HerzversagenHaribo-Chef Hans Riegel beerdigt

Ein Foto des verstorbenen Haribo-Chefs Hans Riegel in der St. Nikolaus-Kirche in Bonn.
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Bonn – Das ist so ein typischer Hans Riegel post mortem: Bei der Beerdigung des Haribo-Unternehmers sickert durch, dass die Mitarbeiter des verstorbenen Süßwarenherstellers eine interne Mitteilung erhalten hätten. Es sei im Sinne des früheren Geschäftsführers, wenn die Produktion auf vollen Touren weiterlaufe. Trauern während der Arbeit sozusagen. Die vereinigte Mitarbeiterschaft mit in Bonn mehr als 1000 Angestellten ist also nicht vor Ort an diesem Tag.
Aber die Sankt-Nikolaus-Kirche in Kessenich wird auch so voll. Weggefährten, Bekannte, Verwandte kommen, um Hans Riegel das letzte Geleit zu geben. Am 15. Oktober war der langjährige Geschäftsführer nach eigentlich gut verlaufener Tumor-Operation mit 90 Jahren an Herzversagen während der Rehabilitation verstorben. „Plötzlich und unerwartet“, wie das Unternehmen mitteilte.
Das klingt glaubhaft erschrocken, wenn man die Reden während des Gottesdienstes hört. Der Militärpfarrer Gottfried Stohldreyer spricht als langjähriger Weggefährte: „Nach dem Sturm des Lebens herrscht für Dr. Hans Riegel jetzt die große Stille.“ Besuche in der Firma gehörten für ihn zur Tagesordnung, wenn er nicht gerade seinen Hobbys nachging wie der Jagd oder dem Hubschrauberfliegen.
Das Wort Patriarch fällt mehrere Male während der Messe. Kaum ein abgedrucktes Porträt in den Tagen nach seinem Tod, das diese Umschreibung aussparte. Deswegen versucht es der Pfarrer mit einer Umschreibung. „Er war Herr im Haus, aber nicht in einem bösen Sinne.“ Für ihn habe Mitarbeiterführung immer mit Verantwortungsbewusstsein für die Mitarbeiter zu tun gehabt.
Seine Rolle in der Öffentlichkeit hatte etwas Paradoxes. Das zeigt auch die Beerdigung. Die Pressefotografen stehen nach strikter Anweisung der Ordner am Eingang, um Fotos von Thomas Gottschalk und Hannelore Kramm, der Ehefrau Heinos, zu schießen. Aber Riegels Lebensgefährtin Anna-Maria Bischof gelangt abgeschirmt über den Nebeneingang ins Gotteshaus. Vor vier Jahren erst machte der Verstorbene die Beziehung öffentlich, da waren beide schon 23 Jahre zusammen. Ein Geburtstagsessen mit Auszubildenden wurde zwar öffentlichkeitswirksam angekündigt, aber es schien immer, dass die Medien mehr Interesse an Hans Riegel haben als umgekehrt.
Vor dem Auszug des Sarges, begleitet vom Rattener Dreigesang aus der Steiermark (Riegel hatte starken Bezug zu Österreich), zeichnet der Entertainer Thomas Gottschalk, ein Freund des Verstorbenen, vor der Trauergemeinde das Bild eines Mannes, der bis zuletzt etwas Kindliches in sich konservieren konnte.
Gottschalk zitiert aus dem Matthäus-Evangelium: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ Man, und damit meint Gottschalk auch sich selbst, habe mit Riegel über Kreuz liegen können, aber er habe immer für das aus seiner Sicht Richtige gekämpft. „Er hat die frohe Botschaft in Tüten abgefüllt“, sagt der Entertainer, der seit mehr als zwei Jahrzehnten das Gesicht dieser Botschaft ist
Die Bürger, die nicht mehr in die Kirche passen, verfolgen auf dem Vorplatz die Messe auf einer Leinwand. Hans Riegel mochte es bunt. Farbenfrohes Konfekt gehörte zur Marke. Aber die Trauer trägt eben Schwarz. Immerhin: In einem Shuttle-Bus, der die Trauernden zur Beisetzung am Südfriedhof bringt, ist an diesem trüben Regentag ein Haribo-Schirm aufgespannt.