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ErntehelferPflücker sollen noch Geld bekommen – 20 Verfahren anhängig

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Ginseng

Erntehelfer bei der Ernte

Bonn/Bornheim – Für jeden Erntehelfer bei Spargel Ritter in Bornheim war es wichtig, eine Nummer zu haben. Dieses Identitätszeichen wurde beim Einstieg in den Bus, der die Arbeiter zum Feld fuhr, eingescannt, die Nummer musste er draußen wieder erfassen lassen, wenn er eine Kiste gepflückter Erdbeeren zur Waage brachte. Danach wurde, wenn er im Akkord arbeitete, sein Lohn bemessen.

Derlei Einzelheiten aus dem Leben von Wanderarbeitern erfährt, wer sich ins Bonner Arbeitsgericht begibt, vor dem nach der Insolvenz des landwirtschaftlichen Betriebs 20 Verfahren anhängig sind. Darin geht es vor allem um Lohnzahlungen an ehemalige Erntehelfer. Kläger sind zumeist aus Rumänien stammenden Erdbeerpflücker und Spargelstecher, vertreten durch die Rechtsanwälte Stefan Hübner und Harald Klinke, Beklagter ist jeweils der Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen, vertreten durch seinen Kompagnon Jürgen Bühs.

Parteien streben Vergleiche an

Die Parteien, das wurde gestern in mehreren Güteterminen vor der 6. Kammer deutlich, sind an außergerichtlichen Vergleichen interessiert. „Wir gucken nicht auf den Cent“, machte Bühs klar, dass der Insolvenzverwalter zu Kompromissen bereit ist. Aber im Ungefähren bleibt noch, bis zu welchem Termin eine noch ausstehende Entlohnung gezahlt wird.

Am 20. Mai nämlich sollen auf dem Hof an die Arbeitnehmer Abschlagszahlungen verteilt worden sein; dabei soll laut Anwalt Hübner der Personalchef des Betriebs dem Leiter des Sicherheitsdienstes Entlassungspapiere in die Hand gedrückt haben. „Ihr kriegt jetzt alle die Kündigung“, soll der Securitymann gerufen und die Erntehelfer namentlich herbeizitiert haben, worauf sich die Betroffenen aber geweigert hätten, die Papiere anzunehmen. Dennoch war an diesem Tag ihr Arbeitsverhältnis beendet, obwohl sie teilweise bis in den Juni und Juli datierte Verträge hatten.

Eine Frage des Rechnens

In den Vergleichsgesprächen wird es nun darum gehen, den Entlassenen vom jeweils individuellen Tag der Arbeitsaufnahme bei Ritter bis zu einem fiktiven Termin Lohn auf der Basis von 10 Euro pro Stunde zu zahlen, ohne diejenigen zu benachteiligen, die im Akkord teilweise auf 20 Euro gekommen wären. Hinzu gerechnet wird zu einem Drittel ein sogenannter Annahmeverzugslohn. Den bekommen Arbeitnehmer, wenn sie ihre Arbeitskraft anbieten, der Arbeitgeber jedoch ablehnt.

Angenommen, ein Erdbeerpflücker hätte noch 2200 Euro Entgelt offen, bekäme er an Verzugslohn 750 Euro. Richterin Dagmar Schramm („Wir schlagen Pflöcke ein“) regte den 19. Juni als Bemessungsgrundlage an, Bühs dachte eher an Pauschalen, Klinke und Hübner lagen auf der Linie des Vorschlags der Richterin. Bereits draußen vor der Tür machten sich die Anwälte ans Rechnen.