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Freiheit, Gleichheit und BrüderlichkeitRoisdorfer Schützen formierten sich im Revolutionsjahr 1848

Lesezeit 4 Minuten
Die Roisdorfer St. Sebastianus-Schützenbruderschaft in einer Aufnahme aus dem Jahr 1920.

Die Roisdorfer St. Sebastianus-Schützenbruderschaft in einer Aufnahme aus dem Jahr 1920.

Die schiere Not beflügelte im Jahr 1848 revolutionäre Gedanken. In Bornheim-Roisdorf formte das Streben nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit das Schützenwesen - als eine Art Notgemeinschaft.

„Einfach wunderbar“ fühlte sich Wolfgang Mertgen im vergangenen Juli, als er mit dem 219. Schuss beim traditionellen Schützenfest der Roisdorfer St. Sebastianus-Schützenbruderschaft den Vogel von der Stange holte. Mertgen ist nicht nur mit Ehefrau Christa amtierendes Königspaar, sondern auch langjähriger Vorsitzender des Ortsausschusses. Am kommenden Wochenende steht ein besonderes Ereignis an: Gemeinsam mit den Musikfreunden Roisdorf, die 2023 100 Jahre alt werden, begeht die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft, die seit nun 175 Jahren besteht, ein gemeinsames Musik- und Schützenfest: „Als aktives Mitglied der Schützenbruderschaft und ehemaliges aktives Mitglied der Musikfreunde wird dieses Fest ein besonders schönes Ereignis für mich“, schreibt Mertgen in der von beiden Vereinen herausgegebenen Jubiläumsfestschrift.

Für die Roisdorfer Sebastianer schlug die erste Stunde im Jahr 1848. Aus dem ersten Protokollbuch geht hervor, wie sich in dieser Zeit politischer Umbrüche und Notlagen einige Roisdorfer Männer zusammenfanden, um sich den Revolutionsideen von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ zu verschreiben. Der eigentliche Zweck des Schützenwesens im Vorgebirge war damals, Bedürftige zu schützen. In den Annalen ist nachzulesen, dass sich der erste Schießstand Anfang der 1850er Jahre in der Nähe des heutigen Centralmarktes befand, und 1853 berichtet die Chronik von sogenannten „Vogelstangen“, die am Siefenfeldchen aufgestellt waren, wo dann geschossen wurde.

1893 kündigte der Grundstückseigentümer Heinrich von Wittgenstein den Schützen, die daraufhin ihr Königsschießen in der „Siebertz’schen Sandgrube“ am Blutpfad austrugen. 1925 schließlich zogen sie auf ihren neuen Schießstand oberhalb Roisdorfs an der Essener Straße, wo die Grünröcke bis heute beheimatet sind.

Nach dem Krieg mit der Armbrust auf den Vogel angelegt

1936 richtete die Roisdorfer Bruderschaft erstmals ein Bezirksschützenfest im Bezirksverband Bund Vorgebirge aus, der in den 1920er Jahren gegründet wurde. Bereits ein Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg, 1946, nahm das Vereinsleben – allerdings mit drastisch verringerter Mitgliederzahl – wieder Fahrt auf. Mit der Armbrust sicherte sich 1947 Johann Rech den ersten Königstitel der Nachkriegszeit.

Immer stärker wurde damals das Interesse am Sportschießen, sodass bereits 1951 ein Kleinkaliberstand errichtet wurde. Das sorgte zum einen dafür, dass die Zahl der Mitglieder stieg, zum anderen aber auch, dass der Schießstand erweitert werden musste. 1958 richteten die Roisdorfer erneut ein Bezirksschützenfest aus und stellten ein Jahr später mit Urban End den ersten Roisdorfer Bezirkskönig nach dem Krieg. In den 60er Jahren erwarb die Bruderschaft ein weiteres Grundstück und konnte drei neue Kleinkaliberstände und fünf Pistolenanlagen eröffnen.

Auch im Karneval sind die Roisdorfer Sebastianer aktiv. Dieses Jahr gingen sie als Krokodile verkleidet im Weiberfastnachtszug mit.

Auch im Karneval sind die Roisdorfer Sebastianer aktiv. Dieses Jahr gingen sie als Krokodile verkleidet im Weiberfastnachtszug mit.

1971 bauten die Schützenbrüder in Eigenregie auf einer angrenzenden Fläche von rund 160 Quadratmetern auch eine Schützenhalle. 2004 gab es eine entscheidende Änderung in der Vereinshistorie. Erstmals veranstalteten die Sebastianer ihr Königsschießen nicht mehr am Kirmessamstag, sondern zusammen mit dem Schützenfest im Juli: „Das wurde von Anfang an voll angenommen und ist seitdem ein großer Erfolg“ heißt es in der Vereinschronik.

Grundstückkauf sicherte Zukunft des Vereins

Die Zukunft der Bruderschaft konnte schließlich dadurch gesichert werden, dass es den Schützen 1989 gelang, das Grundstück, auf dem die Schützenhalle steht, von der Stadt Bornheim zu erwerben. Die Bruderschaft ist traditionell auch im Karneval aktiv und geht jedes Jahr originell kostümiert beim Weiberfastnachtszug mit. 2020 erzwang die Corona-Pandemie einen weitgehenden Stillstand. Die Mitglieder nutzten die Zeit aber, um dringend benötigte Renovierungsarbeiten rund um den Schützenplatz durchzuführen.

Wir wünschen uns für unsere Zukunft noch viele schöne Feste, aber auch, dass die nachfolgenden Generationen unsere Tradition pflegen und mit neuen Ideen das Vereinsleben stärken.
Walter Klemmer, Brudermeister

Heute gehören 45 aktive Schützen und verschiedene Sportschützen dem Verein an. „Wir wünschen uns für unsere Zukunft noch viele schöne Feste, aber auch, dass die nachfolgenden Generationen unsere Tradition pflegen und mit neuen Ideen das Vereinsleben stärken“, hofft Brudermeister Walter Klemmer, der 2010 den Vogel von der Stange holte und mit Ehefrau Gabi die Bruderschaft repräsentierte.


Das Festprogramm

Am Samstag, 13. Mai, wird nach den Schießwettbewerben (ab 14 Uhr) gefeiert. Zum Festabend ab 20 Uhr kommt der Musik- und Gesangverein Dahenfeld. Fahnen ziehen ein, die Standarte wird übergeben. Danach ist Tanz.

Der Sonntag, 14. Mai, führt mit den Musikfreunden Roisdorf um 9 Uhr zum Festgottesdienst. Gratulieren ist beim Frühschoppen möglich. Ab 10.15 Uhr wird geschossen, mit einer Pause für den Festzug (14 Uhr ab Brombeerweg). Siegerehrung ist für 19 Uhr angesetzt.