Ein verlegter Schlüssel, der Name einer bekannten Person, der einem nicht mehr einfällt, oder ein unaufgeräumtes Zimmer – die ersten Anzeichen einer Demenz sind schwer zu deuten.
„Licht im Demenznebel“Diane C. Ihlefeldt hat ein Buch über die Erkrankung ihrer Mutter geschrieben
Verändert sich der Charakter, kommen unvorhersehbare Stimmungsschwankungen, plötzliche Aggressionen, die sich nicht so richtig erklären lassen, oder Verfolgungswahn hinzu, dann könnten dies Indizien für eine beginnende Demenz sein. Bei Diane C. Ihlefeldt war es schließlich ein erster beunruhigender Anruf eines Nachbarn ihrer Mutter Brigitta, der die Befürchtungen bestätigte.
Der Nachbar schilderte, dass die Mutter nachts vor dem Haus spazieren gegangen war. „Diese Nachricht ließ mich tief besorgt zurück. War dies wirklich nur ein harmloser Spaziergang oder etwas Ernsteres?“, schreibt Ihlefeldt in ihrem Buch „Licht im Demenznebel“. Es ist ihr erstes Buch überhaupt.
Geschrieben hat es die 57-Jährige aus Alfter, die unter anderem als Eventmanagerin gearbeitet hat, nachdem ihre Mutter am 21. Februar mit 85 Jahren verstorben war. „Dieses Buch ist eine Reise - meine Reise als Tochter und gesetzliche Betreuerin meiner Mutter.“ Ihlefeldt beschreibt eindrucksvoll die ersten Anzeichen der Krankheit, den schwierigen Weg zur Diagnose, die Wege durch die behördlichen Instanzen, die sie oft vor noch größere Herausforderungen gestellt hatte.
Bevor die ersten Symptome aufgetaucht waren, war erst Brigitta Ihlefeldts Mann und später auch Hündin Candy verstorben. „Meine Mutter war immer eine große Familie mit Haustieren gewohnt und früh hatte sie meinen Vater kennengelernt. Jetzt war sie mit 74 Jahren allein in einer großen und leeren Wohnung mit sich und ihren Erinnerungen“, so Ihlefeldt. Das Buch ist ein Mix aus persönlichen Erfahrungen und gesammeltem Wissen mit praktischen Ratschlägen. Niemand habe ihr beigebracht, was es heißt, die Vollmacht und damit die Betreuung für einen so schwer erkrankten Menschen zu übernehmen.
Zehn Jahre lang betreute sie eine stolze, selbstbewusste Frau, die mitten im Leben stand, nur selten den Gang zum Arzt gesucht hatte, weil sie schlechte Erfahrungen mit Medizinern gemacht hatte und sich nicht wieder mit Tabletten abspeisen lassen wollte. Natürlich durchlief auch die innige Mutter-Tochter-Beziehung eine tiefgreifende Veränderung: „Die Rolle der Tochter wich immer mehr der einer Betreuerin, was nicht nur unsere Dynamik, sondern auch unsere Bindung zueinander veränderte.“
Die frühere Beziehung war geprägt von gemeinsamen Erlebnissen, Verständnis und Liebe. Plötzlich galt es, das Leben neu zu organisieren zwischen Behörden, Krankenkassen, Pflegediensten und Seniorenheimen und ihrem Privatleben und ihrem Beruf: „Zur Ruhe kam ich kaum noch. Die Leichtigkeit, die ich früher im Elternhaus empfunden hatte, war verschwunden.“ Erste Anzeichen von Burnout zeigten sich. Trotzdem gelang es Ihlefeldt, vor allem auch unterstützt durch ihre Partnerin Alexandra Runge, und nicht zuletzt durch die neu zur Familie gekommene Mischlingshündin Bogar, dass die Liebe, die Zuneigung und gemeinsame Interessen bis zuletzt nicht auf der Strecke blieben.
Eine große Stütze war ihr auch Caroline Prill, die nicht nur Pflegekraft war, sondern auch eine gute Freundin wurde und das Vorwort zu Ihlefeldts Buch geschrieben hat. Brigitta, oder einfach Gitta, wie sie von vielen genannt wurde, habe sie auf eine ganz besondere Weise inspiriert: „Ihre Geschichte ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man mit Würde, Mut und einem unerschütterlichen Sinn für Humor selbst die schwierigsten Herausforderungen meistern kann.“ Gitta habe Caroline Prill gezeigt, dass das Leben trotz allem reich an Momenten der Freude und einer tiefen menschlichen Verbindung sein kann.
Ihrem Buch hat Diane C. Ihlefeldt den Untertitel „Dement und blind“ gegeben. Der Grund: Ihre Mutter litt nicht nur an Demenz, sie war in ihren letzten Lebensjahren auch erblindet. Liegt diese Kombination, Demenz und Erblindung, vor, sind die Herausforderungen um einiges größer, vor allem deshalb, weil laut Ihlefeldt in Deutschland erblindete Demente im Gegensatz etwa zu Österreich oder der Schweiz keine spezialisierte Unterstützung erfahren. Daher ist ihr Buch nicht nur aus autobiographischer Sicht geschrieben, die Autorin möchte auch aufrütteln, auf das Thema Demenz und Erblindung aufmerksam machen und hat einen zweiten, mit vielen Quellen unterfütterten theoretischen Teil ihrem Buch angefügt. Dadurch erfahren Betroffene wertvolle Tipps im Umgang mit Behörden, bei der Beantragung von Pflegegraden, den Aufbau eines Unterstützungsnetzwerkes oder den Umgang mit emotionalen Belastungen.
Ihr weiteres Anliegen ist die Enttabuisierung von Demenz: „Die Krankheit betrifft viele von uns. Entweder man ist selbst davon betroffen oder kennt jemanden aus der Familie oder dem Freundeskreis.“ Doch obwohl die Krankheit immer präsenter werde, schämten sich viele Menschen bei diesem Thema.
Verändert hat sich auch Ihlefeldts Haltung während des Schreibprozesses: „Am Anfang war es ein Therapiebuch, dann wurde es zu einem Abschied von meiner Mutter.“ Diane C. Ihlefeldts ganz besonderer Dank gilt ihrer Lebensgefährtin Alexandra Runge, die ihr zehn Jahre lang als „Fels in der Brandung“ stets zur Seite stand und steht: „Wenn möglich“, lautet daher der Appell der Autorin: „Planen Sie Ihre Angehörigen mit in Ihren Lebensplan ein.“
Bestellbar ist das Buch „Licht im Demenznebel. Dement und blind“, 118 Seiten, für 10,86 Euro über den Online-Versandhändler Amazon.