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Neues Buch über den Wahl-Bornheimer„Heinrich Böll hat den Nerv getroffen“

Lesezeit 4 Minuten
Die beiden Autoren Dorothee Böttges-Papendorf und Willi Hermann mit ihrem neuen Buch über das Werk von Heinrich Böll.

Dorothee Böttges-Papendorf und Willi Hermann stellen ihr neues Buch über Heinrich Böll vor. 

Dorothee Böttges-Papendorf und Willi Hermann haben ein Buch über den Schriftsteller Heinrich Böll und sein Werk herausgegeben. Vor 50 Jahren bekam der gebürtige Kölner den Nobelpreis.

„Heinrich Böll schrieb gut verständlich und traf zu meiner Jugendzeit einen Nerv. Er griff die Themen auf, die uns bewegten, und wollte seinen Lesern einen Spiegel vorhalten“, erinnert sich Dorothee Böttges-Papendorf. Willi Hermann ergänzt: „Würde er noch leben, er würde sich wieder laut äußern zu den Themen und Krisen der Zeit.“

Die 69-jährige Steuerberaterin und der 57-jährige Heimatforscher und Ortshistoriker haben unter dem Titel „Heinrich Böll“ eine Hommage an den Schriftsteller, bekennenden Rheinländer und Ehrenbürger der Stadt Bornheim herausgegeben. Anlass ist der 50. Jahrestag der Verleihung des Literatur-Nobelpreises an den Schriftsteller am 10. Dezember, den die Stadt Bornheim am Samstag mit einer Ausstellung und einem Festakt gewürdigt wird.

Böll aus Lesersicht nachspüren

Es ist nicht das erste Mal, dass Böttges-Papendorf und Hermann eine Publikation über Böll herausgeben. Bereits 2017 hatten sie dessen 100. Geburtstag zum Anlass genommen. Ihr zweites Werk ist ein hochwertiges Hardcover und reich bebildert. „Eigentlich ist über Böll schon alles gesagt, sollte man meinen. Wir haben einen anderen Ansatz gewählt und schreiben nicht über Böll, sondern spüren seinem Werk nach, aber nicht als Literaturwissenschaftler, sondern aus Lesersicht.“

Dabei lassen die beiden Autoren den Schriftsteller in Zitaten und Originaltexten möglichst selbst zu Wort kommen. Im ersten Teil des Buches wird der lange Weg Bölls zum literarischen Erfolg beschrieben. Seine eigene Sicht auf die Literatur wird in Form seiner Originalreden während des Nobel-Banketts und später in seiner obligatorischen Nobelvorlesung nachgezeichnet. „Immer noch ist die Kunst ein gutes Versteck: nicht für Dynamit, sondern für geistigen Explosivstoff und gesellschaftliche Spätzünder“, heißt es in Bölls Nobelpreis-Rede. Und beim feierlichen Nobelpreis-Dinner sagte der gebürtige Kölner: „Wo doch gewiss sein müsste: Wenn dieses Land je so etwas wie ein Herz gehabt haben sollte, lag es da, wo der Rhein fließt.“

Der damalige Bornheimer Bürgermeister Wolfgang Henseler (rechts) und Mertens Ortsvorsther Hans Gerd Feldenkirchen knien im Juli 2015 vor Bölls Wohnhaus in Merten und enthüllen eine Gedenkplatte.

Vor dem Wohnhaus Heinrich Bölls in der Martinstraße enthüllten 2015 der damalige Bornheimer Bürgermeister Wolfgang Henseler (rechts) und Mertens Ortsvorsteher Hans Gerd Feldenkirchen eine Gedenkplatte.

Es folgen ausführliche „Lesehilfen“ für den Einstieg in sein wohl komplexestes Werk „Gruppenbild mit Dame“, das 1971 erschien und letztlich den Ausschlag für die Verleihung des Nobelpreises gegeben haben soll. Angereichert wird dieser Teil mit Tuschezeichnungen der Berliner Künstlerin Susanne Haun. Besondere Aktualität erlangen die Geschichten um Leni Gruyten, die Dame im Gruppenbild, durch die aktuellen kriegerischen Ereignisse in der Ukraine.

„Eindringlich wird hier klar: Bei den Erzählungen von Heinrich Böll handelt es sich nicht um Meistererzählungen aus längst vergangenen Zeiten, sie beschreiben vielmehr die zeitlos gültigen Schrecken und Grausamkeiten des Krieges, den Kampf der Menschen ums Überleben unter widrigsten Bedingungen“, schildern Böttges-Papendorf und Hermann.

Einen Rundgang auf dem Heinrich-Böll-Weg in Bornheim gehen

Der zweite Teil des Buches widmet sich Bölls letzten Jahren. Von 1982 bis zu seinem Tod 1985 lebte und arbeitete der Autor in Merten, wo der Schriftsteller auch seine letzte Ruhe gefunden hat. Wie er selbst es in seiner kurzen Geschichte „Oblomov auf der Bettkante“ erzählt, beschäftigte er sich auch auf seinen vielen Spaziergängen durchs Vorgebirge, die er aus gesundheitlichen Gründen auf Anraten seines Arztes täglich unternahm, mit gesellschaftlichen Themen.

Aus der kurzen Erzählung von Oblomov, in der Böll die Aussichten während seiner Spaziergänge beschreibt, lasse sich herauslesen, dass es ihm immer wieder um die Zeit nach der Rückkehr aus französischer Kriegsgefangenschaft ging. Böll erwähnt darin auch das nahe gelegene Kloster Walberberg und die Bedeutung für die deutsche Nachkriegsgeschichte. Besonders bekannt war das Vorgebirge seinerzeit für die Baumblüte, die es zu einem beliebten Ausflugsziel für Kölner machte. Heute kann man seinen typischen Rundgang auf dem 2017 von der Stadt Bornheim eröffneten Heinrich-Böll-Weg gehen.

Heinrich Bölls Werke neu entdecken

„Es gab eine gewisse Distanz zwischen ihm und der konservativen Landbevölkerung, er wurde oft bei seinen Spaziergängen gesehen, die Einheimischen wussten, dass er Schriftsteller war, doch vielen war gar nicht bewusst, dass in ihrer Nachbarschaft ein Nobelpreisträger lebte“, schildert es Willi Hermann. Im dritten Teil des Buches finden die Leser unter der Überschrift „Autor vor Flusslandschaft“ Hinweise und Anregungen zur Entdeckung oder Neu-Entdeckung der bekanntesten Werke bis hin zu einem 2021 erschienenen Gedichtband, bei dem Bölls Sohn René als Herausgeber mitgewirkt hat.

Autobiografische und biografische Darstellungen, kurze Kapitel über Weggefährten und Freundschaften sowie ausgewählte Beispiele zur weltweiten Verbreitung der Werke runden das Buch ab. Auch dieser Teil ist reich bebildert. Die beiden Autoren stellen ihr Buch während des Kulturabends am kommenden Sonntag ab 18 Uhr im Bornheimer Rathaus vor. Eröffnet wird dann auch die von Stadtarchivar Jens Löffler konzipierte Ausstellung über Bölls Jahre im Vorgebirge.

Die Mertener Kunsthistorikerin Christel Diesler erläutert die zeit- und literaturhistorischen Umstände der Nobelpreisverleihung. Das Bornheimer Schauspielerehepaar Cécile Kott und Gerhard Fehn zitiert Ausschnitte aus Bölls Werken. Eine Vorführung der Verfilmung des Romans „Gruppenbild mit Dame“ rundet das Programm ab.


„Beruf : Irgendwas mit Büchern“ , Hommage an den Schriftsteller, Nobelpreisträger und bekennenden Rheinländer Heinrich Böll , Dorothee Böttges-Papendorf und Willi Hermann: 168 Seiten, Rhein-Mosel-Verlag, Zell. 24 Euro; ISBN 978-389801-393-2.