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Zu Gast in BornheimBettina Böttinger im Ortsgespräch

Lesezeit 4 Minuten
Bettina Böttinger sitzt auf der Bühne neben Dominik Pinsdorf.

Angeregt unterhielten sich Bettina Böttinger und Dominik Pinsdorf in der Oase der Europaschule.

„B. trifft D.“: Sehr groß war das Interesse am 19. „Bornheimer Ortsgespräch“, zu dem Bornheims Ortsvorsteher Dominik Pinsdorf in die Oase der Europaschule eingeladen hatte. Zu Gast war diesmal die Journalistin und frühere TV-Talkerin Bettina Böttinger.

Rund 100 Zuhörer erlebten die Wahl-Kölnerin sehr persönlich, nachdenklich, humorvoll, aber auch selbstkritisch. Eineinhalb Stunden stellte sie sich den Fragen Pinsdorfs und der Zuschauer. Die 68-Jährige, die in den 1980er Jahren ihre journalistische Karriere bei der Bonner Rundschau begann und später beim WDR fortsetzte, ist nicht nur bekannt für die von ihr moderierten Talkshows „B. trifft“ und „Kölner Treff“ (bis 2023), sondern auch für ihr soziales Engagement gegen Rassismus und für die queere Community. Böttinger lebt mit ihrer Frau Martina Wziontek abwechselnd in Köln und in der Eifel.

Aktuell bewegt sie vor allem die politische Situation, der zunehmende Rechtspopulismus, das Erstarken der AfD, die Wahl Donald Trumps in den USA und zunehmende Hetze in den sozialen Medien sehr. Zu den bevorstehenden Bundestagswahlen am 23. Februar meinte sie: „Wer bei Verstand ist, muss sich Sorgen machen.“ Da die rechten Strömungen die sozialen Netzwerke fluteten, setze sie mit prominenten Mitstreitern wie Guido Maria Kretschmer oder Annette Frier und der Aktion „DuUndIchFürDemokratie“ einen Kontrapunkt. Die Demokratie sei durchaus gefährdet, die Menschen müssten sich neu sortieren: „Wir müssen dem aktiv entgegentreten. Wenn wir uns ins Private zurückziehen, ist das keine Lösung.“

Unglücklicher Post auf X

Doch ausgerechnet Böttinger geriet in den vergangenen Tagen durch einen unglücklich gesetzten Post, den sie im sozialen Netzwerk X hinterlassen hatte, in das „Epizentrum“ eines Shitstorms, den sie nicht nur zutiefst bereue, sondern selbst als „mediale Entgleisung einstuft“ , wie sie in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte und auch am Freitagabend auf Nachfrage Pinsdorfs in Bornheim wiederholte.

Was war geschehen? Böttinger teilte ein Video, das palästinensische Zivilisten zeigt, die nach dem Waffenruheabkommen zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas gemeinsam mit Hamas-Kämpfern dieses Abkommen feiern. Das Video stammt ursprünglich von einem pro-israelischen Account, der den Clip mit „Animals“ (also „Tiere“) beschrieben hat. Böttinger postete daraufhin: „Nein, Tiere haben die Würde, die diese Idioten nicht haben“. Dieser Retweet löste besagten Shitstorm aus.

Mit diesem Kommentar habe sie anderen Menschen die Würde abgesprochen: „Das darf man nicht, ich habe es aber getan. Ich war auch nicht irgendwie von Sinnen oder so. Ich habe mich darüber so geärgert und war so wütend, dass ich den Text daruntergeschrieben habe. Sie können dann diesen Shitstorm aber nicht mehr beeinflussen und auch nicht mehr stoppen.“ Als Kommunikationsprofi, der sie sei, hätte sie sich niemals darauf einlassen dürfen.

Auch ihr Auftraggeber, der WDR, für den sie weiterhin mit ihrer Firma den „Kölner Treff“ produziert, wurde angegriffen, sich von ihr zu distanzieren: „Glauben Sie mir, ich habe jetzt eine nicht so gemütliche Woche hinter mir und entschuldige mich, dass ich Menschen ihre Würde abgesprochen habe. Das war nicht nur missverständlich, sondern böse.“ Sie habe nicht nur viele Anfeindungen bekommen bis hin zu Morddrohungen, sondern sich auch selbst beschädigt und viele enttäuscht, die sie für eine überlegte und anständige Person halten würden. Daher dankte Böttinger Gastgeber Pinsdorf, dass er das Thema aufgegriffen hatte und sie Gelegenheit bekam, die Sache klarzustellen.

„Damals ein heikles Thema“

Der Bornheimer Ortsvorsteher wollte von Böttinger auch wissen, wie es war, als sie 1987 beim WDR angefangen hatte und damals schon bekannt war, dass sie offen lesbisch sei: „Das war damals ein heikles Thema und es waren harte Zeiten, aber Aufgeben war für mich nie eine Option.“ Dafür gab es spontanen Applaus aus dem Publikum. Sorge bereite ihr heutzutage, dass die AfD die Ehe für alle wieder abschaffen möchte. Pinsdorf und einige Gäste fragten nach, was ihr wichtig war im Umgang mit ihren Gästen in ihren Talkshows? „Ich bin in meinen Interviews nie nach Schema F vorgegangen. Ich habe mich immer gut auf meine Gäste vorbereitet, damit sie sich auch wohlfühlen. Nimmt man die Menschen ernst, kommt sehr viel in den Gesprächen rüber. Ob prominent oder nicht: Es gibt kein langweiliges Leben.“

Und was wünscht sich Bettina Böttinger für die Zukunft? „Für unser Land und für unsere Demokratie wünsche ich mir einfach mehr Freude. Ich habe das Gefühl, dass im Moment eine sehr schlechte Stimmung herrscht, und wir sollten uns nicht nur von den Krisen durschütteln lassen, sondern auch glückliche Momente erfassen und schöne Momente zulassen, auch wenn die Zeiten noch härter werden, davon bin ich überzeugt. Trotzdem sollten wir mit einer gewissen Zuversicht aufeinander zugehen. Ein Lächeln tut wirklich einfach mal gut.“

Nächster Gast ist Frank Plasberg. Der TV-Journalist (ehemals „Hart aber fair“) stellt sich am 29. Januar um 19 Uhr in der Europaschule den Fragen Dominik Pinsdorfs. Anmeldung unter: dominik.pinsdorf@gmx.de.