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IHK-KonjunkturberichtEtwas bessere Stimmung in der Wirtschaft in Bonn/Rhein-Sieg

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Ein Auszubildender zum Zerspanungsmechaniker arbeitet an einer Drehmaschine in der Auszubildenden-Werkstatt des Schreibgeräteherstellers Montblanc.

Positiver als zuvor, aber noch keine Trendwende in Sicht: Das sagt der IHK-Konjunkturklimaindex. (Symbolbild)

Die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg stellt ihren Konjunkturbericht vor, bei dem sie 1400 Mitgliedsunternehmen befragt haben.

Das Wirtschaftsklima in der Region hat sich wieder verbessert – das geht aus dem sogenannten IHK-Konjunkturklimaindex für den Frühsommer 2024 hervor. Dafür wurden rund 1400 Mitgliedsunternehmen der Kammer nach ihrer derzeitigen Lage und ihren Erwartungen befragt. Die Ergebnisse dieser Umfrage stellten nun Stefan Hagen, Präsident der IHK Bonn/Rhein-Sieg, Dr. Hubertus Hille, Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg, und Michael Schmaus, Referent für Wirtschaftspolitik der IHK Bonn/Rhein-Sieg, vor.

Dienstleistung

Im Dienstleistungssektor beurteilten die Befragten die aktuelle Lage als leicht verbessert. Allerdings zeige sich noch immer eine verbreitete Unsicherheit mit Blick auf geplante Investitionen. Hauptrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung im Bereich Dienstleistung seien die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die Inlandsnachfrage, der Fachkräftemangel und die Arbeitskosten. Die Inlandsnachfrage werde dabei jedoch seltener genannt als zu Jahresbeginn. Gründe sieht die IHK Bonn/Rhein-Sieg in der sinkenden Inflation und auch steigenden Löhnen.

Industrie

„Wir sehen eine knapp positive Lageeinschätzung“, erläutert Hille. Demnach schätzten die Befragten aus der Industrie ihre Situation besser ein als zuvor. Die Erwartungen für die kommenden Monate deuteten darauf hin, dass für viele Unternehmen die Talfahrt der letzten Monate und Jahre gestoppt werden konnte. Insbesondere die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise sei aber ein großes Risiko für die Branche in der Region. „Die Standortbedingungen für die Industrie sind in Deutschland nach wie vor nicht so rosig“, erklärt Hille.

Einzelhandel

„Es ist ein Spiegelbild der Konsumlaune und der Digitalisierung in Deutschland“, so der Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg zu den Ergebnissender Umfrage. Der Einzelhandel kämpfe mit überregionalen Phänomenen wie dem veränderten Konsumverhalten, dem Wandel in den Innenstädten sowie dem Handel im Internet. Das alles führe zu einer pessimistischen Erwartungshaltung bei den Befragten. So bleibe der Einzelhandel das „Sorgenkind“ der regionalen Wirtschaft.

Dabei kämen steigende Löhne sowie ein Rückgang der Inflation wegen der Verunsicherung und hohen Sparneigung der Bevölkerung nicht im Einzelhandel an. Darüber hinaus gebe es allerdings auch hausgemachte Themen, die diese Branche beeinflussten, wie der Verkehr: „Das ist ein Stolperstein“, so Hille. So müssen Autofahrer beispielsweise aktuell wegen eines Verkehrsversuchs auf der Adenauerallee in Bonn mit zwei statt vier Spuren auskommen. So etwas könnte Käufer davon abhalten, in die Stadt zu fahren und dort im Einzelhandel Produkte zu erwerben.

Information und Kommunikation

Eigentlich sei der Bereich Cybersecurity ein immer relevanter werdender, es gebe viel Bedarf in Deutschland, nachzurüsten und besser zu werden. Dies spiegele sich jedoch in der Konjunkturumfrage nicht so wider. Die Erwartung im Bereich Information und Kommunikation sei deutlich negativ. Das könne auch damit zusammenhängen, dass es der Kundschaft dieser Branche nicht gut gehe. Fragten sich Unternehmen, wo sie gut sparen könnten, so würden sie eher Investitionen in diesem Bereich aufschieben, als sie zu tätigen. Eine Zurückhaltung bei Investitionen und bei der Beschäftigung zeige, dass die Branche von ihrer einstigen Rolle als Wachstumstreiber in der Region noch weit entfernt sei.

Verkehr

„Der Verkehrsbereich hängt auch stark an der Industrie“, so Hille. Bei der Konjunkturumfrage habe sich gezeigt, dass sowohl die Lage als auch die Erwartung von den Befragten negativ bewertet wird. „Aber es ist besser als zuvor“, fügt Hille hinzu. Auch bei den Investitionen habe sich die Situation etwas entspannt, für eine Entwarnung sei es aber noch zu früh. Gerade wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen seien als eines der größten Risiken genannt worden. Auch der Fachkräftemangel belaste jedes zweite Unternehmen.

Arbeitsmarkt

Die Umfrage der IHK zeige: Die meisten Unternehmen wollen ihren Personalbestand weiterhin konstant halten. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen habe im Bezirk der IHK Bonn/Rhein-Sieg im Vorjahresvergleich um drei Prozent zugenommen. Aktuell sind fast 31 000 Arbeitslose gemeldet. Entsprechend stieg die Arbeitslosenquote von 5,9 auf 6,1 Prozent. Von diesem Anstieg seien die Bundesstadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis gleich stark betroffen. Im Vergleich dazu habe die Arbeitslosenquote in Deutschland und NRW etwas stärker zugenommen. In NRW stieg sie von 7,2 auf 7,5 Prozent.

Fazit

Trotz besserer Ergebnisse bei der aktuellen Umfrage des Konjunkturklimas zeige sich, dass die Unternehmen noch nicht mit einem nachhaltigen Aufschwung rechneten. „Das Geschäftsklima hat sich zwar etwas aufgehellt, ob die Talsohle durchschritten ist, bleibt allerdings abzuwarten. Aktuell sehen wir noch keine Anzeichen für eine stabile Entwicklung“, sagt IHK-Präsident Hagen: „Es kommt jetzt darauf an, dieses zarte Pflänzchen der konjunkturellen Erholung zu stärken mit klaren Signalen aus der Politik, die Stabilität und Zuversicht vermitteln.“

Dass die Unternehmen aber noch nicht an eine Trendwende glauben, so Hagen, zeige sich etwa bei den geplanten Investitionen. Diese verharrten auf einem niedrigen Niveau. Jedes dritte Unternehmen wolle in Zukunft weniger investieren, nur 21 Prozent planten eine Ausweitung der Investitionen. „Nach wie vor gilt: Wir müssen in Deutschland noch stärker strukturelle Probleme wie marode Infrastruktur, im internationalen Vergleich hohe Kosten für Energie und bürokratische Lasten angehen, um mehr Anreize für Investitionen zu schaffen“, sagt Hille.