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Landwirtschaft in Zeiten des KlimawandelsIn Alfter werden jetzt Feigen angebaut

Lesezeit 3 Minuten
20.  April 2023. Alfter. Der Grünkohl auf dem Solawi-Feld bei Oedekoven ist abgeerntet,  nun kommen andere Gemüse- und Obstsorten der Saion an die Reihe. Foto: Frank Engel-Strebel

Der Grünkohl auf dem Solawi-Feld bei Oedekoven ist abgeerntet, nun kommen andere Gemüse- und Obstsorten der Saion an die Reihe.

Wenn alles gut läuft, dann wird es in den kommenden Jahren „Feigen made in Alfter“ geben. Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft Alfter (Solawi) bringen die Frucht ins Vorgebirge

Feigen isst Sandra Ehrmann am liebsten frisch vom Baum: „Dann schmecken sie am leckersten“, schwärmt die junge Geografin aus Duisdorf. Jede Menge hat sie sich über die süße Südfrucht angelesen und ist mittlerweile eine echte Feigenexpertin, wie ihre Freundin Paulina Saerbeck meint, die ebenso wie Sandra Ehrmann Mitglied der Solidarischen Landwirtschaft Alfter (Solawi) und dort zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit ist. Auf den Äckern des Vereins wachsen üblicherweise meist heimische Pflanzen von Kartoffeln bis zum Kopfsalat, vom Grünkohl bis zu Karotten oder lokalen Obstsorten.

Vor wenigen Tagen pflanzten Mitglieder auf den Feldern bei Oedekoven aber 16 Feigenbäume an. Das hat auch durchaus etwas mit dem Klimawandel zu tun, erläuterte Paulina Saerbeck. Die Solawi Alfter hatte bereits vor zwei Jahren ein sogenanntes Agroforstsystem auf ihrer Fläche angelegt, das Gemüse- und Obstanbau auf einem Areal verbindet: „Solch ein System kann CO2 binden und ermöglicht eine große Biodiversität und Artenvielfalt und wirkt so dem Klimawandel entgegen“, erläutert Solawi-Obstgärtnerin Greta Wierichs, „denn aufgrund der besorgniserregenden Erwärmung bekommen traditionelle Obstkulturen massive Probleme.“

Experimente im wärmeren Klima

Obst falle frühzeitig von den Bäumen auf den Streuobstwiesen ab, während mediterrane Kulturen auch hier möglich wären. Deswegen wurden in den vergangenen Tagen Feigenbäume gepflanzt und 30 Pfirsichbäume veredelt, darunter die bereits bekannten Sorten „Rekord von Alfter“ oder „Kernechter aus dem Vorgebirge.“ Die Gärtnerinnen und Gärtner wollen damit auch experimentieren und testen, wie Früchte aus wärmeren Regionen mit dem aktuellen Klima im Rheintal zurechtkommen.

20,. April 2023. Alfter. Auf dem Äckern der Solidarischen Landwirtschaft Alfter wurden Feigen gepflanzt (von links): Greta Wierichs, Paulina Saerbeck, Ada Spieß und Sandra Ehrmann. Foto: Frank Engel-Strebel

Auf dem Äckern der Solidarischen Landwirtschaft Alfter wurden Feigen gepflanzt (von links): Greta Wierichs, Paulina Saerbeck, Ada Spieß und Sandra Ehrmann.

„Wir möchten aber auch Sorten anbauen, deren Genetik an die Bedingungen vor Ort angepasst ist. Da niemand weiß, wie der Klimawandel sich genau entwickeln wird, ist es das Beste, mehrgleisig zu fahren und generell auf Vielfalt zu setzen.“ So exotisch Feigen für die hiesige Region auch sein mögen, in wärmeren Teilen Deutschlands, etwa in Baden-Württemberg, gedeihen die Früchte bereits seit Jahren prächtig, beispielsweise die „Pfälzer Fruchtfeige“.

Gespannt ist Sandra Ehrmann daher, wie die Feigensorten im Vorgebirge wachsen werden, besonders freut sie sich auf die Sorte „White Genoa“. Die Frucht mit ihrer gelb-grünlichen Schalte entfaltet ein sanftes Zimt-Muskat-Aroma. Tropfenförmig zeigt sich die in Südfrankreich häufig vorkommende Sorte „Noire de Juillet“. Die Pflanze gilt als sehr ertragreich. Ebenfalls aus Frankreich stammt die „Ronde de Bordeaux“, deren Früchte eher grün aussehen und die trotz kühlen und regnerischen Wetters gut reifen können. Angelegt ist die Feigenpflanzreihe von Nord nach Süd, erläutert Sandra Ehrmann, etwa von Medinghoven Richtung Gielsdorf. Die kleineren Sorten sind vorne, die größeren Sorten dahinter hingelegt. Dadurch stehen die kleinen Gewächse nicht im Schatten der großen, und alle bekommen gleichmäßig viel Sonne ab: „So werden die Früchte auch süßer.“ In den Supermärkten wird übrigens in der Regel die Sorte „Brown Turkey“ angeboten, die ganzjährig in der Türkei angebaut wird, so Sandra Ehrmann.

Die Solawi wurde 2019 gegründet

Die „Solidarische Landwirtschaft Alfter“ startet in ihr viertes Anbaujahr. Zu einer Solawi schließen sich Menschen zusammen, die statt Lebensmittel die Landwirtschaft finanzieren wollen und setzen dabei auf nachhaltigen Anbau regionaler Gemüsesorten, organisiert nach einem Solidarprinzip. Zu Beginn werden die Jahreskosten kalkuliert, auf deren Grundlage sich die Mitglieder verpflichten, im Voraus einen festgesetzten Betrag an den Betrieb zu zahlen. Dadurch können die Erzeugenden unabhängig von Marktzwängen und möglichen Ernteausfällen produzieren. Angebaut und bewirtschaftet werden die Pflanzen und Äcker von professionellen Mitarbeitern, die auch das Obst und Gemüse für ihre Mitglieder ernten. Diese können die Produkte dann einmal pro Woche fertigverpackt in einer Kiste abholen. Angebaut wird nach dem Agroforstsystem. Derzeit werden 1,6 Hektar auf einem Feld in Oedekoven und auf einem Acker in Lessenich bewirtschaftet. Weitere Infos gibt es im Internet. www.solawi-alfter.de