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Ein Schnellkurs in US-PolitikEhemalige US-Kongressabgeordnete besuchen Europaschule Bornheim

Lesezeit 5 Minuten
Die ehemaligen US-Kongressabgeordneten Brenda Lawrence und Bob Goodlatte (auf dem Podium, 2. und 3. v.l.) besuchten die Europaschule Bornheim. Schüler moderierten das Gespräch.

Die ehemaligen US-Kongressabgeordneten Brenda Lawrence und Bob Goodlatte (auf dem Podium, 2. und 3. v.l.) besuchten die Europaschule Bornheim. Schüler moderierten das Gespräch.

Die ehemaligen Kongressabgeordneten Brenda Lawrence und Bob Goodlatte besuchten die Europaschule Bornheim und beantworteten die Fragen der Schüler zur US-Politik.

Acht Stimmen für Donald Trump, sieben für Kamala Harris. Das Ergebnis, ziemlich nah am richtigen Leben, überraschte den ganzen Englisch-Grundkurs in der Jahrgangsstufe 12 der Europaschule Bornheim. Lehrer Benjamin Becker hatte noch vor der US-Wahl mit seinen Schülerinnen und Schülern die Präsidentschaftswahl simuliert und alle waren eigentlich von einem klaren Sieg für die Demokratin Harris ausgegangen. Die Mehrheit sollte Recht behalten. Becker hatte seine Schüler damit auf den Besuch zweier ehemaliger US-Kongressabgeordneter in der Schule vorbereitet. Ziel ist es, die amerikanische Politik besser zu verstehen.

„Wie auch im wahren Leben hatten wir im Kurs Menschen, die ernsthaft ihre Stimme abgegeben haben und andere, die sich einen Spaß daraus gemacht haben. Dazu kommen dann die Protestwähler“, sagte Becker. Er war bis 2022 Direktor des Vereins „AmerikaHaus NRW“. Erst seit kurzem ist der 41-Jährige Lehrer. Er holte sein Referendariat nach und unterrichtet nun seit drei Monaten Englisch und Geschichte an der Europaschule Bornheim. Er war es auch, der die beiden ehemaligen US-Kongressabgeordneten zu einem Gespräch an die Bornheimer Schule holte.

Wie auch im wahren Leben hatten wir im Kurs Menschen, die ernsthaft ihre Stimme abgegeben haben und andere, die sich einen Spaß daraus gemacht haben. Dazu kommen dann die Protestwähler.
Benjamin Becker, Lehrer

Brenda Lawrence ist Demokratin und war von 2015 bis 2023 Vertreterin des Staates Michigan im Repräsentantenhaus. Robert „Bob“ Goodlatte ist Republikaner. Von 1993 bis 2019 war er Vertreter des Staates Virginia im Repräsentantenhaus. Einmal im Jahr lädt das „AmerikaHaus NRW“ ehemalige Kongressabgeordnete der beiden großen Parteien ein. Das Projekt „Congress to Campus“ führte Brenda Lawrence und Bob Goodlatte, die beide zum ersten Mal teilnehmen, eine Woche durch NRW mit dem Ziel, jungen Menschen transatlantische Beziehungen näher zu bringen. So sollen sie die Politik in den USA besser verstehen und welche Auswirkungen diese auf Deutschland hat, erklärte Viktoria Harbecke, seit 2022 Direktorin des Vereins.

Alles zum Thema Donald Trump

Bornheim: Auch Schüler anderer Schulen sind dabei

Um kurz vor 9 Uhr füllte sich die Aula der Bornheimer Europaschule nicht nur mit eigenen Schülern. Eingeladen waren auch das Anno-Gymnasium aus Siegburg und die Marie-Kahle-Gesamtschule aus Bonn. Um die 300 Zuhörer waren es insgesamt. Moderiert wurde das Gespräch von Schülern der Jahrgangsstufe 12. Maja Gellrich (17), Lena Schwarz (17) und Omar Annahhas (19) nahmen auf der Bühne neben Brenda Lawrence und Bob Goodlatte platz.

„Die Wahlen müssen diskutiert und erklärt werden“, sagte Benjamin Becker, bevor er an die Moderatoren übergab. „Kam das Wahlergebnis für Sie überraschend?“, frage Omar Annahhas. „Ich habe mir ein anderes Ergebnis gewünscht“, gab Brenda Lawrence zurück: „Donald Trump ist nicht meine Wahl. Ich kann das Ergebnis akzeptieren, denn ich glaube an die Demokratie. Dass keine Frau gewonnen hat, bricht mir das Herz.“ Für Bob Goodlatte ist Trumps Wahlsieg nicht überraschend gewesen. Es sei ein „großartiges Comeback“. Donald Trump habe es sich verdient, Präsident zu sein, so der Republikaner.

„Sollte jemand, gegen den Strafverfahren laufen, Präsident werden?“, lautet die nächste Frage. „Das war den Wählern bekannt, sie haben trotzdem für Donald Trump gestimmt“, so Bob Goodlatte: „Der Wahlsieg ist ein Neustart.“ Brenda Lawrence konnte nur den Kopf schütteln darüber, dass Trump trotz der Verfahren gegen ihn gewählt wurde. Mit Kamala Harris hätten die Demokraten eine ehrliche Kandidatin gehabt, die sich aber in jeder Rede habe wehren müssen gegen Trumps Anschuldigungen und Lügen. Brenda Lawrence kündigte an, dass die Demokraten während der Amtszeit Donald Trumps in den kommenden vier Jahren sehr präsent sein würden. Trump werde kein Alleinentscheider, ist sie sich sicher. Bob Goodlatte sagte dazu: „Dank der Gewaltenteilung ist es gar nicht möglich, dass Donald Trump so etwas wie ein König oder Diktator wird.“

Europaschule Bornheim: Fragen nach der US-Wahl

Des Weiteren interessierte die Schüler die Meinung ihrer Gäste zum Thema Abtreibungsgesetz. Im Juni 2022 hatte der Oberste Gerichtshof der USA das liberale Abtreibungsrecht gekippt und entschieden, die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch den einzelnen Bundesstaaten zu überlassen. Das führt dazu, dass die USA im Abtreibungsrecht zu einem Flickenteppich werden und Frauen mitunter in weit entferntere liberale Bundesstaaten reisen. Bob Goodlatte sprach sich für die Lebensrechtsbewegung „Pro-Life“ aus. Brenda Lawrence fand, dass diese Entscheidung jede Frau selbst treffen solle und sich die Regierung nicht einzumischen habe. „Es gibt kein Gesetz, dass Männern vorschreibt, was sie mit ihrem Körper zu tun haben“, bemerkte Lawrence: „Ich bin Pro-Women und Pro-Choice“. Hier wurden die unterschiedlichen Positionen ganz deutlich.

„Hat Kamala Harris die Wahl verloren, weil sie eine Frau ist?“, hieß die nächste provokante Frage. „Das ist einer der Gründe“, ist Brenda Lawrence überzeugt. Es gebe eben immer noch einige, die einfach keine Frau als Präsidentin wollen.

Wer ist der bevorzugte Präsidentschaftskandidat? Im Deutsch-Amerikanischen Zentrum konnte man seinen Favoriten anklicken.

Wer ist der bevorzugte Präsidentschaftskandidat? Im Deutsch-Amerikanischen Zentrum konnte man seinen Favoriten anklicken.

„Ist der American Dream unter einem Präsidenten Trump tot?“, lautete eine Frage aus dem Publikum. Der amerikanische Traum beschreibt die Vorstellung, dass jeder Mensch durch harte Arbeit und unabhängig vom sozialen Stand in der Zukunft einen höheren Lebensstandard erreichen kann. „Natürlich sei es schwierig, die Zukunft vorherzusagen“, antwortete Bob Goodlatte, „aber mit dem Wahlspruch ‚Make America Great Again‘ knüpft Donald Trump an den American Dream an.“ Für Brenda Lawrence ist der American Dream etwas ganz Besonderes. Sie blickt mit Optimismus und Hoffnung in die Zukunft, sagt aber auch: „Die nächste Generation darf auf jeden Fall nicht weniger Rechte haben als wir.“

Europaschule Bornheim: Fragen nach US-Waffengesetz

Die abschließende Frage betraf das Waffengesetz in den USA. „Das ist eine Debatte, die niemand führen will. In den USA haben wir mehr Schusswaffen als Menschen“, bedauerte Brenda Larence. Das Problem sei laut Bob Goodlatte, dass einige beim Ausfüllen der Formulare beim Waffenkauf lügen. Es gelte, die bestehenden Gesetze durchzusetzen. „Wir müssen uns dringend zusammensetzten und darüber reden“, sagte Brenda Lawrence.

Die Schüler hätten noch viele weitere Fragen gehabt, aber für Brenda Lawrence und Bob Goodlatte schloss sich direkt der nächste Termin an der Universität Bonn an. Für die Gäste und die Moderation gab es lauten Applaus. „Ein ganz wundervolles Programm“, bemerkte Goodlatte. Auch Lehrer Benjamin Becker zieht ein positives Fazit und hofft, dass es auch im nächsten Jahr wieder gelingt, ehemalige Kongressabgeordnete an die Europaschule Bornheim zu holen. Zunächst stehe aber an, den Besuch von Brenda Lawrence und Bob Goodlatte nachzubereiten. „Wir werden ganz sicher noch im Unterricht darüber reden“, sagte Becker.