NRW-Ministerin auf Naturhof in Alfter„In einer fatalen Kostenspirale“

Pinova-Äpfel kosteten (v.l.) Ilse Niemeyer, Silke Gorißen, Dr. Rolf Schumacher, Alexander Krings, Christiane Niemeyer und Oliver Krauß beim Besuch auf dem Naturhof.
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Alfter – „Frau Ministerin, machen Sie was!“ Dr. Andreas Mager, Patriarch des Naturhofs Wolfsberg in Alfter-Impekoven, nutzte die Gelegenheit, die nordrhein-westfälische Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Silke Gorißen (CDU), auf die immer schwierigere Situation der Obstbauern und insbesondere der Bio-Landwirte in NRW aufmerksam zu machen.
Die Ministerin hatte auf ihrer Höfe-Tour quer durch Nordrhein-Westfalen auch seinen familiengeführten Bio-Kernobstbau-Betrieb besucht, um zu erfahren, was die Landwirte in der Region beschäftigt und wo das Land sie unterstützen kann. Doch Mager wusste die Antwort schon: „Die Politik kann eigentlich gar nichts machen.“ Denn die Landwirtschaft sei in einer fatalen Kostenspirale gefangen, die eine wirtschaftliche Produktion fast unmöglich mache.
„Als Privatmann kann ich den Gürtel enger schnallen, das kann ein Betrieb nicht. Der ist irgendwann schlicht und einfach am Ende, wenn er die Preissteigerung nicht mehr auffangen kann.“ Das bestätigte die Ministerin: „Der ganze Bereich, der für die Ernährung steht, hat derzeit mit enormen Problemen zu kämpfen.“ Auf der einen Seite müssen die Betriebe immer mehr leisten, sowohl in Sachen Bürokratie und Dokumentationspflicht als auch bei den Anbaumethoden und dem Pflanzenschutz. Auf der anderen Seite drückten auch noch die „wahnsinnigen Preissteigerungen“ bei den Energiekosten. „Was uns wirklich Sorge bereiten muss, ist, dass sich viele Betriebe die Frage stellen, wie lange sie noch an ihre Substanz gehen können.“
Ökologischer Landbau wichtiger Pfeiler für nachhaltige Landwirtschaft
Denn auch bei den Verbrauchern sitze das Geld nicht mehr so locker, was die Nachfrage nach hochwertigen regionalen Lebensmitteln beeinträchtige. Wenn die Betriebe unter dieser Last einknicken würden, dann müsse Deutschland seine Nahrungsmittel aus anderen Ländern importieren, was nicht nur aus Umwelt- und Klimaschutzgründen der völlig falsche Weg sei. Damit gebe man auch die Qualitätsstandards und Nachhaltigkeit auf, die in Deutschland und Europa festgeschrieben seien, und in Nordrhein-Westfalen würde ein starker Wirtschaftsfaktor wegfallen.
Gorißen sieht den ökologischen Landbau als wichtigen Pfeiler für eine nachhaltige Landwirtschaft, denn er leiste einen entscheidenden Beitrag zu mehr Biodiversität, Insekten- und Gewässerschutz und tiergerechter Nutztierhaltung. „Darum haben wir uns das Ziel gesetzt, den Anteil des Öko-Landbaus in Nordrhein-Westfalen von bisher 10 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts auf 20 Prozent zu erhöhen.“ Dafür seien in NRW fünf Modellregionen gebildet worden als Anstoß für eine stärkere Vernetzung der jeweiligen Betriebe. Eine entscheidende Rolle spiele dabei aber auch seit mittlerweile 35 Jahren die Öko-Prämie, die ab 2023 moderat erhöht werde. „Davon profitieren Öko-Betriebe wie der Naturhof Wolfsberg“, glaubt die Ministerin.
„Das funktioniert aber nur, wenn der Markt mitzieht“, zeigte sich Annette Alpers von der Landesvereinigung Ökologischer Landbau NRW skeptisch. Auch sie bestätigte, es sei eine überaus schwierige Zeit für den ökologischen Landbau, „aber Gott sei Dank haben wir einen guten und treuen Kundenstamm. Wenn es nicht noch extremer wird, wenn die Krisen nicht zu lange dauern und wir die Zeit irgendwie überstehen, können wir auch viele Kunden halten“, ist sie überzeugt.
Engagiert im Bereich Biodiversität
Doch wenn der Verbraucher nur auf den Preis schaue und nicht darauf, wer das Produkt wo und wie herstelle, werde es schwer, ergänzte die Ministerin. Alexander Krings vom Rheinbacher Handelsunternehmen für Obst und Gemüse brachte sogar Mindestpreise für Bioprodukte ins Gespräch, als Schutzmechanismus für die heimische Landwirtschaft, sonst könne es noch ein böses Erwachen geben.
2003 hatte er den 30 Hektar großen Hof auf einen biologisch-ökologischen Anbau nach der „Naturland“-Vorgabe umgestellt und engagiert sich seither stark im Bereich der Biodiversität. Bei der Lagerung und Logistik der durchschnittlich 800 Tonnen Äpfel und Birnen sowie 20 Tonnen Süßkirschen pro Jahr, die er mit bis zu 25 Mitarbeitern in der Saison erntet, ist der Naturhof Wolfsberg mit seinen fünf festen Mitarbeitern der erste Betrieb, der von der „Bewässerungsrichtlinie Nordrhein-Westfalen“ profitiert hat, über die Vorratsbecken, Brunnen und Leitungen zur Frostschutzberegnung überbetrieblich gefördert werden.
Hitzeperioden und Spätfröste der vergangenen Jahre hätten gezeigt, wie wichtig eine gute Bewässerung oder Frostberegnung in Gartenbau und Landwirtschaft sei, erläuterte Gorißen hierzu. Dem habe ihr Ministerium Rechnung getragen mit der sogenannte Bewässerungsrichtlinie: Kosten für den Bau oder die Erweiterung von Pumpenanlagen sowie für den Bau von Speicherbecken und die Zuleitung bis zur Übergabestelle werden bis zu 70 Prozent vom Land bezuschusst.