Schreibwaren Retz schließtBad Honnef verliert ein weiteres Fachgeschäft
Bad Honnef – Die Bad Honnefer City verliert ein weiteres Fachgeschäft. Das Schreibwarengeschäft Retz in der Fußgängerzone, dessen Geschichte im Jahr 1936 beginnt, schließt Ende Oktober seine Türen.
Allerdings nicht aus wirtschaftlichen Gründen, wie Retz-Inhaber Walter Löbach gegenüber der Rundschau betont, vielmehr laufe der Pachtvertrag für das Geschäft aus. Und weil das Gebäude, in dem sich das Schreibwarengeschäft befindet, im Zuge der Pläne, zwischen Fußgängerzone und Am Saynschen Hof zwei moderne Wohn- und Geschäftshäuser zu bauen, abgerissen werden soll, war eine Verlängerung des Pachtvertrags um weitere fünf Jahre kein Thema. Hinzu komme, dass er 65 Jahre alt sei, so Löbach.
Gleichwohl ist das Aus des Traditionsgeschäfts aus Sicht von Georg Zumsande, dem Vorsitzenden des Vereins Centrum Bad Honnef, in dem sich die Innenstadtgeschäftsleute zusammengeschlossen haben, „wirklich unglaublich schade“ (siehe auch Infokasten).
„Dramatischer Umbruch“
Die Veränderungen in der Bad Honnefer City bezeichnet Georg Zumsande als „dramatischen Umbruch“. Gerade mit Schreibwaren Retz gehe der City „ein wichtiger Anker verloren“, so der Vorsitzende der Gewerbegemeinschaft Centrum Bad Honnef, dessen Vorstand seit Jahren auch Retz-Inhaber Walter Löbach angehört, der sich um die Finanzen des etwa 65 Mitglieder starken Vereins kümmert. Dessen Budget bewegte sich laut Kassenbericht für das Jahr 2018 bei rund 148 000 Euro, davon waren 55 640 Euro Mitgliedsbeiträge und 86 000 Euro Standmieten durch die Veranstaltungen. Zu den herausragenden Events zählt der Martini Markt, der in diesem Jahr aber Corona zum Opfer fällt.
Goldschmied Georg Zumsande verweist auf das bereits geschlossene Wäschemodengeschäft, auch andere City-Händler würden ihr Ladenlokal anbieten oder über die Aufgabe nachdenken. Er selbst wolle mit seiner Goldschmiede auf jeden Fall mindestens noch die nächsten fünf Jahre weitermachen und spricht von einem „Alleinstellungsmerkmal“: Unikat-Schmuck sei stark gefragt; er fühle sich gut aufgestellt.
Allerdings hat Centrum e.V. laut Georg Zumsande Schwierigkeiten, einen neuen Vorstand zusammenzubekommen. Er und Walter Löbach hatten schon vor eineinhalb Jahren angekündigt, nicht mehr zur Verfügung zu stehen (die Rundschau berichtete). (csc)
Das Geschäft wurde nach Angaben von Walter Löbach 1936 vom Buchbindermeister Ernst Retz in der Bergstraße nahe der Kirche gegründet. Später zog das Unternehmen an den Markt, in den 1970er Jahren habe sich die Möglichkeit ergeben, das Gebäude an der Hauptstraße zu kaufen, in dem Retz heute sitzt. Da hatte sich das Geschäft laut Löbach schon auf den Handel von Büroprodukten konzentriert, die Familie Retz habe aber auch Patente auf die Ablage von Behördensystemen gehabt. Bis heute ist das Hauptgeschäft von Retz nicht allein der Verkauf von Schreibwaren im Laden in der Fußgängerzone, sondern die Belieferung von Industrieunternehmen und Behörden mit Büromöbeln und Bürobedarf, wie Walter Löbach betont.
Er hat Schreibwaren Retz vor 20 Jahren von Hermann-Josef Retz übernommen und pachtete die Räume an; das Gebäude selbst sei im Besitz einer Eigentümergemeinschaft geblieben. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und Tätigkeiten unter anderem als Marketingleiter und Verkaufsleiter habe er am 1. Januar 2000 den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Damals habe Retz noch eine Filiale in Siegburg gehabt, die jedoch 2004 geschlossen worden sei. Da sei die Situation ähnlich gewesen wie jetzt in Bad Honnef: Der Mietvertrag sei ausgelaufen und der Standort nicht mehr attraktiv gewesen, nachdem durch die Fußgängerzone keine Boten mehr das Geschäft hätten anfahren können.
In der Bad Honnefer City seien die Kundenzahlen „sehr stark zurückgegangen“, weiß Walter Löbach und spricht von rund 20 Prozent. Zwar habe man den Umsatz halten können, aber: „Tagsüber sind kaum noch Passanten in der City. Das hat sich durch Corona noch verstärkt.“ Durch die Pandemie hätten auch Ältere gemerkt, dass man vieles über das Internet machen könne. Jüngere Leute glaubten ohnehin, dass sie ohne Geschäfte auskämen. Hinzu komme das attraktive Angebot in den Gewerbegebieten und besonders der Umstand, dass nach dem Wegzug von Kaiser’s – in der Immobilie hat inzwischen eine TEDi-Filiale eröffnet – kein Lebensmittelgeschäft mehr in der unmittelbaren City existiere. Nicht zuletzt seien die Parkplätze in der City nicht kostenlos und schwer zu finden. Der Bad Honnefer wolle gerne, so die Erfahrung Löbachs, „mit dem Auto bis vor die Ladentür fahren“.