Der Frost setzt der Landwirtschaft zu: Den Erdbeerhof Hensen in Swisttal hat die Kälte 80 Prozent der Freilandblüten gekostet. In Alfter fiel wegen eines Brandes eine Beregnungsanlage aus, die Äpfel schützen soll.
Frost beeinträchtigt ObstbauernFreilandblüte am Erdbeerhof in Swisttal verhagelt
So sehr die Landwirte zwischen Meckenheim und Bornheim Frost gewohnt sind: Der Temperatursturz der vergangenen Tage hat den ein oder anderen trotz aller Erfahrung einen Großteil der Ernte gekostet. Beim Erdbeerhof Hensen in Swisttal hat das Aprilwetter 80 Prozent der Freilandblüten verhagelt, Bio-Bauer Michael Rönn aus Meckenheim fehlte eine Beregnungsanlage für seine Birnen und die Sauerkirschen. In Alfter hatte der Brand eines Stromkabels fast verheerende Folgen.
Doch nicht jeden hat es eiskalt erwischt. „Die Eisschicht ist hauchdünn. Das reicht völlig aus, um die Blüte gegen den Frost zu schützen“, sagt Roland Schmitz-Hübsch. Der Obstbauer aus Bornheim-Merten bewirtschaftet eine der größten Apfel- und Birnenplantagen im Rhein-Sieg-Kreis. Die tiefen Nachttemperaturen rauben ihm allerdings schon lange nicht mehr den Schlaf. Denn das Beregnungssystem funktioniert. Fast alle seiner 100.000 Obstbäume werden in den kalten und frostigen Nächten während der Blütezeit beregnet. „Das Wasser gefriert auf den Blüten. Dabei entsteht Wärme und diese Wärme schützt die Blüten vor dem Erfrieren“, erklärt er. „Das ist das Gesetz der Physik.“
Das Wasser für die Beregnungsanlage sei vorrangig Regenwasser. „Das sammeln wir hier“, sagt er und zeigt den künstlich angelegten See hinter der Verarbeitungshalle an seinem Hof. Er ist hoch eingezäunt. „Das Becken war Anfang der Woche noch mit 10.000 Litern Wasser gefüllt“, erklärt er. Jetzt, nach zwei kalten Nächten, sei es fast leer.
„Aber jetzt sind die Frostnächte ja auch erst einmal vorbei“, erklärt Schmitz-Hübsch. Gut erinnert er sich noch an die Frostperioden, in denen sein Großvater und später auch noch sein Vater kleine Feuerstellen in kurzen Abständen in den Plantagen aufgebaut und in den Nächten entzündet hätten, um so die Luft um die Obstbäume herum anzuwärmen.
Gefährlich für die jungen Früchte könnten auch noch die Eisheiligen im Mai werden, also die Zeit der Namenstage von Mamertus bis Sophia, in der es häufig noch Frost gibt. „Die Früchte sind sogar frostempfindlicher als die Blüten“, erklärt Schmitz-Hübsch. Durch Frosteinwirkungen könnten rissige und schiefe Früchte wachsen. Nicht jedoch in seinen Anlagen. Per Knopfdruck schaltet der Landwirt auch dann wieder seine Beregnungsmaschine an, oder er öffnet manuell die Wasserleitungen im Boden. Das Gesetz der Physik funktioniere schließlich auch bei den jungen Früchten.
Kabelbrand stoppte Plantagenberegnung in Alfter
Ausgerechnet in der kältesten Aprilnacht hatte in Witterschlick ein Kabelbrand für einen Stromausfall gesorgt, der teils bis gegen 21 Uhr andauerte. Auch in Alfter wurde es stockfinster. „Uns wurde ganz anders“, erinnern sich Andreas und sein Sohn Benedikt Mager vom Naturhof Wolfsberg. Gerade hatten sie das Pumpensystem für die Beregnungsanlage ihrer großen Apfel- und Birnenplantage von Diesel auf Strom umgestellt und dann das.
„Der gesamte Ernteertrag für dieses Jahr stand auf dem Spiel“, berichtet Andreas Mager. Er wollte den Gedanken gar nicht zu Ende denken. Derweil sanken die Temperaturen immer tiefer. Dann, gegen 23 Uhr flackerte in ihrem Haus das Licht wieder auf; der Strom war wieder da. Wenig später sprang das Beregnungssystem an. Die Ernte war gerettet. „So einen Nervenkitzel brauchen wir wirklich nicht noch einmal“, sagen Vater und Sohn übereinstimmend.
Erdbeeren standen schon in voller Blüte
Gut 80 Prozent der frühen Freilanderdbeeren sind auf dem Erdbeerhof Hansen in Swisttal dem Frost zum Opfer gefallen. „Durch die warmen März- und Apriltage standen die frühen Freilanderdbeeren ja schon in voller Blüte“, berichtet Mitinhaberin Irmgard Hensen. Diese Blüten seien sehr empfindlich. „In den vergangenen Frostnächten sind jetzt auch noch die Blüten zerstört worden, die bei dem stürmischen Wetter der vergangenen Tage nicht durch Graupel-Schauern kaputt gepeitscht wurden“, berichtet sie.
Frost in der Nacht ist freilich nichts Neues. „Aber diese Extremwetterlagen mit langen Hitze-, Trocken- und Regenphasen, auch einhergehend mit extremen Schwankungen von Hitze und Kälte binnen weniger Tage - das ist neu“, berichtet sie. Immer mehr glaubt sie deswegen, dass der geschützte Anbau die Zukunft ist. Dort hat bei ihnen jetzt die Ernte begonnen. Wenn alles nach Plan läuft, kann ab Mitte Mai auch die Erdbeerernte in den Stellagen beginnen. Und ab Juni stehe, wenn alles gut geht, auch im Freiland die Erdbeerernte an. „Die späten Freilanderdbeeren sind ja von den Nachtfrösten bisher auch deswegen nicht betroffen, weil sie noch keine Blüten gebildet haben“, erklärt sie.
Meckenheimer Birnen und Sauerkirschen hatten keinen Schutz
Große Ausfälle aufgrund des Nachtfrostes und den vorausgegangenen Hagel- und Graupelschauern in den vergangenen Tagen befürchtet Obstbauer Michael Rönn, der Inhaber des Bio-Obsthofs Rönn in Meckenheim-Ersdorf. Unweit der Tomburg hat er etwa 28 Hektar im Anbau – Apfel, Birnen und Sauerkirchen. Eine Beregnungsanlage ist zwar im Bau, doch noch nicht fertig. Schutzlos waren seine Obstbäume den Nachtfrösten ausgesetzt. Aktuell geht er bei seinen Birnen von einem Komplettausfall aus, gleiches vermutet er bei den Sauerkirchen, und bei den Äpfeln zeichne sich ein Ausfall von 60 bis 70 Prozent ab.
„Dabei hätte die Beregnungsanlage längst fertig sein sollen“, erklärt er. Weil das Grundwasser in der Region bei etwa 100 Metern liege, hätten sich die Landwirte zusammengetan, um mit dem Wasser- und Bodenverband zwei Regenauffangbecken mit einem Fassungsvermögen von jeweils 25.000 Kubik zu bauen. „Aus diesen Becken sollen die Mitglieder künftig ihre Anbauflächen bewässern, und ich hoffe im nächsten Jahr auch meine Beregnungsanlage damit betreiben zu können“, sagt Rönn. Längst zeichne sich ja ganz real ab, was Klimaforscher bereits seit Jahren sagen: „Die Winter werden immer milder, der März dann schon richtig warm, was die Pflanzen in die Blüte treibe, und der April bleibt wie er immer war, einfach unberechenbar“, erklärt Rönn.