Eine Mehrheit aus CDU, SPD und FDP im Bad Honnefer Stadtrat hat beschlossen, dass Eltern für OGS-Geschwisterkinder künftig Beiträge zahlen müssen.
ElternbeiträgeStadtrat beschließt das Aus für OGS-Geschwisterkindbefreiung in Bad Honnef
Arnold Hambuch war am Donnerstagabend mit seinen drei Kindern ins Rathaus gekommen. „Überraschend“, so sagte er, sei für ihn die Nachricht gewesen, dass in Bad Honnef die Kita-OGS-Geschwisterkindbefreiung gestrichen werden soll. Eine Idee, die in den letzten Tagen für viel Aufregung und eine Demonstration in der Stadt gesorgt hatte.
Zwei seiner Kinder seien in der OGS, eines in der Kita. Da die sogenannte systemübergreifende Geschwisterkindbefreiung gestrichen werden sollte, müsse er künftig für zwei Kinder voll bezahlen, sagte der Maschinenbauer. „Ich muss mir die Frage stellen, ob es noch lohnt, Vollzeit arbeiten zu gehen.“ Denn bisher wurden die Elternbeiträge für ein OGS-Kind erlassen, wenn ein anderes die Kita besucht.
Zwei Stunden später hatten Arnold Hambuch und mit ihm rund 60 Eltern und Kinder die Gewissheit, dass dieser übergreifende Erlass der Elternbeiträge gestrichen wird. Der Stadtrat beschloss das nach zweistündiger Debatte mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP. Grüne, Bürgerblock und die Fraktion Grün & Sozial votierten für die Beibehaltung der Befreiung.
„Kinderreiche Familien werden mehr belastet, das ist nicht das, was wir wollen“, betonte Jochen Agte (Grüne), der Vorsitzende des Bildungsausschusses. Auf der anderen Seite erinnerte etwa Elke Buttgereit (CDU) daran, dass der Stadtjugendring als Träger der OGS wegen der drohenden Insolvenz in eine Notlage geraten sei. Es gehe auch darum, das Gesamtsystem zu erhalten. Also etwa auch die Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder innerhalb der Kita oder innerhalb der OGS. Und im Vergleich seien die Kita-Beiträge in Bad Honnef niedrig.
Unter den Zuhörern während der Sitzung war auch Hardy Lesch, ein mehrfacher Vater, der nach eigenem Bekunden „aus Prinzip“ gegen diese „falsche Politik“ in Bad Honnef protestierte. Im benachbarten Rheinbreitbach (Rheinland-Pfalz) müssten die Eltern überhaupt keine Beiträge zahlen, erinnerte er.
Birte Karst und ihre Familie wird nach eigener Aussage nächstes Jahr von der Neuregelung betroffen sein, wenn ihr Sohn die OGS und ihre Tochter die Kita besuchen. Ihr Mann habe gerade daran gedacht, seine Arbeit auf eine Vier-Tage-Woche zu reduzieren. Das müsse die Familie jetzt noch mal überdenken, so Karst, die auch Co-Sprecherin der Bad Honnefer Grünen ist. „Ich weiß nicht, wie wir das stemmen sollen“, sagte sie über die Mehrbelastung bei den Elternbeiträgen.
Trägergesellschaft des Stadtjugendrings Bad Honnef drohte die Insolvenz
Der Erste Beigeordnete Holger Heuser hatte zu Beginn der Sitzung die Vorgeschichte noch einmal erläutert. Wegen der starken Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst drohte der gemeinnützigen Stadtjugendringgesellschaft als Träger der OGS die Insolvenz.
„Die damit einhergehenden Mehrkosten können wir aus eigener Kraft nicht decken“, hieß es in einem Schreiben, das am Donnerstag auch dem Stadtrat vorlag. Die Politik hatte deshalb beschlossen, die Kindpauschalen rückwirkend zum 1. Januar 2024 um 7,3 Prozent zu erhöhen, um die Arbeit des Stadtjugendrings sicherzustellen. Die Mehrkosten von rund 122 000 Euro sollten kompensiert werden.
Da kam zum einen eine neue Beitragstabelle für die OGS ins Spiel, die am Donnerstag auch beschlossen wurde. Sie sieht einkommensabhängig Beiträge zwischen beispielsweise 29 Euro im Monat (ab 30 001 Euro Einkommen; bisher 27 Euro) oder 86 Euro im Monat (ab 50 001 Euro; bisher 81 Euro) bis höchstens 228 Euro im Monat (ab 80 001 Euro; bisher 215 Euro) vor.
Laut Heuser bringt diese Erhöhung aber insgesamt nur rund 24 500 Euro zusätzlich ein. Die zum Stichtag 1. Januar wegen der Geschwisterkindbefreiung nicht erhobenen OGS-Elternbeiträge summierten sich demnach dagegen auf 137 000 Euro.
Kita-Beiträge in Bad Honnef werden nicht erhöht
Gisela Zierau (SPD) warb um Verständnis. Es gehe auch vor dem Hintergrund, dass die OGS bald Pflichtaufgabe werde, um eine Trennung der Systeme Kita und OGS. Die jetzige Entscheidung sei ein erster Schritt in diese Richtung. Zum Paket gehöre indes auch, dass die Kita-Beiträge nicht erhöht würden.
Ihr Fraktionsvorsitzender Guido Leiwig sagte, es gehe auch darum, die Eltern nicht zu sehr zu belasten. „Wir haben da eine gute Lösung.“ Laut Jerald Birenfeld (CDU) ist die bisherige OGS-Regelung „ein Privileg“ und „fast einmalig“.
Frédéric Fraund (Grüne) verwies dagegen auf andere Möglichkeiten der Gegenfinanzierung. Beispielsweise einer Sonderdividende des städtischen Energieversorgers Bad Honnef AG. Katja Kramer-Dißmann (Bürgerblock) brachte Abstriche bei den Investitionen in die ehemalige Konrad-Adenauer-Schule und bei der Rathaussanierung ins Spiel.
Gabriele Clooth-Hoffmeister (Grün & Sozial) regte einen Kompromiss an: Dieses Jahr solle die Stadt die Mehrkosten tragen, „danach suchen wir eine gemeinsame Lösung“.
Rat und Verwaltung in Bad Honnef beraten ab Herbst über umfangreiche Reform
Auf Vorschlag von Bürgermeister Otto Neuhoff (parteilos) beschloss der Stadtrat jedoch neben der neuen Satzung mit dem Aus für die Geschwisterkindbefreiung, dass Rat und Verwaltung noch im Herbst dieses Jahres mit Beratungen über eine „umfangreiche Reform“ beginnen sollen. Deren Ziel: eine Lösung, die sowohl „die berechtigten Interessen zur Finanzierung der OGS“ als auch das Interesse „der Elternschaft auf Gebührenentlastung“ vereine.
Neuhoff sprach von einem System, das die Belastungen „gerechter und balancierter verteilt“. Er verbat sich aber auch ein „Verwaltungsbashing“, erinnerte einmal mehr an die schwierige Haushaltslage der Stadt Bad Honnef und sagte über die Ratssitzung zum Thema Elternbeiträge: „Das hier ist keine Veranstaltung, die irgendjemandem Spaß macht – mir am allerwenigsten.“