„Es war ein tiefes dunkles Loch“Gastronom reaktiviert Dorfsaal in Königswinter
Königswinter-Oberdollendorf – Zwei ausrangierte Kegelbahnen, eine eingezogene Zwischendecke und kleine, als Lager genutzte Räume – „es war ein tiefes dunkles Loch“, sagt Andreas Lelke, „der Saal war nicht zu sehen.“ Von außen verrät die öde graue Fassade aus Betonputz selbst auf den zweiten und dritten Blick nicht, dass sich hier ein architektonisches Kleinod in der Mitte Oberdollendorfs verbirgt.
Nur von innen sind die von außen zugemauerten Fenster mit ihren alten Holzrahmen zu sehen, die dicken Backsteinmauern künden von Stabilität und Haltbarkeit und der ganze hohe Raum lässt nach dem Ausbau der Zwischendecke selbst im Rohbauzustand erahnen, wie vielfältig man ihn bespielen könnte.
Foto aus dem Jahr 1935
Etwa aus dem Jahr 1935 stammt ein Foto, das der Gastronom Andreas Lelke auf seinem Smartphone gespeichert hat und das einen großen Saal mit einer festlich geschmückten Tafel für wohl Hunderte Menschen zeigt.
Und zumindest so ähnlich soll es in dem Saal der ehemaligen „Bauernschenke“ in Oberdollendorf künftig wieder aussehen. Lelke will nach eigenem Bekunden eine Veranstaltungsstätte schaffen und Oberdollendorf seinen Saal zurückgeben, wie er es formuliert. Ein großes Festzelt beispielsweise zur Laurentius-Kirmes wäre nicht mehr nötig.
„Bauernschenke“ 2017 gekauft
Der Gastronom, der in Oberdollendorf schon die Weinmühle und den Bungertshof aufwendig restauriert hat, hatte die „Bauernschenke“ 2017 gekauft und in einer ersten Idee ein Brauhaus mit einem Gäste- und Appartementhaus ins Gespräch gebracht.
Der alte Saal mit seiner grauen Betonputzfassade sollte abgerissen, das denkmalgeschützte Fachwerkhaus an der Heisterbacher Straße restauriert werden. Die Denkmalschutzbehörden hatten dem Abriss des Saals entlang der Lindenstraße schon zugestimmt.
Doch dann tauchte das historische Foto auf, und Andreas Lelke erkannte mit dem Rückbau der Kegelbahnen und dem Abriss der Zwischendecke das Potenzial des historischen Gemäuers. Eine kleine „Weinschenke“ im Fachwerkgebäude an der Straße und einen „Weinpalast“ im großen Saal – das sind die Ideen, die Lelke jetzt in die Realität umsetzen will. Passend zum Weinort Oberdollendorf mit dem traditionsreichen Weingut Blöser.
Aber erstmal ist alles Baustelle: Der zur Straße hin gelegene Wintergarten ist schon abgerissen, ebenso der Küchentrakt im Innenhof. Im Fachwerkgebäude sind zurzeit sicherheitshalber Eisenstützen unter die Holzbalken gestellt; durch die Decke kann man an einer Stelle bis zum Dachstuhl gucken, den Lelke komplett erneuern will.
Im großen Saal sind Arbeiter dabei, den Putz von der Ziegelsteinen zu hämmern. An vielen Ecken liegt Bauschutt herum, an anderen sind Backsteine aufgestapelt; tote Kabel hängen überall von den Decken.
Gastronom durch und durch
„Ein Wohnhaus“, wie er es ursprünglich mitgeplant hatte, „wäre finanziell lukrativer“, räumt Andreas Lelke ein. Warum verwirklicht er es dann nicht? „Weil ich durch und durch Gastronom bin“, sagt er.
Und in dieser Rolle will er seinen „Weinpalast“ auch für Seminare und Tagungen von Bonner Unternehmen wie Telekom oder Deutsche Post DHL anbieten. Die gute Anbindung Oberdollensdorfs an die Bundesstraße 42 und die Stadtbahnlinie 66 kommt ihm dabei zugute.
Das Brauhaus kam auch deswegen nicht zustande, weil Lelke keinen Betreiber fand. Er selbst hat die Weinmühle verpachtet und betreibt den Bungertshof selbst, will sich aber aus dem Betrieb des nahen Weingut Sülz zurückziehen, weil er mit den Pachtbedingungen nicht mehr einverstanden ist, wie der Gastronom sagt.
Der große Saal, der sich mit dem Abriss der Kegelbahnen und der Zwischendecke auftat, war nach dem Krieg übrigens zeitweise ein Kino. Das, so Andreas Lelke, wissen noch viele Oberdollendorfer. Doch an die Gestaltung als Festsaal um 1935 herum, als das historische Foto entstand, das Lelke auf dem Handy hat, dürfte sich schon aus Altersgründen heute kaum noch jemand erinnern.