Auch Apotheker aus dem Rhein-Sieg-Kreis beteiligen sich am bundesweiten Protesttag kommenden Mittwoch in Düsseldorf und schließen ihre Geschäfte.
Apotheker aus Bornheim vor Protesttag„Uns fehlt der Respekt der Politik“
„Wir improvisieren schon jeden Tag, um die Patienten zu versorgen.“ Christoph Matuschik, seit Jahresbeginn neuer Chef in der Bornheimer „Donatus-Apotheke“, liebt seinen Beruf als Apotheker, wie er selbst sagt. Aber die Randumstände machten es ihm und seinen Kollegen derzeit extrem schwer. Knappe Medikamente, gekürzte Einnahmen, kaum Nachwuchs – der Groll darüber soll sich am kommenden Mittwoch in Düsseldorf während eines Protesttages Bahn brechen. Matuschik ist ebenso dabei wie die meisten seiner Kollegen und schließt seine Apotheken in Bornheim und in Bad Honnef. Das Leitmotiv des Protestes lautet: „Apotheken kaputt sparen, Arzneimittelversorgung gefährden. Nicht mit uns!“
„Massive Lieferengpässe, überbordende Bürokratie und immer höhere Anforderungen der Krankenkassen machen die Patientenversorgung von Tag zu Tag schwieriger. Hinzu kommt ein immer weiter eskalierender Fachkräftemangel“, schreibt die Apothekerkammer Nordrhein und nennt die Arzneimittelversorgung aktuell „unzumutbar“. Diese Einschätzung teilt auch Christoph Matuschik: „Der bürokratische Aufwand wird immer größer, es fehlen Honoraranpassungen. Ganz im Gegenteil wurde uns das Honorar pro Packung noch um 23 Cent gekürzt.“ Die Folge: „Wir haben einen Apothekenstand von 1975, Tendenz weiter sinkend“, sagt Matuschik.
Fakten, die die Apothekerkammer bestätigt: „Insbesondere die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken hat sich dramatisch verschlechtert. So wurden die gesetzlich festgelegten, fixen Honorare für die Apotheken seit zehn Jahren nicht erhöht. Und das bei kontinuierlich und sprunghaft steigenden Lohn-, Energie- und Zinskosten“, erklärt Jan Ganske, Pressesprecher der Apotheken im Rhein-Sieg Kreis. Die Folge sei „ein sich immer weiter beschleunigendes Apothekensterben, insbesondere im ländlichen Bereich.“ Ende März dieses Jahres sei ein der historisch niedrigste Stand seit 40 Jahren in Deutschland erreicht. Das heiße auch, dass die Wege zu einer diensthabenden Nacht- oder Notdienstapotheke für Patienten immer weiter werden.
Christoph Matuschik treibt noch eine weitere Sorge um: „Uns läuft das Fachpersonal weg! Der Nachwuchs entscheidet sich für andere Fachrichtungen.“ Ihnen fehle die wirtschaftliche Perspektive. Hinzu komme, dass viele seiner Kollegen in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, aber keine Nachfolger finden. „Da werden noch viele Schließungen kommen“, so der Bornheimer Apotheker. Und wenn Apotheken einmal geschlossen sind, sei es schwer, sie wieder zu öffnen. Er selbst sei vor drei Jahren das Risiko eingegangen, sich selbstständig zu machen: „Das war mein Traum, und dafür protestiere ich jetzt.“
All das sei „das Ergebnis der Politik der vergangenen Jahre“, kritisiert Matuschik. Obwohl viele Kollegen schon 2022 gewarnt hätten, es gebe absehbar Lieferengpässe bei Fiebersäften für Kinder, sei nicht reagiert worden. „Ich kenne Kinder, die schon im Krankenhaus mit Infusionen behandelt werden mussten bei einer Erkältung, die man eigentlich mit Säften im Kinderzimmer behandelt. Das treibt natürlich die Kosten weiter in die Höhe.“
Die Apothekerkammer Nordrhein formuliert es drastischer: „Diese Politik gefährdet massiv die persönliche, wohnortnahe und flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bürgerinnen und Bürger“, so Jan Ganske, Pressesprecher der Apotheken im Rhein-Sieg Kreis. Finanzielle Gründe waren es auch, die Kai Praefke dazu bewogen, seine „Adler“-Apotheke Vor dem Dreeser Tor in Rheinbach zum 3. Juni zu schließen. „Wenn man sich selbst ausbeuten möchte, sich allein in die Apotheke stellt und noch alle 14 Tage Notdienste übernimmt, dann kann man das machen“, sagt Praefke. Drei Jahre lang hatte er die seit 1987 alt eingesessene Apotheke im Filialverbund mit der Apotheke im Ärztehaus an der Keramikerstraße und hat sich jetzt von einem Standort verabschiedet. Praefke hat sich neu orientiert und die „Auerberg Apotheke“ in Bonn übernommen. Wie ausgeprägt mittlerweile der Personalmangel ist, hat er auch erlebt: „Ich habe für Rheinbach eine Filialleiterin gesucht und nur durch Zufall jemanden gefunden“, so Praefke. Natürlich sei er auch kommende Woche in Düsseldorf dabei, sagt der Apotheker. Er unterschreibt alle Kritikpunkte, die auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) vorbringt: Lieferengpässe, Personalnot und eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung.
Ins Gespräch kommen
Es ist aber nicht nur das Geld, auf das es ankommt. „Die Kunden haben uns gedankt, gerade nach Corona“, hat Christoph Matuschik erlebt. Die Versorgung der Patienten sei denn auch der Grund, zu protestieren. Auf Landesebene gebe es bereits eine breite Unterstützung für die Anliegen, nicht aber im Bund: „Da wird lieber diskutiert, ob man Cannabis legalisiert.“ Es sei aber wichtig, überhaupt ins Gespräch zu kommen: „Es geht um die Zukunft unseres Berufsstandes!“
Im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis machen wohl alle Apotheken am Aktionstag mit und schließen ihre Geschäftsräume. Die medizinische Versorgung soll beispielsweise über die „Sonnen Apotheke“ in Alfter, Kronenstraße 6, sichergestellt werden. www.apothekennotdienst-nrw.de