Neubau in Bad HonnefEine Gesamtschule auf höchstem Standard
Bad Honnef – Hinter der Glastür mit der Nummer 116 steht eine Reihe von massiven Werkbänken aus Holz und Metall, alle mit integrierten Schraubzwingen. Von der Decke baumeln Steckdosen für den Anschluss von Maschinen. Einer der schweren Holztische lässt sich herunterfahren, damit auch ein Rollstuhlfahrer im Technikraum mitarbeiten kann, wie Stefan Rost demonstriert.
Eine Tür weiter öffnet sich die große Lehrküche, ausgestattet mit mehreren Spülbecken, Herden und Induktionskochfeldern. „Das ist besser als bei mir zu Hause“, sagt mit einem Augenzwinkern der Schulleiter der Erzbischöflichen Gesamtschule St. Josef, als er am Donnerstag die Presse einen Blick in den Neubau „seiner“ Schule werfen lässt. Und führt die Besucher weiter in zwei Kunsträume, in denen statt Tafeln interaktive Riesenmonitore stehen, sogenannte „ActivBoards“.
Alles nagelneu
Wenn die zurzeit 628 Schüler der Gesamtschule St. Josef am Montag aus den Ferien kommen, dann beziehen sie einen funkelnagelneuen Bau, der nicht nur technisch auf der Höhe der Zeit ist, sondern auch pädagogisch alles zu bieten scheint, was man sich denken kann. Man weiß als Beobachter nach der Besichtigung nicht so genau, was man lieber wäre: Noch einmal Schüler oder gleich Lehrer?
Hintergründe
Für insgesamt rund 30 Millionen Euro baut das Kölner Erzbistum die Erzbischöfliche Gesamtschule St. Josef komplett neu. Im Sommer 2018 starteten die Abrissarbeiten an Aula und Turnhalle, an deren Stelle das neue Schulgebäude errichtet wurde, in das die Schüler jetzt einziehen.
Direkt im Anschluss soll der Abriss des Altbaus beginnen, dessen Kern die ehemalige Villa Thelen ist, in der zwischen 1892 und 1906 mehrfach Königin Sophie von Schweden logierte. Das Haus, an dessen Stelle jetzt bis 2022 die neue Turnhalle entsteht, wurde im Laufe der Zeit vielfach umgebaut und ergänzt. Es steht nicht unter Denkmalschutz. 1900 eröffneten die Franziskanerinnen von Nonnenwerth eine „Höhere Mädchenschule“, 1993 wurde das Erzbistum Träger der damaligen Realschule St. Josef. (csc)
„So was hat nicht jede Gesamtschule“, sagt Stefan Rost in der Lehrküche im ersten Obergeschoss. Das hätte er aber auch schon eine Etage tiefer sagen können, gleich links vom Eingangsfoyer mit den großen Plastiken der Engel Michael, Gabriel und Raphael: Der Sankt-Josef-Raum ist als „Raum der Stille“ vorgesehen, in dem bis zu 30 Schüler auf Sitzkissen bei unterschiedlicher Beleuchtung und Musik aus einer Audioanlage eine „spirituelle Atmosphäre“ genießen können. „Ich glaube, das wird schön“, sagt der Schulleiter.
Viel Raum für Veranstaltungen
Lange Flure gibt es in dem Neubau nicht, stattdessen zentrale „Lernlandschaften“ mit Sitzwürfeln in Rot, Grün und Braun. Um diesen Raum gruppieren sich jeweils vier Klassenräume. Alle natürlich ausgestattet mit Beamer, auf die über Tablets sowohl die Lehrer als auch die Schüler zugreifen können sollen. Multifunktional nutzbar ist das Sankt-Josef-Forum, das sowohl Mensa – in drei Schichten können insgesamt 660 Kinder versorgt werden – als auch Veranstaltungsraum mit Bühne für 300 Personen ist. Wenn die neue Turnhalle steht (siehe auch Infotext), hat die Schule laut Stefan Rost 800 Plätze für Veranstaltungen zur Verfügung.
Und für die Lehrer – zurzeit sind es laut Rost 44, es werden aber bis zu 75 Kollegen, denn die Gesamtschule befindet sich ja seit 2016 im Aufbau, während die Realschule parallel ausläuft – gibt es in ihrem Lehrerzimmer nicht nur Hochtische mit Laptop-Anschluss oder PC-Arbeitsplätze und eine Lounge-Ecke, sondern auch einen kleinen Garten, laut Rost intern „Philosophen-Garten“ genannt. „Er bietet den Lehrern wirklich eine tolle Gelegenheit, sich vom Alltagsstress ein Stück weit zu erholen.“
850 Kartons
Der Umzug aus dem Altbau in den Neubau in der ersten Woche der Herbstferien sei „katastrophenfrei gelaufen“, sagt Stefan Rost. 850 Kartons habe man packen müssen, noch harren viele in den Klassenzimmern des Auspackens. Das Umzugsgut reichte vom Skelett bis hin zu Chemikalien. Aber natürlich habe man auch die Gelegenheit zum Ausmisten genutzt, sagt Rost.
Der Schulleiter und das Sekretariat sind jetzt im denkmalgeschützten Haus Magdalena untergebracht, das aus Sicherheitsgründen außen um eine Feuertreppe erweitert werden musste. Damit es nicht nur eine schlichte Stahlkonstruktion ist, wurden Teile der Fenster der ehemaligen Kapelle, die dem Schulneubau weichen musste, in die Konstruktion eingesetzt. Die Glocken aus der Kapelle sollen nach Fertigstellung ihren Platz in einem neuen Glockenturm bekommen.
Man nehme auch viele schöne Erinnerungen aus dem alten Gebäude mit, sagt der Schulleiter. Und es sei in der Vergangenheit auch mal überlegt worden, den Altbau zu ertüchtigen. „Aber das Gebäude ist einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Jetzt ist die richtige Zeit, dass etwas Neues entstehen kann.“