Ein Dutzend VariantenEin Katalog voller Fragen und Forderungen zur Rheinspange
Bornheim – Ihre Botschaft ist nicht zu übersehen: „Wir möchten gemeinsam zeigen, dass wir keine Rheinbrücke bei Urfeld und Widdig wollen“, betonen Christoph Kany, Ortsvorsteher von Widdig und Sprecher der Bürgerinitiative „W3W4“, und Kerstin Taraske, Vorsitzende des Bürgervereins Urfeld. Der Traktoranhänger mit dem großen Banner steht auf einem Acker an der Kölner Landstraße zwischen Widdig und Urfeld. Die Initiativen ziehen an einem Strang und kämpfen gemeinsam gegen mögliche Varianten einer Autobahnbrücke über den Rhein oder einen Tunnel unter dem Fluss, der beide Dörfer empfindlich tangieren würde. Ein Dutzend Varianten steht mittlerweile im Raum, unter anderem drei – W2, W3 und W4, daher auch der Name der Initiative –, von denen Widdig und Urfeld betroffen wären.
Kommenden Dienstag wird die Rheinspange erneut Politiker und Verwaltung im Mobilitäts- und Verkehrsentwicklungsausschuss beschäftigen. Neben einer mehrseitigen Stellungnahme hat die Stadt einen 29 Punkte umfassenden Fragenkatalog verfasst, gerichtet an den neuen Baulastträger, die Autobahn GmbH des Bundes.
Die Stellungnahme
Besorgt und kritisch sehen Politik, Verwaltung und Bürger, dass sich die Überlegungen für eine Rheinquerung seit vergangenen Dezember verstärkt auf die Südvarianten konzentrieren. Aktuell steht laut Planungsamtsleiter Andreas Erll eine Brückenvariante (W1) an erster Stelle, die nördlich von Urfeld linksrheinisch in Godorf an die A555 anschließt und rechtsrheinisch östlich von Köln-Libur an die A4. Diese Variante favorisieren auch die beiden Bürgerinitiativen. Die Option W3, eine Brücke, die über die Bebauung von Urfeld-Süd und Widdig-Nord führen würde, stehe momentan auf Platz drei und damit nicht weit hinter der erstplatzierten Möglichkeit. Diese Variante könne auch als Tunnel realisiert werden. Die Tunnelvariante W4 unterhalb von Widdig ist auf Platz sechs zu finden und gilt demzufolge als beste aller vorgelegten Tunnellösungen.
Gravierend wären die Auswirkungen auf den Verkehr, meinen Verwaltung und Bürger. Bei den Optionen, die bei W2, also ab Urfeld, beginnen, würde die Anschlussstelle Wesseling laut Autobahn GmbH geschlossen und durch eine neue Anschlussstelle weiter südlich ersetzt. Eine Verknüpfung der Anschlussstelle Wesseling mit einem neuen Autobahndreieck bei W2 sei nicht möglich. Dies, so Erll, führe unweigerlich zu einer Mehrbelastung an Verkehr für die Rheinorte und das Vorgebirge. Fahrzeuge, die aus Euskirchen, der Voreifel, Rheinbach oder Meckenheim Richtung Wesseling fahren, würden dann verstärkt die Straßen im Bornheimer Stadtgebiet nutzen.
Eine Mitte 2020 vorgelegte Bewertung hinsichtlich Naturschutz, Grundwasser und Wohnqualität sei „in weiten Teilen nicht nachvollziehbar“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt weiter. So sei der Faktor Wohnen im vorliegenden Umweltbericht lediglich mit einem Anteil von 2,5 Prozent in die Gesamtwertung eingeflossen – der Faktor Wirtschaftlichkeit hingegen mit 40 Prozent. Die Auswirkungen des Verkehrs seien ebenso wie der Bereich Umwelt mit einer Gewichtung von 30 Prozent in die Gutachten eingeflossen. Um für weitere Schritte vorbereitet zu sein, beschloss der MoVa im vergangenen Dezember, 70 000 Euro in den Doppelhaushalt 2021/22 einzustellen, um – falls notwendig – externe und juristische Beratung einzuholen.
Forderungen und Fragen
Aus Sicht von Bornheims Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) bleibt „die Planungsgrundlage mit einem nicht ausreichenden Verkehrsgutachten äußerst fraglich.“ Ein langer Forderungskatalog sowie 29 Fragen wurden daher an den Baulastträger geschickt. So verlangt die Stadt unter anderem, die Auswirkungen des Verkehrs auf die linksrheinischen Kreis- und Landesstraßen detailliert zu untersuchen. Dabei sollen auch die Verkehrsflüsse der A61 berücksichtigt werden. Des Weiteren gelte es, die Klima- und Umweltfolgen einer neuen Rheinspange in den betroffenen Regionen darzustellen. Becker fordert zudem eine neue Einstufung der sogenannten Zielfelder: „Umwelt und verkehrliche Wirkung sind höher zu bewerten als die Wirtschaftlichkeit.“
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Wissen möchte die Verwaltung auch, weshalb statt der bisherigen neun Varianten nun drei weitere, die Widdig und Urfeld berühren, „vertieft untersucht“ werden. Zudem möchte sie erfahren, weshalb der linksrheinische Raum im Gegensatz zum rechtsrheinischen „augenscheinlich weniger tiefgründig“ untersucht worden sei; dies betreffe sowohl die Verkehrssituation als auch den Tier- und Umweltschutz. Zudem könne die Verwaltung nicht nachvollziehen, warum der Bereich Grundwasser so gute Bewertungen erhalten habe, obwohl Wasserschutzzonen betroffen seien.
Wie geht es weiter?
Alle zwölf Varianten werden laut Autobahn GmbH des Bundes nun umfassend geprüft mit Umweltverträglichkeitsstudien, mit Blick auf die Auswirkungen auf die jeweiligen Verkehrssituation vor Ort und mögliche Autobahnanschlussstellen. Bis Mitte 2021 soll dann eine Vorzugsvariante ermittelt werden, die weiterverfolgt wird. Voraussichtlich 2030 könnte die neue Rheinquerung dann fertiggestellt sein.
Der Mobilitäts- und Verkehrsentwicklungsausschuss tagt am Dienstag, 13. April, 18 Uhr, in der Rheinhalle Hersel, Rheinstraße 201. Die Bürgerinitiative „W3W4“ wurde im März 2020 gegründet. Mehr als 70 Bürger lassen sich regelmäßig über den Mailverteiler informieren. Kontakt: per E-Mail rheinspangew3w4@gmail.com