Die Beethovenhalle ist seit acht Jahren geschlossen. Die Kosten der Sanierung haben sich annähernd verdreifacht und die Bonner Oper wird der nächste Sanierungsfall.
Oper, Beethovenhalle und Co.Die Bonner Kulturstätten bleiben ein Sanierungsfall
Fragt man Dirk Kaftan, den Bonner Generalmusikdirektor, nach der Beethovenhalle, zuckt er mit den Schultern: „Ich habe da noch nie gespielt“. Dabei ist die Halle Heimstatt seines Orchesters, des Beethoven Orchesters Bonn, das Kaftan seit dem Sommer 2017 leitet. Als er das Amt übernahm, war das Gebäude bereits seit fast einem Jahr geschlossen, es sollte saniert werden für die Jubiläumsfeiern zum 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven 2020.
Doch gefeiert wurde woanders, während in der Mehrzweckhalle am Rheinufer Bauarbeiter den Ton angaben. Statt Beethovens opus 124 „Die Weihe des Hauses“ erklangen Hammerschläge und Schleifgeräusche. Gebaut wird in der Beethovenhalle noch immer, und selbst die Hoffnung, dass sie wenigstens 2024, im 200. Jahr der Uraufführung der 9. Sinfonie, wiedereröffnet werden kann, hat sich nicht erfüllt. Bonn, die Geburtsstadt des Schöpfers dieses genialen Werks, muss sich damit abfinden, dass die „Ode an die Freude“ am 7. Mai, dem Jahrestag der Erstaufführung, in Wuppertal zu hören ist.
Von Anfang an passierten Fehler
Bei der Sanierung der Beethovenhalle wollte die Stadt alles besser machen als beim Kongresszentrum WCCB, bei dem sie einem windigen Investor aufsaß und Millionen zahlen musste. Doch von Anfang an passierten Fehler, weder wurden die Bausubstanz noch der Baugrund des 1959 eingeweihten Gebäudes ausreichend untersucht: Es war auf den Ruinen der 1944 durch einen Bombenangriff zerstörten Uni-Frauenklinik errichtet worden.
Teure Umplanungen waren notwendig, es gab Zeitverzögerungen und Änderungswünsche, so dass die auf 61,5 Millionen Euro veranschlagten Baukosten sich in 100 000er-Schritten auf jetzt 221 Millionen Euro erhöhten. Hinzu kamen Animositäten auf der Baustelle. Bei Besprechungen mit dem Architekten und Bauleitern vom Büro NSA (Madrid/Berlin) saß auf der städtischen Seite des Tisches oft ein Rechtsanwalt neben den Baufachleuten dabei – man misstraute einander. Im Sommer 2022 warf NSA die Brocken hin und legte die Arbeit nieder, wochenlang passierte nichts hinter dem Bauzaun an der Wachsbleiche.
Dann handelte Oberbürgermeisterin Katja Dörner wie im Western: Wenn's in Dodge City kracht, wird Wyatt Earp geholt. Der Marshall der Stadt heißt Steffen Göbel, ist 60 Jahre alt und Bauingenieur in der Unternehmensgruppe Berliner Häuser. Er hat Erfahrungen mit schwierigen Baustellen: Von 2015 bis 2020 war er Gesamtprojektleiter bei der Fertigstellung des Flughafens Berlin-Brandenburg. Göbel gelang es mit seinem dreiköpfigen Team, NSA Ende 2022 zurückzuholen – und zwar mit einer Honorarerhöhung von angeblich über 10 Millionen Euro.
Elektroarbeiten sind auf der Zielgeraden
Das ging gut bis Ende Februar 2024, als NSA in einer Mail an die OB klagte, es seien Mehrleistungen entstanden, die durch die bisherige Vergütung nicht gedeckt seien. Jetzt reichte es der Stadt. Sie handelte mit dem Architekturbüro am 6. März einen Aufhebungsvertrag aus und beauftragte tags darauf die bisher als Subunternehmer für NSA tätige LeitWerk Rhein Ruhr GmbH mit der Bauleitung. Ungeachtet dieses Hickhacks brummt es auf der Baustelle. 150 Leute arbeiten nach Angaben der Stadtverwaltung täglich in der Konzerthalle, verlegen Lüftungsrohre oder schließen die markante Holzverkleidung im großen Saal; die Elektroarbeiten sind auf der Zielgeraden, berichtet Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann auf Anfrage der Rundschau. Im Dezember 2024 soll die letzte Schraube gedreht werden, dann wird die Halle eingespielt. Die Eröffnung ist für das kommende Jahr geplant – Dirk Kaftan dürfte dabei sein.
200 Millionen Euro für Sanierung der Bonner Oper
Das Opernhaus ist der nächste Sanierungsfall unter den Kulturbauten der Bundesstadt: Seit mehr als einem Jahrzehnt wird diskutiert, ob das 1965 eingeweihte Haus am Boeselagerhof instandgesetzt oder neu gebaut wird, doch entschieden ist nichts. Der Stadtrat hatte zwar am 9. Dezember 2021 beschlossen, den Neubau des Opernhauses auf dem Parkplatz der Beethovenhalle zu prüfen, um dort eventuell eine Art Musik-Campus zu schaffen, doch dieser Beschluss wurde am 9. November 2023 wieder aufgehoben. Grund: Das Freigelände der Beethovenhalle steht unter Denkmalschutz, deshalb darf dort nichts verändert werden.
Der Kulturausschuss hat immerhin seit Anfang März eine Raumbedarfsplanung für die Theaterliegenschaft vorliegen. Danach sollte die Nutzfläche von jetzt rund 11 000 Quadratmetern um 1300 Quadratmeter größer werden, unter anderem um Solisten Zimmer bieten zu können, in denen sie sich vor einer Aufführung einsingen können. Zurzeit werden Voruntersuchungen des Gebäudebestandes vorbereitet; sie sollen dann in eine Machbarkeitsstudie einfließen, die Auskunft geben soll, wie es weitergehen könnte. Die Kosten einer Sanierung werden auf 200 Millionen Euro geschätzt.
Der Vorsitzende des über 1000 Mitglieder starken Kulturvereins „Bürger für Beethoven“, Stephan Eisel, geht von der doppelten Summe aus und plädiert für einen Neubau. Opernbesucher werden also weiterhin mit Provisorien leben müssen, mit Netzen an der Fassade zum Schutz vor herabfallenden Steinen etwa oder mit blanken Betonstufen, die zu den Toiletten führen. Ein barmender Kommunalpolitiker hatte deshalb im Kulturausschuss beantragt, im Nebentreppenhaus wieder Teppich zu verlegen. Die Antwort der Verwaltung: zu teuer. Der Belag müsse nämlich aus nichtbrennbarem Material sein, und das wiederum sei zu dick, so dass sich die Saaltüren nicht mehr schließen ließen und die Akustik beeinträchtigt werde. Alles in allem koste ein neuer flauschiger Boden eine sechsstellige Summe. Der Antrag wurde zurückgezogen.