Auch im Rat hat die SPD gegen das Mertener Neubaugebiet gestimmt, weil ihr 50 geförderte Wohnungen nicht genug sind. Die Kostenprognose bringt zudem den dortigen Schulneubau ins Wanken.
SPD gegen BauträgerBornheimer Schule steht auf der Kippe

Eine Drohne schaut auf das Baugebiet für die Gesamtschule.
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Könnte der Neubau der Heinrich-Böll-Gesamtschule (HBG) am Ende doch noch dem Rotstift zum Opfer fallen und gestoppt werden? Zumindest gibt es laut Bornheims Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) „auch ein Exit-Szenario wegen Unwirtschaftlichkeit“, wie er am Donnerstagabend in der Ratssitzung erklärte.
Soweit könnte es kommen, wenn sich im Zuge des bevorstehenden Ausschreibungsprozesses keine Interessenten fänden, die für den Neubau auch entsprechende Kostenoptimierungsvorschläge einbrächten, erklärte Sabine Westhelle vom Amt für Gebäudewirtschaft. Im August wurden der Bauantrag für die Schule eingereicht sowie ein Generalplaner beauftragt, um eine funktionale Leistungsbeschreibung aufzustellen, die Anfang 2024 veröffentlicht werden soll. Auf dessen Grundlage können sich dann in einem zweistufigen Verfahren mit einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb Generalunternehmer bewerben könnten.
Im September 2024 soll dann der Auftrag für den Neubau der HBG vergeben werden. Bis März hofft die Verwaltung laut Westhelle, vier Interessen aussuchen zu können. Diese sollen Optimierungs- und Einsparvorschläge einbringen: „Dann hätten wir verlässliche Zahlen und könnten in die Verhandlungen eintreten.“
An dieser Stelle müssen wir innehalten und alle Bauvorhaben noch einmal genau unter die Lupe nehmen und uns fragen: Was würde ein Worst-Case-Szenario für die Bürger und den Hebesatz bedeuten?
Wie berichtet, soll die neue Gesamtschule mindestens 70 Millionen Euro kosten, aufgrund der Inflation sowie der Zuschläge für den Generalunternehmer und mögliche Risiken wurden aber auch bereits 142 000 Euro genannt. „An dieser Stelle müssen wir innehalten und alle Bauvorhaben noch einmal genau unter die Lupe nehmen und uns fragen: Was würde ein Worst-Case-Szenario für die Bürger und den Hebesatz bedeuten?“, betonte Becker: „Stand heute steht aufgrund der aktuellen Grundlagen keine Hebesatzerhöhung für die Grundsteuer B für 2024 im Raum.“
Sobald die Ergebnisse der Ausschreibungen da sind, werde den Gremien eine Vorlage zur Entscheidung präsentiert, dann werde sich zeigen: „Können wir bauen? Können wir abspecken?“ Dies gelte auch für weitere große Bauprojekte, etwa den Neubau des HallenFreizeitBades, die Sanierung der Europaschule oder den Bau neuer Kitas. Die Sanierung von Straßen ist dabei laut Becker noch gar nicht berücksichtigt.
Bebauungsplan Me 18 in Merten
In der gleichen Sitzung verabschiedete der Stadtrat einstimmig den Satzungsbeschluss für das Neubaugebiet Me 18 in Merten zwischen Händelstraße und der Stadtbahnlinie 18, in dem auch die HBG gebaut werden soll. Investor ist die Montana Wohnungsbau GmbH aus Bad Honnef, mit der die Stadt einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen hat.
Sowohl im Stadtentwicklungsausschuss (SteA) als auch nun im Rat stimmten alle außer der SPD dafür, was für hitzige Diskussionen in beiden Gremien sorgte. Den Sozialdemokraten war der im Vertrag festgelegte Anteil an sozial geförderten Wohnungen zu gering. Im SteA hatte es daher bereits am Mittwoch einen emotionalen Schlagabtausch mit Heiko Bartelt, Geschäftsführer der Montana gegeben, der das Projekt noch einmal vorstellte und verteidigte.

Der Investor Montana wird die marode Händelstraße sanieren. Die Betonwand zum Obstbetrieb Schmitz-Hübsch wird dann abgerissen.
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Montana möchte in dem Neubaugebiet sechs Einfamilienhäuser, 61 Doppelhäuser mit 122 Wohneinheiten, 22 Reihenhäuser mit 70 Wohneinheiten sowie 12 Mehrfamilienhäuser mit 162 altersgerechten, teilweise barrierefreien Wohnungen, davon 50 sozial geförderte Wohnungen bauen. Die SPD hätte gerne mehr sozial geförderte Wohnungen. Sie beruft sich auf die aktuelle Situation am Wohnungsmarkt und auf die vom Rat Anfang des Jahres mehrheitlich festgelegte Quote von mindestens 25 Prozent sozial geförderter Wohnungen in Neubaugebieten. Dies gilt allerdings erst für künftig zu entwickelnde Neubaugebiete und nicht rückwirkend. Der Aufstellungsbeschluss für Me 18 wurde bereits 2018 gefasst.
„Dieser Vertrag ist für uns nicht akzeptabel. Das ist für uns ein bitteres Ergebnis. Wir sollten mit dem Investor auf Augenhöhe noch einmal das Gespräch suchen, um zu einer anderen Regelung zu kommen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Wilfried Hanft, der von „Hinterzimmerpolitik zu den Vereinbarungen“ sprach.
Harsche Kritik schlug den Sozialdemokraten von den anderen Fraktionsvertretern entgegen: „Würden wir gegen den städtebaulichen Vertrag stimmen, würden wir am Ende gar nichts bauen. Auch wir hätten uns mehr sozial geförderte Wohnungen gewünscht, aber wir haben es immerhin geschafft, dass 50 solcher Wohnungen drin sind. Ich kann Ihre Argumentation nicht nachvollziehen“, sagte Markus Hochgartz (Grüne).
SPD-Verhalten irritiert andere Fraktionen
Die Reaktion der SPD sei zudem „irritierend“. Dies sei keine nachvollziehbare Politik, meinte Sascha A. Mauel (CDU) und bezeichnete die Haltung der SPD als „in hohem Maße unzuverlässig“. Sie würde sowohl den Baustart von Me 18, den Neubau der HBG als auch „mittelbar Bornheim als verlässlichen Investitionsstandort und Projektplaner“ gefährden. Sein Fraktionskollege Rüdiger Prinz merkte an: „Sie wollen nur ein reines Gewissen gegenüber Ihren Wählern haben, weil Sie wissen, dass Me 18 sowieso kommt, weil alle anderen Fraktionen dafür stimmen, deswegen sind Sie dagegen.“
Hans Gerd Feldenkirchen (UWG/Forum) erklärte: „Mir ist es lieber, die Montana baut weniger sozial geförderte Wohnungen als gar keine. Wir dürfen das nicht blockieren.“ Matthias Kabon (FDP) zeigte sich nach dem jahrelangen Prozess „verwundert“ über das Verhalten der SPD, und Björn Reile (ABB) sagte: „Wir haben die Grundlage 2018 geschaffen. Herr Bartelt hat uns mehr gegeben, als ursprünglich festgelegt. Auch ich kann das Verhalten der SPD nicht nachvollziehen.“
Auch Bürgermeister Becker äußerte sich auf die SPD-Reaktion hin: „Ihren Hinweis auf Hinterzimmerpolitik teile ich nicht. Es gab, wie üblich, politische Vorgespräche in interfraktionellen Runden.“ Danach sei innerhalb der Fraktionen und schließlich öffentlich in den politischen Gremien diskutiert und entschieden worden. Und weiter: „Auch ich hätte mir mehr sozial geförderten Wohnungsbau gewünscht, aber wir als Stadt halten uns daran, was wir 2018 vereinbart haben und möchten als verlässlicher Partner dastehen.“ Der Erste Beigeordnete Manfred Schier erinnerte daran, dass der Investor bereits von den ursprünglich geplanten 34 sozial geförderten Wohnungen während der Verhandlungen den Bau weitere 16 solcher Wohnungen zugesagt habe.
Städtebaulicher Vertrag mit Montana
Der städtebauliche Vertrag beinhaltet aber nicht nur den Bau von 360 neuen Wohneinheiten, sondern auch mehrere Infrastrukturmaßnahmen. So wird der Investor beispielsweise die marode Händelstraße sanieren, zwei Anbindungen an die Bonn-Brühler-Straße (L 183) schaffen, mit einem Kreisverkehr an der Lannerstraße und einer Ampelanlage an der Händelstraße. Zudem legt die Montana die Entsorgungsleitungen auf die Grundstücke des geplanten Schulneubaus und des Kita-Grundstückes an der Lannerstraße, baut ein Regenrückhaltebecken und eine begrünte Lärmschutzanlage. Voraussichtlich 2025 könnten dann die ersten Häuser und Wohnungen bezogen werden.