipp die Schiltacher Flößer selbst geschlagen und bearbeitet haben. Während die Aufbauten mit zurückfahren in den Schwarzwald, wird laut Elke Kipp das Holz verkauft und im Sägewerk verarbeitet.