Im Lockdown getöpfertBornheimer Gastronomin begeistert Sterne-Koch mit ihren Tellern
Bornheim – Für die Gastronomie waren die vergangenen Monate sehr belastend. Marion van Hasselt und Marc Wadehn, die ihr Restaurant Culinarisch.es im Golfclub des Breniger Römerhofs seit acht Jahren leiten, pausierten von November bis Mitte Mai.

Marion van Hasselt aus dem Breniger Restaurant Culinarisch.es ist kreativ.
Copyright: Foto: Matthias Kehrein
Doch für Marion van Hasselt, die den Service leitet und die kaufmännische Verantwortung trägt, bedeutete der Lockdown alles andere als Stillstand.
Getöpfertes von Breniger Gastronomin in Drei-Sterne-Restaurant im Saarland
Von der Pandemie profitiert zu haben, mag sie zwar nicht behaupten, trotzdem hat die erzwungene Zäsur dazu beigetragen, dass der 53-jährigen ein echter Coup gelungen ist. Ihre Teller zieren künftig die Tische des Drei-Sterne Restaurants „Victor’s Fine Dining by Christian Bau“ im saarländischen Perl.
Wie es dazu kam, versteht man besser, wenn man weiß, dass Marion van Hasselt sich nicht nur auf die Organisation eines Restaurants beschränkt, sondern auch gerne die Perspektive wechselt. Das kann in einer Krisensituation hilfreich sein. Als Privatpilotin leistet sie sich den kleinen Luxus, die Heimat aus einer Cessna schon mal von oben in Augenschein zu nehmen. Nicht, dass man dabei über den Dingen schweben würde. Aber solch ein Ausflug hilft, um auf andere Gedanken zu kommen und sich inspirieren zu lassen.
Zudem scheinen himmlische Exkursionen die kreative Ader zu beflügeln. Mag die Fliegerei vornehmlich dem reinen Vergnügen dienen, so weckt eine weitere Leidenschaft, die die gelernte Versorgungstechnikerin erst vor einigen Jahren entdeckte, noch ganz andere Potenziale. Was mit einem Töpferkurs im Brühler Keramik-Atelier Uhltopf begannt, hat sich zu einer erstaunlichen Spezialität entwickelt.
Lebenspartner gibt den Anstoß: „Mach doch mal einen Teller“
Um Hobby und Beruf zusammenzuführen, bedurfte es allerdings des Anstoßes ihres Lebenspartners. Marc Wadehn sprach irgendwann den entscheidenden Satz: „Mach doch mal ’nen Teller.“ Geschirr gehört schließlich zu den Visitenkarten einer guten Küche. So wurde die simple und doch nahe liegende Aufforderung zu einer Initialzündung. „Immer, wenn ich seitdem neues Geschirr für unser Restaurant herstelle, ist die Freude riesig, sowohl in der Küche als auch bei den Gästen“, sagt van Hasselt.
Schnell entdeckte sie ihren eigenen Stil, formte und designte Teller, Schüsseln, Schalen oder Schiffchen und experimentierte mit Farben und Formen. Gebrauchskeramik, die das mittlerweile entworfene Logo von Marion van Hasselt trägt, zeichnet sich durch konkrete Eigenschaften aus: Sie ist spülmaschinengeeignet, wird mit lebensmittelechten Farben hergestellt und überzeugt mit strahlendem Dekor und hochfester Glanzglasur.
Mit wie viel Elan und Einsatz sie das Hobby inzwischen ausübt, dokumentiert die Werkstatt mit dem Herzstück, dem Ofen, in dem die Keramikstücke gebrannt werden. Um diese Arbeitsgrundlage zu schaffen, wurde das frühere Wohnzimmer des Paares, das auf dem Gelände des Römerhofs neben dem Restaurant wohnt, entkernt und aufwändig umgestaltet. Die Investition war ein Wagnis, das sich in jeder Hinsicht gelohnt hat.
Mehr Zeit für Töpferei durch Corona-Lockdown
Die Kreationen stoßen inzwischen nicht nur bei den Gästen des Restaurants auf große Resonanz. Exponate aus dem Breniger Wohnzimmer sind schon länger in der Brühler Galerie „DreimalDrei“ zu bewundern. Die durch die Pandemie erzwungene Auszeit hat nun dazu beigetragen, dass sich van Hasselt in den vergangenen Monaten noch intensiver mit der Töpferei beschäftigt hat.
„Ich habe zwar auch noch einen Job angenommen, indem ich einen Onlineshop für Feinkost und Dekoratives mitaufgebaut habe, hatte darüber hinaus aber auch die Muße, mein Handwerk weiter auszubauen und darüber nachzudenken, wohin die Reise gehen könnte“, erzählt sie.
Nach Abschluss einer Saison gönnen sich Marc Wadehn und Marion van Hasselt gerne einen Ausflug in ein Sternerestaurant. Ende 2019 stand der Besuch des Gourmettempels von Christian Bau in Perl auf der Agenda. „Der Abend hat uns beide nachhaltig beeindruckt“, sagt van Hasselt. „Christian Bau steht zwar nicht im Blickpunkt des medialen Interesses wie viele seiner Kollegen, die auf demselben Niveau kochen, doch gerade seine unaufgeregte Art gepaart mit seiner außerordentlichen Kochkunst haben mich fasziniert.“
Brenigerin schickt Getöpfertes zum Dank und Sterne-Koch will mehr
So entstand der Gedanke, sich beim Drei-Sterne-Koch für das Erlebnis mit einer speziellen Geste zu bedanken. Inspiriert durch ein Gemälde im Restaurant, das die japanische Flagge mit ihrem markanten roten Punkt auf weißem Grund in Szene setzt, konzipierte und brannte van Hasselt einen Teller, den sie Bau schickte. In seinem Menü „Von Paris bis Tokyo“ entführt der Spitzenkoch seine Gäste auf eine vom fernöstlichen Stil inspirierte Gourmetreise. „Der Teller sollte einfach eine Geste sein“, begründet Marion van Hasselt die Initiative.
Bau war von dem, was er da unverhofft auspackte und in den Händen hielt, so angetan, dass er seinen Dank gleich mit einer Nachricht verknüpfte: „Haben Sie Interesse an einer Zusammenarbeit?“ In Brenig wurde die Offerte begeistert aufgenommen. „Wir haben sofort mit einem Glas Champagner angestoßen“, erinnert sich van Hasselt. Die erste Bestellung hat die gebürtige Brühlerin mit 30 Tellern persönlich übergeben.
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Die Teller mit dem roten Punkt sind als Platzteller im Restaurant vorgesehen. Was sich durch diese Zusammenarbeit ändern wird, lässt sich noch nicht absehen. Doch die Nachricht hat sich über die sozialen Medien rasch verbreitet und wird die Resonanz beflügeln. „Der Moment, in dem Marc und ich in den Ofen schauen und einen ersten Blick auf jeden neuen Teller oder jede neue Schüssel werfen, hat immer eine gewisse Magie“, sagt sie und spricht von „Glücksmomenten“, die ihr die Töpferei bereitet. Diese Inspiration überstrahlt nicht nur die Last einer Pandemie, sondern beflügelt auch das Wirken im Restaurant.