Bonner Landgericht verurteilt 22-JährigenMildes Urteil nach Ausraster in Roisdorf
Bornheim – Es war die pure Wut, als sich am Abend des 17. Juli 2021 auf dem Dorfplatz in Roisdorf zwei Jugendgruppen in die Wolle kriegten. Am Ende gab es zwei Jugendliche – 17 und 18 Jahre alt – , die erheblich am Kopf und Gesicht verletzt waren und denen auch noch ihre Taschen mit Bargeld, I-Pod und Handy abgenommen worden waren. Einer der beiden Täter konnte später in den sozialen Medien identifiziert werden, wurde festgenommen und landete knapp drei Monate in Untersuchungshaft.
Opfer verzichtet auf ein Schmerzensgeld
Wegen dieses „Ausrasters“ wäre der 22-jährige Sohn einer kinderreichen Familie fast im Gefängnis gelandet, denn angeklagt wurde er wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung. Mindeststrafe für einen erwachsenen Täter: fünf Jahre Haft! Vor dem Bonner Landgericht war jetzt sein Prozess: „Ziemlichen Blödsinn“ habe er gemacht, bezeichnete sein Verteidiger Martin Kretschmer nicht ohne Ironie die üble Keilerei auf dem Dorfplatz, die eine Vorgeschichte gehabt habe. Drei Wochen zuvor, so der 22-Jährige, sei es bereits zu einer ersten Begegnung der Gruppen gekommen. Der Angeklagte und sein bislang unbekannter Mitttäter hätten die später geschädigten Jugendlichen nach dem Weg gefragt, die jedoch hätten sich über sie lustig gemacht, hätten sie über einen Zaun hinweg provoziert.
Da eine direkte Auseinandersetzung so nicht möglich war, staute sich der Zorn auf: Als man die „Typen“ wiedersah, habe man sie ärgern wollen – und sie unter anderem aufgefordert, ihre Personalausweise zu zeigen. In einem ersten Gerangel habe der Mittäter einem der Jugendlichen heftig mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Angeklagte selbst nahm sich die Musikbox des 17-Jährigen und schlug sie ihm voll auf den Kopf. Anschließend raubten sie die Bauchtaschen der beiden schwer angeschlagenen Jungen – Gesamtwert der Beute: 1800 Euro – und verschwanden. Nicht ohne noch zu drohen: Man würde sie abstechen, wenn sie etwas gegen sie unternehmen würden.
Der 22-Jährige auf der Anklagebank bereute die Geschichte jetzt sehr und legte ein volles Geständnis ab. „Eine einmalige Situation“, in der sein Mandant versagt habe, so warb Kretschmer für den jungen Mann und plädierte auf einen minderschweren Fall. Der Angeklagte hatte am Ende großes Glück: Denn die 8. Große Strafkammer verurteilte den Ersttäter tatsächlich wegen schweren Raubes im minderschweren Fall zu einem Jahr und neun Monaten Haft mit Bewährung. Ein Urteil, dem auch die Staatsanwältin zustimmte und das damit sofort rechtskräftig wurde.
„Besondere Größe“, so berichtete der Verteidiger anschließend, zeigte der Vater des 17-jährigen Geschädigten, der das Verfahren im Zuschauerraum beobachtet hatte: Nach dem Urteil ging er zu dem jungen Angeklagten, wünschte ihm für sein weiteres Leben alles Gute und versicherte ihm, dass er für die Verletzung seines Sohnes keinerlei Schmerzensgeld fordern werde.