Frei an Karneval?Wie Bornheims Schulen die beweglichen Feiertage nutzen wollen
Bornheim – „Im laufenden Jahr ist so viel Unterricht ausgefallen. Da ist es unverhältnismäßig, jetzt auch noch die beweglichen Ferientage an Karneval zu nehmen. Die Kinder hatten genug freie Zeit.“ Das sagt Simone Schröder, Klassenpflegschaftsvorsitzende am Bornheimer Alexander-von-Humboldt-Gymnasium (AvH).
„Unser Distanzunterricht funktioniert sehr gut, aber die Schüler sind auch geschafft. Man sollte ihnen eine Möglichkeit zum Verschnaufen geben.“ Das ist hingegen die Haltung von Schulleiter Christian Dubois und Günter Meyer, dem Vorsitzenden der AvH-Schulpflegschaft. Pünktlich zur „fünften Jahreszeit“ stellt sich auch für Bornheimer Schulen die Gretchenfrage: Nun sag, wie hast Du’s mit der Narretei in Zeiten von Corona?
„Das kann doch nicht deren Ernst sein?“ Susanne Schröders Ansicht nach „haben die Kinder so viele Defizite, da muss Unterricht gemacht werden!“ Ihr Sohn besucht die Klassenstufe sechs des Gymnasiums und würde sehr gerne zur Schule gehen – muss aber auch am Distanzunterricht teilnehmen. „Wir müssen alle zurückstecken und sehen, dass der Ball rollt“, so Schröder.
Alexander-von-Humboldt-Gymnasium
„Wir nehmen die Sorgen der Eltern, was den Lernstand der Schüler angeht, sehr ernst“, unterstreicht Schulleiter Dubois. Dazu habe es auch Umfragen gegeben, deren Ergebnisse in der vergangenen Woche vorgelegt worden seien. Demnach „funktioniert der Distanzunterricht gut, auch im Hinblick auf den Lernfortschritt“, sagt Dubois. „Auch die Zufriedenheit der Eltern ist sehr groß“, bestätigt Günter Meyer. Die Umfrage habe einen Rücklauf von 33 Prozent gehabt, davon hätten 93 Prozent die Situation als gut oder sehr gut bewertet.
Brauchtumstag
Das sagt die Ferienordnung für Nordrhein-Westfalen für die Schuljahre bis 2023/24: Der einzelnen Schule stehen in den Schuljahren 2021/22 und 2022/23 drei und in den Schuljahren 2020/21 und 2023/24 vier bewegliche Ferientage zur Verfügung. Mindestens einer der beweglichen Ferientage ist den örtlichen Verhältnissen bei Festen entsprechend, insbesondere bei Volks- und Heimatfesten und in der Karnevalszeit, als Brauchtumstag festzulegen.
Die Schulkonferenz entscheidet über die Terminierung der beweglichen Ferientage im Einvernehmen mit dem Schulträger. Eine einheitliche Regelung für alle Schulen einer Gemeinde ist anzustreben. Bei der Festlegung der beweglichen Ferientage sind die Termine für die zentralen Prüfungen zu berücksichtigen. Die Entscheidung ist spätestens acht Wochen vor Beginn der Sommerferien des kommenden Schuljahres zu treffen. Die Schulleitung unterrichtet unverzüglich die Schülerinnen und Schüler, Eltern und die Schulaufsichtsbehörde. (EB)
Nach Angaben von Dubois hätten sich auch Schüler, die Mitglieder der Schulkonferenz sind, sehr positiv geäußert. Lena Schürmann zum Beispiel, Schülerin des Abiturjahrgangs Q2: „Im Vergleich zum ersten Lockdown, der überraschend kam und es schwer gemacht hat von heute auf morgen einen normalen Schulalltag umzustrukturieren, läuft es besonders jetzt strukturiert und organisiert ab. Dies liegt vor allem an dem Befolgen des normalen Stundenplans, welcher ein Gefühl von Schulalltag vermittelt und es auch uns Schülern erleichtert, mit dem Homeschooling umzugehen und unseren Tag zu planen. Die Videokonferenzen sind zwar insgesamt deutlich anstrengender als der Präsenzunterricht und erfordern mehr Konzentration, aber dadurch erreichen wir auch ein höheres Volumen an Lernstoff und die soziale Komponente fehlt nicht komplett.“
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Amiya Teichmann, Schülerin des Abiturjahrgangs Q2, ebenfalls Mitglied der Schulkonferenz, sagt laut Dubois über den aktuellen Distanzunterricht: „Natürlich ist die Situation anders als in den vorherigen Jahren, aber ich habe nichtsdestotrotz das Gefühl, dass alle Beteiligten das Beste draus machen. Das bedeutet, dass wir den gesamten Stundenplan eins zu eins in Form von Videokonferenzen abhalten, sodass der Lernfortschritt meines Erachtens ähnlich ist wie im Präsenzunterricht. Diese Art des Unterrichts ist zwar durchaus anstrengender, da man die ganze Zeit nur vor dem Bildschirm sitzt, aber ich denke, dass es die bestmögliche Lösung ist in diesen Zeiten!“
Dass diese Form des Unterrichts anstrengend ist weiß auch Günter Meyer. Er ist durchaus für eine Verschnaufpause über Karneval. Das habe einen Hauch von Normalität – obwohl die Schüler ja auch gar nicht die Möglichkeit haben, Karneval irgendwo ausgelassen feiern zu können. Man müsse außerdem bedenken, was noch alles entfällt: die feierliche Zeugnisausgabe, die Abi-Fete.
Schule entscheidet über bewegliche Feiertage
Jede Schule kann selbst entscheiden, wann sie bewegliche Feiertage einsetzen will (siehe Kasten). „Wir haben in der Schulkonferenz weit im Voraus darüber entschieden und diese Entscheidung im Zeichen der Pandemie noch einmal überprüft“, erklärte Christian Dubois auf Anfrage der Rundschau.
Die Konferenz, bestehend jeweils zu einem Drittel aus Lehrern, Schülern und Eltern, habe den Beschluss bestätigt, dass am Karnevalsfreitag, Rosenmontag und Veilchendienstag kein Unterricht stattfindet. Nur drei Eltern bei 904 Schülern hätten sich gegen diese Regelung ausgesprochen.
Europaschule Bornheim
Auch Eike Brandt, Schulleiter der Bornheimer Europaschule, hat großes Verständnis für den Wunsch der Eltern nach möglichst viel Unterricht. „Aber die Sorge, dass die Jugendlichen jetzt feiern gehen, ist ja unbegründet“, so Brandt. Karnevalsfreitag und Rosenmontag ist hier unterrichtsfrei, der bewegliche Feiertag am Karnevalsdienst wurde in den Sommer verlegt. Allerdings hätte es terminliche Schwierigkeiten gegeben, alle drei Tage in die Jahresmitte zu verlegen. Brandt: „Für Schüler ist der Distanzunterricht wirklich sehr anstrengend, das ist ein großes Pensum“, betont der Schulleiter. Trotzdem würden die Schüler in diesem Jahr nicht die übliche Menge an Stoff lernen. „Aber das kann man nachholen“, ist Brandt sicher, „und wir müssen dabei gerade die Schüler unterstützen, die zu Hause nicht die nötige Hilfe haben“. Für die Abschlussjahrgänge sei es auch emotional schwierig: „Das Zentralabitur steht, das ist eine Herausforderung.“ Und dann gibt es nicht mal eine Party.
Gymnasium der Erzbischöflichen Ursulinenschule Hersel
„Angesichts der enormen Belastungen, denen derzeit alle Lehrkräfte an den Schulen ausgesetzt sind, muss ich dringend dem Eindruck widersprechen, der mit dem Begriff ,Feiertage’ insinuiert wird. Alle Kolleginnen und Kollegen arbeiten, seitdem Unterricht auf Distanz durchzuführen ist und alle übrigen Dienstgeschäfte ohne Verzögerung zu erledigen sind, an ihrer äußersten Belastungsgrenze“, betont Dr. Karl Kühling, Schulleiter am Gymnasium der Erzbischöflichen Ursulinenschule Hersel. „Wir werden, nachdem wir bereits zweimal Rücksprache in der Sache mit unserem Schulträger genommen haben, an den festgelegten freien Tagen festhalten. Hierzu gehören auch Tage rund um das ,Karnevalswochenende’.“ Laut Rektor gab es an seinem Gymnasium zu diesem Punkt keine Kritik und keinen Antrag auf Veränderung der Beschlusslage.