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Lichterfahrt von Landwirten aus dem VorgebirgeIn Walberberg ist der Funke noch nicht erloschen

Lesezeit 3 Minuten
Mit Idealismus und Kreativität schmückten die Teilnehmer am Lichterzuges ihre Traktoren

Mit Idealismus und Kreativität schmückten die Teilnehmer am Lichterzuges ihre Traktoren.

20 weihnachtlich geschmückte Traktoren schlängelten sich durch die Straßen von Walberberg. Hunderte klatschten am Wegesrand Beifall.

Der zuständige Bezirksbeamte für Bornheim-Walberberg, Matthias Hartmann, hatte sogar extra seinen Urlaub um einen Tag verschoben, damit er das Ereignis begleiten und die Teilnehmer absichern konnte. „Die Lichterfahrt ist einfach eine schöne Sache“, erklärte er. Da stecke so viel Arbeit drin. Mit blinkendem Blaulicht fuhr Hartmann mit seinem Einsatzfahrzeug am Samstagabend bei Einbruch der Dunkelheit dem bunt leuchtenden kleinen Traktorenkorso voraus, der sich durch die Straßen von Walberberg schlängelte.

Hunderte Dorfbewohner säumten die Straßen und klatschten Beifall, als die imposant geschmückte Parade vorbeirollte. Manche Zuschauer hatten sich sogar selbst mit glitzernden Lichterketten verziert, um so ihre Freude und ihre Begeisterung zum Ausdruck zu bringen. Mit viel Liebe zum Detail waren die Traktoren geschmückt worden. Jedes einzelne der insgesamt 20 Fahrzeuge auf der Strecke schien ein Kunstwerk für sich, dessen Strahlkraft sich in der Gemeinschaft noch verstärkte.

Angeregt und organisiert wurde die Lichterfahrt von Hobbylandwirt Albert Kuhl (57). In einer Whatsapp-Gruppe hatte er rechtzeitig nachgefragt. Die Resonanz ließ nicht lange auf sich warten. Teilnehmer meldeten sich aus dem ganzen Vorgebirge. Albert Kuhl betonte, es sei weiterhin ein sehr großes Anliegen, Werbung für die regionale und lokale Landwirtschaft zu machen. „Und natürlich wollen wir die Kinder belustigen“, ergänzte Herbert Vendel aus Kardorf.

Kuhl hatte zwei geschmückte Tannenbäume auf seinen Minitraktor montiert. Auf anderen Schleppern standen Weihnachts- und Schneemänner. Auch leuchtende Rentiere waren zu sehen und Traktoren, die umhüllt von bunten Lichterketten in allen nur erdenklichen Farben blinkten. Viele Teilnehmer hatten mehrere Stunden damit verbracht, ihren Schlepper zu schmücken. Rentner Matthias Hartmann hatte dabei nicht nur seinen Traktor besonders herausgeputzt, sondern auch seinen Planwagen. „Es war der Wunsch meiner Enkeltochter Sophie, heute hier mit ihren Freundinnen bei der Lichterfahrt auf dem Planwagen ihren vierten Geburtstag zu feiern“, berichtet er. Und diesen Wunsch habe er ihr gerne erfüllt. Schließlich mache es ja auch ihm Freude, dabei zu sein.

Opa Matthias Hartmann lenkte den Traktor und auf dem Anhänger im Planwagen feierte die kleine Sophie mit ihren Freundinnen,  Eltern und der Großmutter ihren vierten Geburtstag.

Opa Matthias Hartmann lenkte den Traktor und auf dem Anhänger im Planwagen feierte die kleine Sophie mit ihren Freundinnen, Eltern und der Großmutter ihren vierten Geburtstag.

„Freude haben und Freude schenken“, das stand auch für die beiden Jugendlichen Ben Huppe (17) und Luis Flecken (15) im Fokus. Sie starteten auf ihren mit Lichterketten geschmückten Motorrädern die Lichterfahrt. Karl-Heinz Haberth aus Waldorf hatte sogar sein Feuerwehrauto vom Baujahr 1980 weihnachtlich herausgeputzt. Einige fuhren voll klimatisiert, andere hatten ihre komplett offenen Traktoren geschmückt, so wie zum Beispiel Leon Langenbach (22) aus Walberberg. Kalt sei ihm aber nicht.

„Diese Lichterfahrt ist doch inzwischen längst eine Tradition“, nennt Albert Kuhl einen weiteren Grund, der für die Lichterfahrt spricht. Frank May aus Merten geht sogar noch einen Schritt weiter: „Das ist Brauchtum.“ Das sehen nicht alle Berufskollegen so: Im Gegensatz zu den Teilnehmern der Walberberger Lichterfahrt ließen viele Landwirte in ganz Nordrhein-Westfalen ihre Lichterketten in diesem Jahr aus Protest im Sommerdepot.

Gleich zwei Weihnachtsbäume hatte der Veranstaltungsorganisator Albert Kuhl auf seinen kleinen Traktor gebaut.

Gleich zwei Weihnachtsbäume hatte der Veranstaltungsorganisator Albert Kuhl auf seinen kleinen Traktor gebaut.

Die Organisation „Land schafft Versorgung“ (LSV) hatte bereits im Oktober bekannt gegeben, dass sie in diesem Jahr keine Lichterfahrten organisieren und auch nicht dazu aufrufen wolle. Sie war es, die, um während der Corona-Zeit Licht in die Dunkelheit zu bringen und den Menschen Freude zu schenken, erstmals 2020 die Traktorenkorsos organisiert und dazu unter dem Motto aufgerufen hat: „Ein Funke Hoffnung.“ Dies galt aber gleichzeitig auch als freundlicher „Wink“ an die Politik. Denn die Hoffnung war wirklich da, dass die Landwirte so die Politik und auch die Verbraucher auf die Schwierigkeiten der Landwirtschaft hinweisen könnten. Die Motivation war entsprechend groß. Jetzt jedoch sagt der LSV: „Wenn man ehrlich ist, ist der Funke nicht übergesprungen, mittlerweile gilt er sogar eher als erloschen.“