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Weihnacht unter der BlaufichteLand- und Forstwirt Hubertus von Groote kann Kunststoff-Weihnachtsbäumen nichts abgewinnen

Lesezeit 6 Minuten
Der meistverkaufte Baum im Forsthaus Londorf ist in diesem Jahr wieder die Blaufichte.

Der meistverkaufte Baum im Forsthaus Londorf ist in diesem Jahr wieder die Blaufichte.

Land- und Forstwirt Hubertus von Groote setzt auf naturbelassenen Weihnachtsbaumanbau und betont die Nachhaltigkeit echter, heimischer Weihnachtsbäume gegenüber der Kunststoffvariante.

Wenn sich am heutigen Heiligabend die Familie unter dem bunt geschmückten Weihnachtsbaum versammelt, Geschenke austauscht, singt, oder einfach zusammen ist, dann ist es meist eine Blaufichte, die das Zimmer schmückt. Das sagt Hubertus von Groote, Inhaber des Forsthauses Londorf, aus Erfahrung. Wobei – der Klassiker ist und bleibt die Nordmanntanne. Auch das weiß von Groote. Der 57-Jährige ist in der vierten Generation in der Land- und Forstwirtschaft tätig. In 70er Jahren baute schon sein Vater Weihnachtsbäume an.

Bis einen Tag vor Heiligabend verkauft er seine Weihnachtsbäume im Wald zwischen Rösberg und Merten. Wer hier seinen Baum selbst aussuchen möchte, der braucht auf jeden Fall Gummistiefel, am Verkaufsstand selbst nicht. Hier sind Aurel Melcioiu und Stanislaw Paizych behilflich. Früher stand von Groote mit seiner Familie selbst hier, heute übernehmen Mitarbeiter diese Aufgabe.

„Welche Sorte Baum ich mir selbst aussuche, das fragen die Kunden oft“, sagt von Groote: „Den letzten, der noch verkauft wurde, antworte ich dann.“ Ein Weihnachtsbaum müsse für ihn nicht perfekt sein, das Naturprodukt gefällt Hubertus von Groote am besten. Mit ihrem gleichmäßigem Wuchs und der charakteristischen Buschigkeit und Dichte gilt die Nordmanntanne als der Klassiker. Aber das Wuchsbild der Nordmanntanne sei nicht von Natur gegeben, die perfekte Pyramidenform werde „gebastelt“, so von Groote: Mit einer Top-Stopp-Zange wird die Rinde des Triebes eingeritzt. Weil der Saftstrom verhindert wird, entstehen keine langen Triebe, der Baum wird dichter und die Astkränze liegen enger beieinander. „Das machen wir hier nicht. Ich weigere mich, dem Baum das anzutun, nur damit er einem Schönheitsideal entspricht. Hier ist alles naturbelassen, wir greifen nicht ein.“

„Die klassischen Weihnachtsbäume sind eigentlich Fichte und die Blaufichte. Erst seit den 80er Jahren wurde die Nordmanntanne dann immer beliebter“, weiß von Groote. Inzwischen geht der Trend wieder weg von der Nordmanntanne – die aus dem Kaukasus stammt und häufig gar nicht bei uns in Deutschland gewachsen ist, sondern aus Dänemark importiert wird – und hin zu den heimischen Sorten.

Land- und Forstwirt Hubertus von Groote überprüft seinen Bestand an Bäumen.

Land- und Forstwirt Hubertus von Groote überprüft seinen Bestand an Bäumen.

Der meistverkaufte Baum im Forsthaus Londorf ist die Blaufichte. „Dafür fallen mir vier Gründe ein. Erstens, sie wächst schneller, ist also in der Produktion und somit für den Kunden günstiger. Zweitens, in ihrer Haltbarkeit ist die Blaufichte vergleichbar mit den Tannen. Drittens, sie duftet nach Weihnachtsbaum, während die Nordmanntanne nach gar nichts riecht und viertens aus Tradition: Die Blaufichte erinnert viele an Weihnachten, wie es früher war.“ Grund Nummer drei und vier haben auch Hubertus von Groote in diesem Jahr dazu bewegt, nicht den letzten Baum zu nehmen, der noch übrig war: „Ich habe mir schon eine Blaufichte ausgesucht, wegen des Duftes und als Erinnerung an meine Kindheit.“

Kleine Parzellen statt großer Monokultur

Neben der normalen Fichte, der Blaufichte und der Nordmanntanne, hat Hubertus von Groote noch viele weitere Sorten im Angebot: „Serbische Fichte, Coloradotanne, Koreatannen, Küstentanne, Douglasie, Schwarze Kiefer und Seidenkiefer sind allerdings eher Beiwerk.“ Sie alle wachsen in kleinen Parzellen dezentral im Wald verteilt. Drumherum ist dieser in seinem natürlichen Zustand. Große Monokulturen gibt es hier nicht. In diesen würden sich die Schädlinge auch viel mehr vermehren, so von Groote: „Wir müssen nicht spritzen, das ist bei einem natürlichem Gleichgewicht nicht nötig. Die Nützlinge halten die Schädlinge wie Insekten oder Pilze, im Griff, ganz ohne Chemie. Und das Unkraut schneiden wir zwei- bis dreimal im Jahr zurück.“ Der naturbelassene Anbau sei auch für das Wild gut.

Und wie steht es um die Nachhaltigkeit? Ist ein Weihnachtsbaum nachhaltig? „Bäume, die hier gewachsen sind, haben auch hier die Luft verbessert. Wer seinen Baum vor Ort erwirbt, der , schont die Umwelt und tut etwas für den heimischen Wald. Ich nenne das nachhaltig.“ Schließlich würde so auch die Schadstoffbelastung wegfallen, da keine Transportwege entstehen. Hinzu komme, dass der Baum der Natur gar nicht dauerhaft entzogen, sondern im Bioabfall lande und als Nährstoff wieder zugeführt werde.

Aus Gründen der Nachhaltigkeit müsse also niemand auf einen Weihnachtsbaum verzichten, oder auf einen aus Plastik umsteigen, so von Groote. Für ihn als Weihnachsbaumanbauer sei der „Natur-Weihnachtsbaum das Maß aller Dinge“. Einige Gründe für den Plastikbaum lässt Hubertus von Groote dann aber doch gelten: „Ich habe Verständnis dafür, wenn jemand alt oder alleine ist, und niemand hilft, einen schweren Baum in die Wohnung zu tragen und aufzustellen.“ In seinen Augen könne ein Baum aus PVC und Spritzguss allerdings nur die „Notlösung“ sein. Dass der Verkauf von echten Bäumen zurückgehe, weil immer mehr Leute auf den Plastikbaum umsteigen, beobachtet er nicht: „Nein, das hätte ich mitbekommen.“ Im Übrigen würde auch der Kunststoffbaum nicht ewig halten: „Wenn sich erstmal der Weichmacher verflüchtigt, nadelt sogar der Plastikbaum“, scherzt von Groote.

Damit der Natur-Baum seine Nadeln möglichst lange behält, hat der Unternehmer in der Land- und Forstwirtschaft einige Tipps auf Lager. Natürlich helfe es, wenn der Baum frisch geschlagen ist. Beim Forsthaus Londorf stehen die geschlagenen Bäume nur wenige Tage. „Was verkauft wurde, holen wir ganz frisch auf dem Wald nach.“ Das allerdings auch nur bei Bedarf und nicht auf Verdacht. Entscheidender sei allerdings der Aufstellort: „Nicht direkt an die Heizung, da fängt jeder Baum schnell an zu nadeln“, warnt von Groote. Damit sich der Baum – egal welcher Sorte – lange im Zimmer hält, rät der Experte: „Bevor man den Baum ins Wasser stellt, sollte man für eine frische Schnittfläche sorgen, also circa einen Zentimeter abschneiden. Wir übernehmen das, aber das kann man auch selbst machen.“

Stellt man den Baum dann ins Wasser, entstehen unten am Stamm kleine Luftbläschen, die verhindern, dass der Baum Wasser ziehen kann. „Einfach einmal mit dem Finger abwischen“, rät von Groote. So beleibt der Baum länger frisch. Hubertus von Groote kennt noch mehr Tricks: „Der Baum muss sich langsam an die Zimmertemperatur gewöhnen, sonst bekommt er einen Temperaturschock. Vom kalten Wald auf den Balkon, in die Garage oder den Keller: Das sind die Gewöhnungsstufen.“ Wer den Baum ein paar Tage und nicht eine Stunde vor der Bescherung aufstellt, gebe ihm Zeit, sich zu entspannen und zu entfalten.

Nicht nur in Sachen Nadeln sind die Sorten unterschiedlich – die Fichte hat harte und pikende Nadeln, die der Kiefer sind länger, Tannen haben weichere Nadeln – auch die Haltbarkeit ist unterschiedlich: „Die Blaufichte hält sich länger als die normale Fichte und alle Tannen halten sich länger als die Fichten“, so von Groote.

Sonderwünsche und andere Kuriositäten

Ganz präzise Vorgaben, wie ihr Baum auszusehen hat, hinterließ von Grootes Mutter. Auf einem Zettel standen die genauen Maße inklusive der Abstände der einzelnen Astkränze. Er hat einen Baum gefunden. Sonderwünsche sind übrigens nicht ungewöhnlich. Ein Baum hatte tatsächlich nur auf einer Seite Äste, von Groote hielt ihn für unverkäuflich. Ein Kunde allerdings war vollkommen begeistert: Er braucht solch einen Baum für eine Zimmerecke und schneidet die Äste sonst immer selbst ab.


Trendfarbe Burgunderrot

2023 landeten nach Schätzung der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) rund 95 000 Weihnachtsbäume in den Wochen nach Weihnachten und bis Mitte Februar 2024 bei den Müllwerken.

Alle Jahre wieder gibt es auch bei der Weihnachtsbaum-Dekoration eine Trendfarbe. 2024 ist das Burgunderrot. Die warme Mischung aus Weinrot und Lila, die in diesem Jahre schon aus Mode und Wohndesign nicht wegzudenken war, ist nun auch am Baum angekommen. Ein dunkles Waldgrün oder ein zartes Eisblau liefern den spannenden Kontrast dazu. (var)