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Forstamtsleiter Uwe Schölmerich„Ich liebe es, den Wald zu lesen“

Lesezeit 6 Minuten

Über 33 Jahre leitete Uwe Schölmerich das heutige Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft.

  1. Fast 40 Jahre war Uwe Schölmerich im Dienst von Wald und Holz. Am 1. April 1987 übernahm er als Forstamtsleiter den heutigen Regionalbezirk Rhein-Sieg-Erft. Nun geht er im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand.
  2. Über seine Arbeit sprach mit ihm Rundschau-Mitarbeiterin Margret Klose.

Herr Schölmerich, warum wollten Sie Förster werden?

Schölmerich: Mein Onkel Hubert Koch war Förster in Winterberg und hat mich oft in den Ferien mit in den Wald genommen. Und von Anfang an hat mich der Wald mit seiner Atmosphäre, die Vegetation und vor allem die Vielfalt der Förster-Aufgaben begeistert.

Was wollten Sie als junger Förster im Wald verändern?

Natürlich wollte auch ich den Wald vor dem Waldsterben retten. Das ist ja schon seit 1982 ein großes Thema.

Ist Ihnen das zurückblickend auch ein bisschen gelungen?

So schlimm, wie man damals befürchtete, kam es ja erstmal nicht, weil der saure Regen durch die Entschwefelung der Kraftwerke weniger sauer wurde. Waldbaulich haben wir dann schon die richtigen Weichenstellungen gemacht, aber sowas dauert halt sehr lange und die Klimaveränderung wurde unterschätzt – oder man wollte sie nicht wahrhaben.

Was war und ist für Sie bis heute das Schönste an Ihrer Arbeit?

Ich liebe es, den Wald zu lesen, ihm Geschichten zu entlocken, wie er entstanden ist, wie mit ihm umgegangen wird und wie seine Zukunft aussieht.

Können Sie einige Beispiele nennen?

Jeder Wald vermittelt mir neue Eindrücke. Im alten Wald sehe ich dicke Eichen mit sehr großen, tief angesetzten Kronen. Das sind Waldflächen, die vor 150 Jahren als Mittelwald bewirtschaftet wurden. Im Rekultivierungswald kann man gut erkennen, ob der Wald oft genug durchforstet wurde und die Bäume genug Platz zum Wachsen hatten. Denn nur dann konnten sich die Mischwälder entwickeln und die Bäume dick und stabil wachsen. Solche Wälder haben bessere Chancen in der Zukunft als die Wälder, in denen die Bäume viel zu dicht stehen und deswegen kleine Kronen haben. Man kann einem Wald ganz genau ansehen, ob er gut gepflegt wurde.

Was zeichnet den Regionalbezirk Rhein-Sieg-Erft aus?

Die Vielfalt. Unser Forstbezirk hat sehr viel zu bieten, angefangen von den Höhenlagen im Bergischen Land über die Tieflagenwälder des Kottenforsts und des Königsforsts bis hin zu den ausgedehnten Rekultivierungswäldern in den ehemaligen Braunkohlerevieren. Besonders ist aber auch die Zahl der potenziellen Waldbesucher. Im gesamten Bezirk leben 2,4 Millionen Menschen. Viele von ihnen nutzen und brauchen den Wald zur Erholung.

Zur Person

Uwe Schölmerich ist verheiratet, Vater von zwei Töchtern und inzwischen Großvater eines Enkelsohnes. Geboren ist er in Marburg an der Lahn.

Nach dem Abitur studierte er in Freiburg Forstwissenschaft und kam nach dem Staatsexamen 1982 ins Rheinland nach Brühl, wo er zunächst als Gutachter für Grundwasserabsenkungsschäden im rheinischen Braunkohlenrevier arbeitete. Es folgten verschiedenen Stationen in Düsseldorf, als Forstamtsdezernent im Forstamt Ville, schließlich als Referent für Waldbewertung und Betriebswirtschaft an der Höheren Forstbehörde in Bonn.

Am 1. April 1987 wurde Schölmerich Chef des Forstamtes Ville, das im heutigen Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft aufging. Dort war er zuständig für 130 Mitarbeiter und 62 000 Hektar Wald, davon 23 000 Hektar Staatswald. (mkl)

Welche bis heute sichtbaren Veränderungen haben Sie im Regionalforstbezirk mit auf den Weg gebracht?

Da wären zunächst einmal die vielen Fichtenwälder, die wir zu Mischwäldern umgebaut haben. Damit sind wir auch aktuell noch beschäftigt. Zudem wurden insbesondere im Rekultivierungsgebiet etliche Pappelwälder in Laub- und Nadelmischwälder verwandelt. Diese Mischwälder konnten nur durch die regelmäßigen Durchforstungen entstehen und langfristig stabilisiert werden.

Was genau waren Ihre Aufgaben als Leiter des Regionalforstamtes?

Nach der zweiten Reform 2008, bei der auch das Regionalforstamt gegründet wurde, hat sich vieles gewandelt. Seitdem bin ich vorwiegend für Personalangelegenheiten, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Beschwerdemanagement, Repräsentation und Öffentlichkeitsarbeit ebenso wie für waldbauliche Grundsätze und Sonderfälle zuständig.

Das klingt nach sehr viel Schreibtischarbeit.

Ja. Die allgemeine Bürokratisierung wird ja in vielen Bereichen kritisiert. Wenn schon beim Revierförster der Schreibtisch mehr Zeit erfordert als die Arbeit im Wald, dann stimmt da was nicht am System. Kritisch finde ich auch, dass unser Waldmanagement zunehmend von einzelnen Gruppierungen in Frage gestellt wird, weil sie eben nur einen einzigen Aspekt des Waldes sehen. Dabei dient die integrierte Waldwirtschaft allen Funktionen, das geht nur mit Kompromissen.

Sie erwähnten, dass Sie auch für waldbauliche Grundsätze zuständig sind. Was genau ist das?

Sie regeln, wie etwa eine Durchforstung organisiert wird. Dabei gilt es unter anderem, seltenere Baumarten zu schonen oder zum Beispiel Biotopbäume zu fördern. Bei der Aufforstung ist darüber hinaus darauf zu achten, dass die neu zu pflanzenden Bäume in die Umgebung und zu ihren Baumnachbarn passen.

Stimmen zum Abschied

Hubert Kaiser, Landesforstchef im NRW-Umweltministerium, sagte gestern: „Der Einsatz von Uwe Schölmerich ging über das ,schlichte’ Leiten eines Forstamtes weit hinaus. Er brachte sich immer wieder in grundlegende Entwicklungen wie den Organisationsreformen 1995 und 2007 oder zum Beispiel dem Waldbaukonzept NRW kritisch-konstruktiv im Interesse des Waldes, der naturgemäßen Waldwirtschaft und der Landesforstverwaltung ein.“

Andreas Wiebe, Leiter von Wald und Holz NRW: „Der vertrauensvolle Kontakt mit jedem seiner über 100 Mitarbeitenden war Uwe Schölmerich immer eine Herzensangelegenheit. Das Motto ,forestry is not about trees, it’s about people’ war trotz beeindruckendem Wissens- und Erfahrungsschatz stets in seiner Arbeit erkennbar. Und so war es ihm auch stets eine Selbstverständlichkeit, Menschen und Medien anschaulich über den Wald, seine Wirkungen und das respektvolle Verhalten im Wald zu informieren.“

Als kommissarischer Nachfolger übernimmt Stephan Schütte die Dienstgeschäfte. Er ist seit 2017 Stellvertreter in die Leitung des Forstamtes eingebunden und leitet seit 1995 das Fachgebiet Landeseigener Forstbetrieb im Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft.

Worüber beschweren sich die Waldbesucher so bei Ihnen?

Die meisten Waldbesucher beschweren sich über die Fahrradfahrer, die mitunter zu schnell im Wald unterwegs sind. Aber auch über Autofahrer im Wald, über Lärm durch Waldarbeiten und Schlamm auf den Wegen gehen regelmäßig Beschwerden ein.

Und umgekehrt, was ärgert die Förster am meisten an den Waldbesuchern?

Das ist unter anderem das Unverständnis der Bevölkerung für die winterliche Waldpflege und Durchforstung. Je nach Wetterlage sind dabei schlammige Wege einfach nicht zu vermeiden. Ich würde mir aber auch ein bisschen mehr Rücksichtnahme gegenüber unseren Mitarbeitern wünschen. Es ist teils erschreckend, welche unverschämten Äußerungen manche Waldbesucher aussprechen, wenn man sie auf ihr falsches Verhalten anspricht. Ich würde meinen Kollegen da mehr Unterstützung und Konsens in der Politik und Akzeptanz in der Gesellschaft wünschen.

Was hätten Sie noch gerne geändert, beziehungsweise auf den Weg gebracht?

In den Erholungsschwerpunkten brauchen wir Ranger als dauerhafte Ansprechpartner für die Waldbesucher genau wie im Nationalpark. Damit könnten wir viele Konflikte entschärfen und das Wissen um Wald und Natur erheblich verbessern.

Welches Ereignis war in den fast 40 Jahren das für Sie Schlimmste?

Das sind in erster Linie die großen Dürrejahre seit 2018. Immer noch hat sich der Wald von den heißen und trockenen Sommern der vergangenen drei Jahre nicht erholt. Immer noch fehlt auch unserem Wald bis in die tieferen Erdbereiche Wasser.

Was wünschen Sie dem Wald?

Zuallererst das Einhalten des 1,5-Grad-Szenarios des Klimawandels.

Und was wünschen Sie Ihrem Forstamt?

Ich wünsche mir ein lebendiges, produktives und erfolgreiches Forstamt Rhein-Sieg-Erft mit weiterhin waldbegeisterten Mitarbeitenden.

Bleiben Sie dem Wald in Zukunft weiter verbunden?

Natürlich. Als Spaziergänger, Radfahrer, Reiter und auch als Jäger werde ich den Wald weiter genießen. Auch mit meinem Fotoapparat werde ich sicherlich öfter im Wald unterwegs sein.