„Anne Frank 90“Robert-Wetzlar-Berufskolleg zeigt emotionale Ausstellung
Bonn – Mit Rassismus und Antisemitismus setzen sich zurzeit Schüler verschiedener Bildungsgänge des Robert-Wetzlar-Berufskollegs intensiv auseinander. Dabei gehen sie auch der Frage nach, welche Bedeutung die Erinnerung an den Holocaust für die Gegenwart besitzt. Der Grund für die Studien ist 90 Jahre her, es handelt sich um den Geburtstag von Anne Frank. Bundesweit erinnerten am Mittwoch rund 40 000 Schüler an das jüdische Mädchen, ihr bewegendes Tagebuch sowie an die sechs Millionen Opfer des Holocaust. Der Bonner Berufskolleg beteiligte sich als Unesco-Projekt-Schule an den Aktionstag und präsentierte die Ausstellung „Anne Frank 90“.
„Der ,Anne Frank Tag’ motiviert junge Menschen, sich für eine vielfältige und demokratische Gesellschaft einzusetzen, wie sie am Robert-Wetzlar-Berufskolleg im Kleinen täglich gelebt wird“, erklärte Lehrerin Eva Lückerath. Bereits in der vergangenen Woche sei in den Klassen der Jugendwerkstatt im Bereich der vorberuflichen Bildung ein mehrwöchiges Projekt gestartet. Bestandteile seien unter anderem Workshops in Kooperation mit dem Kölner EL-DE-Haus am Appellhofplatz, das von 1935 bis 1945 Sitz der Kölner Gestapo war, und ein Besuch des ehemaligen Gestapo-Gefängnisses in Köln.
„Vorwissen ist ganz unterschiedlich“
„Auch Schülerinnen und Schüler der Höheren Berufsfachschule Gesundheit und Soziales thematisieren in einem mehrwöchigen Projekt das Judentum und den Antisemitismus und führen darüber hinaus selbst einen Projekttag durch, an dem sie sich insbesondere mit dem Nationalsozialismus in Bonn und der offiziellen Erinnerung der Stadt befassen“, so Lückerath.
Beke Ritgen vom Verein „Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum Bonn führte die Schüler an zentrale Orte dieser Erinnerung. „Auch angehende Erzieherinnen und Erzieher sowie Auszubildende der Bildungsgänge Hotel- und Gaststättengewerbe, Ernährung und Hauswirtschaft sowie Körperpflege besuchen in ihrem Unterricht die Ausstellung und befassen sich mit Anne Frank und ihrer Geschichte und Bedeutung“, so die Lehrerin.
„Das Vorwissen ist bei unseren Schülern ganz unterschiedlich“, so Lehrerin Julia Anpach. Deshalb werde mit den Jugendlichen auch über „kulturelle und individuelle Erinnerung“ gesprochen. Das sei zum Beispiel bei ausbildungsbegleitenden Praktika in Krankenhäusern und Pflegeheimen sinnvoll, bei denen man mit alten Menschen ins Gespräch komme.
Vortrag zur Reichspogromnacht
Als einen „Weckruf“ sieht Schulleiterin Birgit Hufnagel das „Anne Frank Jubiläum“. Das Robert-Wetzlar-Kolleg sei eine „Schule ohne Rassismus“ und habe selbst Schüler aus 60 unterschiedlichen Nationen. Da sei es selbstverständlich, „antisemitischen Bewegungen, die es immer noch und auch wieder in Deutschland gibt“, zum Thema zu machen. Mulham Habboush (20) hielt einen Vortrag zur Reichspogromnacht und die Auswirkungen auf Deutschland nach dem Krieg mit seiner Vielvölkerkultur. Die Projektwoche findet er gut.
Der ehemalige Gymnasiast aus Neunkirchen-Seelscheid erklärte: „Bisher wusste ich nicht viel von dem Thema. Wenn man sich etwas selbst erarbeiten muss, ist das immer gut.“ Über Antisemitismus und Judenfeindlichkeit habe er im privaten Umfeld schon etwas gehört. „Die Einstellung dazu hängt auch immer vom Elternhaus ab“, so der Fachabiturient mit Schwerpunkt Gesundheit und soziales. Das Thema war eingebettet im Religions-, Politik- und Deutschunterricht.
„Es geht auch darum, aktuelle Formen von Rassismus und Antisemitismus zu bekämpfen“, betonte Anpach. „Die Schüler erkennen, dass Juden Menschen wie du und ich sind“, so die Lehrerin. „Ich denke schon, dass sie dann nicht mehr empfänglich für rassistisches und antisemitisches Gedankengut sind.“
Zur Person
Die Ausstellung „Anne Frank 90“ zeigt auf acht großformatigen Plakaten die Lebensgeschichte des Mädchens, das am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren wurde und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit ihrer jüdischen Familie in die Niederlande emigrierte. Nach der Besatzung durch die Wehrmacht versteckte sich die Familie Frank in Amsterdam mehrere Jahre vor den antisemitischen Verfolgungen. In dieser Zeit, zwischen 1942 und 1944, schrieb Anne Frank ihr später weltberühmtes Tagebuch. Am Morgen des 4. August 1944 wurde die Untergetauchten entdeckt, verhaftet und deportiert. Anne Frank starb 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen im Alter von 15 Jahren. (wki)
Die Ausstellung „Anne Frank 90“ ist noch bis zum 21. Juni in der Schule ausgestellt. Bis dahin gibt es auch noch verschiedene Aktionen für die Schüler.