Herzerwärmende Geschichten hat Birgit Haas in den nun mehr als zehn Jahren schon erlebt, in der sie mit Anna Kühl Maiherzen herstellt. Die Aktion ist mit dem Maibaumverkauf der Forstbetriebsgemeinschaft verknüpft.
MaibrauchtumIn der Herzenswerkstatt in Bornheim herrscht Hochbetrieb
Auf dem Gartentisch von Birgit Haas stapelt sich der Kölner Dom. Wie der Geißbock, das Maskottchen des 1. FC Köln, ist die Kathedrale eines der beliebtesten Symbole, die Haas als Motiv für die nicht immer roten Herzen als Maibaumdekoration anfertigt. Gerade ist eine neue Bestellung eingegangen: „Aber bitte ohne Ziege und ohne Schloss“, da waren die beiden Symbole wohl unbekannt oder unbeliebt.
Haas hatte jedenfalls Spaß an der Nachricht, wie so oft in den schon mehr als zehn Jahren, in denen sie mit Anne Kuhl schon Herzen ausschneidet, einfärbt und Buchstaben sowie Symbole aus Styropor formt. Die Ehemänner der beiden Frauen sind die maßgeblichen Akteure der Forstbetriebsgemeinschaft für die jährliche Maibaumaktion.
Rund 600 Birken dürften am 30. April aus dem Wald geholt und als Maibaum ausgehändigt werden und sicher auch 100 Herzen. Die Rundschau hat in die Herzenswerkstatt hineingeschaut, während Birgit Haas von herzerwärmenden Begegnungen berichtete.
Am Anfang ist jedes Herz eine schnöde Platte aus Styropor. Weiß und langweilig von drei Zentimetern Stärke. Bei Blömer in Bonn hat Haas Schaufensterdekorateurin gelernt. Aus dieser Zeit stammt auch noch ihr selbstgebauter Schneidetisch mit Trafo, aushängbarem Heizdraht und einem großen Bügel, um größere Objekte formen zu können. Der Vorrat an ausgeschnittenen und eingefärbten Herzen ist schon so groß, dass es jetzt wieder an die Produktion von Buchstaben und Emblemen für die Beschriftung der weithin sichtbaren Liebesbekundungen geht.
„Das ist eigentlich eine Arbeit für das ganze Jahr. Nach der Sommerpause sitzen wir schon wieder da und schneiden mit unseren Schablonen Buchstaben aus, sobald wir Lust dazu haben“, berichtet Haas. Die Schneidemaschine räumt sie nie weit weg. Ganz häufig seien die Buchstaben A und J gefragt. Vom A haben wir nie genug: „Da müssen wir immer noch schnell welche nachproduzieren. Noch eine Tüte mehr und noch eine ...“
50 Mal 50 Zentimeter sind die Herzen in der Regel groß, aus Polystyrol und kosten 15 Euro. Wem das nicht natürlich genug ist, kann in gleicher Optik ein nur wenig kleineres Herz aus Holz haben, aus MDF, also „mitteldichter Holzfaser“. Kunstblumen sind im Dekorepertoire, zum Beispiel eine Bordüre aus 16 großen und mehreren kleinen Rosen.
Vor allem die Texte haben es oft in sich. „Am Anfang waren es schlicht die Vornamen, dann Kosenamen, bald kamen Sprüche auf Kölsch hinzu.“ Die beliebteste Aufschrift ist „Kölsch Mädche“, wobei das ö aus einem Dom besteht und die Ä-Pünkelchen aus Herzen. Auch gern genommen: „Isch han disch jän“ oder „eff zeh“ mit Geißbock.
In diesem Jahr wurde ein Schild bestellt, auf dem „Bald Ehemann Love“ steht und zwei Herzen zu sehen sind. „Das sieht schwer nach Heiratsantrag aus“, findet Haas und weist bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass wegen des Schaltjahrs die Frauen an der Reihe sind, ihren Männern ein Herz zu stellen.
Bornheim: Herzen sind ein Dauerbrenner
Und es sind nicht immer Liebende, die ein Herz bestellen, das sei heute eine Sache für alle Freunde untereinander „von drei bis 80 Jahren“. Haas erinnert sich gut, dass sie einmal „Luise - Deine Joes“ auf ein Herz geschrieben hat. „Das war von drei Enkeln für ihre Oma, der sie einen Maibaum gestellt haben.“ Es macht so viel Spaß, vor allem weil das Brauchtum so erhalten bleibt.
Eines Tages sei ein Mann aus Rösberg zu ihnen in den Wald gefahren gekommen und habe nach einem Baum für die Silberhochzeit gefragt, weil er seiner Frau noch nie einen Maibaum habe setzen können. Kurz darauf sei eine Frau gekommen, die auch etwas zur Silberhochzeit plante: ein Herz mit der Aufschrift „Lieblingsmensch“. „Wir haben ihr natürlich nicht verraten, was ihr Mann plante, aber Herzen mit diesem Text haben wir danach noch ganz viele verkauft.“
Haas lacht allein beim Gedanken an all die Jungs, die mit tiefergelegtem Auto, weißer Jeans und Espandrilles zum Maibaumholen gekommen seien. „In einem Jahr hat es so geschüttet, dass wir Gummistiefel für einen Euro verliehen haben. Jeder muss sich seinen Baum ja selbst aussuchen und abtransportieren.“ Gefällt wird von einem geübten Team der Forstbetriebsgemeinschaft.
Der Abtransport hat auch schon die abenteuerlichsten Geschichten hervorgebracht. Sie zeigt ein Foto von einem Mann mit Klapprad und einem acht Meter langen Baum über Lenker und Sattel. Eine Birke ist bei dieser Länge ja nicht besonders dick oder schwer. So sind schon Bäume mit dem Bootsanhänger abtransportiert oder zu Fuß von Bornheim nach Bonn getragen worden. „Wir haben auch mal berichtet bekommen, wie ein Baum mit der Linie 18 weggefahren wurde.“
Kindergärten haben das Maibrauchtum auch schon lange für sich entdeckt. „Da waren mal zehn Zwerge aus dem Kindergarten bei uns und haben ihren Baum selbst getragen, und als sie ihre Quittung bekamen, sagten sie: Wir kriegen auch noch ein Herz.“
Dann gab es den Vater mit seinem zehn Jahre alten Sohn, der einen Baum und vor allem ein großes Herz haben wollte für Felicitas. Als ich danach gefragt habe, wie die sich schreibt, hat er überlegt und sicherheitshalber ein F mit vielen Herzen darum genommen.
Schmunzelnd berichtet Haas eine Begebenheit aus den Anfangstagen: „Da kamen drei ältere Männer und waren offensichtlich bestens vorbereitet: Gummistiefel, Latzhose, Säge in der Hand. Jeder bekommt anschließend noch eine Quittung, und da wird der Name eingetragen. Ich habe also nach dem Namen gefragt und bekam zur Antwort: ‚Maiglöckchen‘.“ Wie sich herausstellte, hieß so der Kegelklub, der in der Mainacht jedes Jahr den Maikönig ermittelte und für den einen Baum brauchte.
„Beste Mama“, „Bester Papa“ sind schon Standard, und vor allem findet Haas es schön, dass die Mainacht nicht mehr das Besäufnis von früher ist. „Das gibt es so gar nicht mehr, die Gruppen erleben einfach sehr schöne Stunden beim Maibaumstellen.“
Aber hat die Herzensmacherin selbst mal einen Maibaum bekommen? „Wir hatten eine ukrainische Familie bei uns zu Gast, die lebte ein dreiviertel Jahr hier und fand den Brauch so toll, dass wir zum Mai plötzlich einen Baum im Garten stehen hatten, mit einem Herz, auf dem unsere Namen standen: Jochen, Birgit und Didi. Didi ist unser Hund.“ Das war eine willkommene Überraschung. Und die Begeisterung der Gäste für das Maibrauchtum hält an. Das ukrainische Paar mit einem Mädchen von acht und einem Jungen von elf Jahren hält an dem Brauchtum fest. Das Mädchen hat gerade ein Herz für ihre Klasse 3c an der Grundschule in Hersel bestellt.
Maiherzen für 15 oder 18 Euro können mit Wunschtext und Emblem bei der Familie Haas bestellt werden: 0178 1676493 oder per Mail an GF@fbg-bornheim.de