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Ärger über Unterstützungsschreiben„Glasfaserkrieg“ im Berggebiet von Königswinter

Lesezeit 5 Minuten

Der geplante Glasfaserausbau im Berggebiet von Königswinter sorgt für viel Aufregung.

Königswinter – Der „Glasfaserkrieg“ zweier konkurrierender Unternehmen im Berggebiet von Königswinter hat inzwischen nicht nur die Kommunalpolitik aufgeschreckt, er ist auch ein Fall für den Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags.

Ihr Anliegen habe als Petition das Geschäftszeichen I.A.3/17-P-2020-12749-00 erhalten, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel, der Willmerother Bürgerin Anne Ganske mit, die den für Bürger im Berggebiet möglicherweise folgenreichen Wettbewerb der Deutschen Glasfaser aus Borken und der Disquom Funktechnik GmbH aus Königswinter öffentlich gemacht und den „Bürger-Kummerkasten“ des Landtags eingeschaltet hatte.

Unterdessen hat die Stadtverwaltung auf Anfrage der Rundschau erneut bekräftigt, mit beiden Unternehmen gemeinsam ein Gespräch führen zu wollen, um „im Sinne der Bürger eine zufriedenstellende Lösung in diesem Konflikt zu erhalten“.

Wirtz-Brief pro Deutsche Glasfaser

Daniel Gerlach, Geschäftsführer der Disqoum Funktechnik GmbH aus Königswinter, ist sauer auf Bürgermeister Peter Wirtz. Der Grund: Das Stadtoberhaupt mache „aktiv Werbung“ für die Deutsche Glasfaser, mit der die Disquom um den Glasfaserausbau im Berggebiet der Stadt konkurriert.

Tatsächlich ist auf der Homepage der Deutschen Glasfaser ein mit „im Januar 2020“ datierter Bürgerbrief von Wirtz zum Download hinterlegt. Als Bürgermeister begrüße er es sehr, „dass Deutsche Glasfaser in ein komplett neues Kommunikationsnetz, einem Glasfasernetz bis in jede Wohneinheit, investieren möchte.“ Es biete im Vergleich zum vorhandenen Kupferkabel wesentlich höhere Geschwindigkeiten bei der Datenübertragung. Im letzten Absatz heißt es auch: „Grundsätzlich sind Sie selbstverständlich frei, mit welchem Unternehmen Sie zusammenarbeiten möchten.“

Daniel Gerlach ist arg verärgert über die, wie er findet, einseitige Werbung des Bürgermeisters.

Peter Wirtz betont dagegen auf Rundschau-Anfrage: Das Schreiben sei am 11. Dezember vorigen Jahres an die Deutsche Glasfaser rausgegangen. Von den Glasfaser-Ambitionen der Königswinterer Disqoum habe die Stadt aber erst am 19. Dezember erfahren (siehe auch Hauptbericht). Das Unterstützungsschreiben sei bei Informationsveranstaltungen für die Bürger angekündigt worden und es sei darüber hinaus im Kooperationsvertrag vorgesehen, den die Stadt mit der Deutschen Glasfaser geschlossen habe. Inzwischen habe die Stadtverwaltung versucht, so Peter Wirtz nach Rücksprache mit seinem Technischen Dezernenten Theo Krämer, das Schreiben wieder von der Homepage der Deutschen Glasfaser entfernen zu lassen. Das sei mit Hinweis auf die Regelung im Kooperationsvertrag jedoch abgelehnt worden.

Peter Wirtz spricht von einer „hoffnungslos verfahrenen Situation“, man sei aber weiter um eine Lösung bemüht. Darüber, wer wann zu welchen Gesprächen bereit oder nicht bereit gewesen ist, machen beide Seiten übrigens unterschiedliche Angaben.

Daniel Gerlach sagte, für sein Angebot hätten sich in einzelnen Orten schon mehr als 20 Prozent der Haushalte angemeldet, im Schnitt liege Disquom bei 18,5 Prozent (Stand Mittwoch), so Gerlach. Das sei für einen Monat aktive Werbung „ganz ordentlich“. (csc)

Darauf zielt auch ein Antrag der Königswinterer Wählerinitiative ab, der nächste Woche dem Stadtrat vorliegt. Die Sorge der KöWis: Durch die Konkurrenz beider Anbieter, in den Berggebieten wie Berghausen, Willmeroth, Eudenbach, aber auch in Rauschendorf oder Stieldorf durch den Ausbau mit Glasfaser für High-Speed-Internet zu sorgen, könnte „keines der beiden Angebote zur Realisierung kommen“. Denn beide Unternehmen verlangen eine Beteiligung von 40 Prozent der Haushalte, um das Glasfaserprojekt wirtschaftlich umsetzen zu können. Eine einfache Beispielrechnung der KöWis: Im Oberhau könnten sich 70 Prozent der Haushalte für das Angebot Glasfaser entscheiden, auf beide Bewerber entfallen aber nur jeweils 35 Prozent. Dann gingen – Stand heute – alle Bürger leer aus.

Von einer „Wahnsinnsverunsicherung“ unter den Bürgern hatte Bürgermeister Peter Wirtz Anfang Januar gegenüber der Rundschau gesprochen, als Anne Ganske Alarm-Mails verschickte, den Petitionsausschuss einschaltete und auch Aufklärung von der Stadt Königswinter verlangte.

Deren Stadtrat hat am 26. November 2018 einstimmig beschlossen, einen Kooperationsvertrag mit der Deutschen Glasfaser abzuschließen, die – ein gewisses Quorum vorausgesetzt – den Glasfaserausbau im Berggebiet übernehmen wolle. Ziel des Vertrags, durch den der Stadt keine Kosten entstünden, sei „eine zügige, abgestimmte und geordnete Abwicklung der erforderlichen (Bau-) Maßnahmen und des Verwaltungsverfahrens“, hieß es damals in der Sitzungsvorlage.

Geschlossen wurde der Vertrag nach Angaben der Stadt aber erst im April 2019, teilte sie auf Nachfrage mit und stellte in dem Zusammenhang auch klar, dass der Ausbau des Glasfasernetzes durch die Deutsche Glasfaser (DGF) oder auch jedes andere Unternehmen auch ohne Vertrag möglich gewesen wäre und weiter sei.

Erst im September seien die Pläne der DGF konkretisiert worden, daher sei auch erst dann die Königswinterer Firma Disquom informiert worden. „In diesem Gespräch wurde von der Firma Disquom die Stadt nicht über gleichartige Ausbaupläne informiert“, das sei erst geschehen, als man Kenntnis von einem Informationsschreiben des Königswinterer Unternehmens am 19. Dezember erhalten habe.

Dessen Geschäftsführer Daniel Gerlach hatte gegenüber der Rundschau kritisiert, dass er erst im November über den Kooperationsvertrag zwischen der Stadt und DGF informiert worden sei. Vorher habe es keinen Kontakt gegeben, so der Disquom-Chef, der betonte, dass sein Unternehmen der regionale Anbieter sei, in Königswinter Gewerbesteuer zahle und vor Ort Arbeitsplätze schaffe. Besonders verärgert ist er über Wirtz’ Bürgerbrief pro Glasfaser (siehe Kasten).

Unterdessen werben beide Unternehmen weiter um Kunden für ihr Glasfaserprojekt. „Lichtgeschwindigkeit für Königswinter“ hat die Deutsche Glasfaser eine aktuelle Pressemitteilung überschrieben und lädt in diesen Tagen zu Informationsabenden für verschiedene Ortsteile ein. „Gigabitschnelles Internet mit Glasfaser: Schließen Sie sich an!“, heißt es derweil auf der Homepage von Disquom.

www.deutsche-glasfaser.de

www.disquom.de