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Haft, aber nicht lebenslänglichMann versucht, Frau zu überfahren und zu erschlagen

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Am Morgen des 8. April 2019 sicherten Polizisten nach dem Angriff auf die 33-Jährige Spuren am Fahrzeug des Täters, mit dem er seine Ex-Freundin attackiert hatte.

Bonn – Die Tyrannei lief schon seit Monaten: Stalken, Auflauern, Eindringen in ihre Wohnung und Drohen, immer wieder Drohen, auch mit dem Tod. Alle Gewaltschutzmaßnahmen halfen nicht, sie machten den 49-Jährigen noch wilder.

Als der Mann, im Irak geboren, erfuhr, dass seine Ex-Freundin und Mutter einer gemeinsamen Tochter eine neue Liebe hat, war er wie von Sinnen: „Wenn ich sie nicht haben kann, dann soll sie auch kein anderer besitzen“, charakterisierte ihn Richter Klaus Reinhoff. Die Nachricht schließlich, dass die 33-Jährige wieder schwanger war und sie den Vater des Kindes heiraten will, machte ihn fast zum Mörder.

Gericht spricht im Urteil von „planmäßiger Hinrichtung“

Am Morgen des 8. April 2019 wartete er mit seinem Auto in einer Seitenstraße, bis die Ex-Freundin das Haus verließ, um die gemeinsame Tochter in den Kindergarten zu bringen. Als sie um die Ecke bog, gab er Gas, fuhr mit 25 Stundenkilometern direkt auf sie zu. Vor den Augen ihres gemeinsamen Kindes landete sie auf der Motorhaube; da er weiter Gas gab, flog sie – zum Glück – seitlich runter. Aber da sie noch lebte, nahm er zwei faustgroße Steine, schlug auf ihren Kopf ein, bis er glaubte, sie sei tot. Dann verschwand er vom Tatort.

„Was damals geschehen ist, war eine planmäßige Hinrichtung ohne jedes Gefühl, unter dem Deckmantel der Liebe, schlimmer geht es kaum,“ hieß es gestern im Urteil des Bonner Schwurgerichts. Wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung wurde der 49-Jährige zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Noch nie erlebt, dass ein Schädel solchen Schlägen standhielt

Dabei hat die Kammer gleich zwei Mordmerkmale angenommen: Heimtücke und niedere Beweggründe. Eine lebenslange Haftstrafe, wie von der Staatsanwältin beantragt, hielt die Kammer letztlich doch nicht für verantwortbar, auch wenn das Leben der 33-Jährigen nur noch am seidenen Faden gehangen habe und ihr Tod sehr nahe war: „Wenn man die Fotos vom Tatort sieht,“ so der Kammervorsitzende Klaus Reinhoff, „glaubt man eine Tote zu sehen.“

Die 33-Jährige hat die grausame Attacke überlebt. Eine Rechtsmedizinerin hatte im Prozess erklärt, sie habe noch nie erlebt, dass „ein Schädel solchen Schlägen standgehalten“ habe und dabei nicht zertrümmert wurde. Diagnostiziert wurden eine Hirn-Balkenläsion (eine Durchtrennung der beiden Hirnhälften) sowie Hirnblutungen; wochenlang lag das Opfer im Koma. Bis heute ist die Frau in der Klinik.

Opfer erkannte Tochter nach Wochen wieder

Es gehe ihr besser, hieß es gestern im Urteil, immerhin habe sie ihre kleine Tochter nach Wochen wiedererkannt. Als Zeugin konnte sie nicht im Prozess erscheinen, auch verzichtete das Gericht auf Anraten der Ärzte, die hochschwangere Frau am Krankenbett zu vernehmen, um die Schwangerschaft nicht zu gefährden.

Der Angeklagte hatte die Tat eingeräumt. Er sei mit der Trennung im Jahr 2017 nicht zurechtgekommen. Als er erfahren habe, dass die Ex-Freundin erneut schwanger ist und den Vater des Kindes heiraten will, sei er durchgedreht. Der Mann beteuerte, dass er sie nicht habe töten wollen, sondern nur „etwas“ verletzen. „Er hat sich als Herr über Leben und Tod aufgespielt“, hieß es im Urteil. Er habe eine Frau, die er angeblich liebt, zur „Leibeigenen“ machen wollen, und habe ihr das Recht zu leben abgesprochen. „Nur weil er verlassen wurde.“