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Alfterer GemeindefriedhofMusiker spielt am Grab des Vorgebirgsrebellen

Lesezeit 4 Minuten
Grab des Vorgebirgsrebellen

Der Alfterer Musiker Josef Schmidt erfüllte den letzten Wunsch. 

Alfter – Im Rheinland ist der 11.11. durch den traditionellen Start der Karnevalssession eigentlich ein Freudentag. Für Freunde und Verwandte des als „Vorgebirgsrebell“ in die Geschichte eingegangenen Wilhelm Maucher war der 11.11. 1993 jedoch ein Tag der Trauer. Es war der Todestag des leidenschaftlichen Pazifisten und Erfinders des Brombeerweins „Rebellenblut“. Zwar verbat sich der Rebell schon vor seinem Ableben Trauermusik an seinem Grab, doch einige Gläubige und auch der damalige Dirigent der Musikfreunde Roisdorf, Wilhelm Rech, sahen dies kritisch. Diese Anekdote erzählte am Samstagnachmittag der Alfterer Musiker Josef Schmidt, der selbst zu den Musikfreunden Roisdorf gehört. Schmidt, der Maucher noch zu Lebzeiten versprochen hatte, am Grab dessen Lieblingslied zu spielen, war es bereits vor 27 Jahren gelungen, sich im Sinne Mauchers durchzusetzen. Und nun griff er zur Einsegnung der Gedenkstätte erneut zum Horn und spielte unter anderem noch einmal „Im schönen Wiesengrunde“, jene Volksweise, die das Lieblingslied des mit 90 Jahren verstorbenen Rebellen gewesen war.

Die Gedenkstätte eingesegnet

Der Anlass war nun auch ein besonderer: Pfarrer Stefan Lischka segnete am Samstagnachmittag auf dem Alfterer Gemeindefriedhof eine Gedenkstätte für Maucher ein. Ernst Gierlich war dabei, der Vorsitzende der Heimatfreunde Roisdorf, die anschließend an dem Spaziergang „Rebellen ob Jöck“ – organisiert vom Förderverein der Öffentlichen Bücherei Alfter „Buchstützen“ – teilnahmen.

Widerstand und Eigensinn

Wilhelm Maucher (1903–1993) war nicht bloß ein Alfterer Obst- und Gemüsebauer. Er widersetzte sich immer wieder der Obrigkeit, auch während der Nazizeit. Nach dem Krieg gründete er den „Notabwehrausschuss der Obst- und Gemüsebauern des Vorgebirges“, dessen Anliegen er auch gegenüber dem damaligen Wirtschaftsminister Ludwig Erhardt vertrat. Damals kam die Bezeichnung vom „Vorgebirgsrebellen“ auf. Auf eine Idee Erhardts ging wohl das von Maucher ab 1953 gekelterte „Rebellenblut“ zurück. Ein Brombeerwein aus überschüssigen Früchten, der bis heute in Roisdorf abgefüllt wird.

Ende der 1950er Jahre machte Maucher als Pazifist von sich reden. So protestierte der Alfterer, der in einer homosexuellen Partnerschaft lebte, unter anderem gegen die Wiederbewaffnung und Wehrpflicht.

Bis 1978 ergänzte er die vom Bonner Bildhauer Jakobus Linden geschaffene Statue vom Segnenden Christus am Buchholzweg um zehn Gebotssteine. So entstand der Friedensweg. DIe Tafeln warnen vor Atombomben, Chemiegiften, Militaristen, Nazis, Arbeitslosigkeit, Diktatoren und Aussperrung, aber auch vor „Volksverdummung durch Massenmedien.“ Der Motorradclub „Kuhle Wampe“ verhinderte 2009 die Beseitigung des Friedenswegs. (fes)

Ende August 2020 war die Grabstätte des Vorgebirgsrebellen auf dem Alfterer Friedhof durch die Erben beseitigt worden. Seitdem bemüht sich der Arbeitskreis Friedensweg im Förderverein Haus der Alfterer Geschichte um einen würdigen Erinnerungsplatz, erklärte Günter Benz, Sprecher des Arbeitskreises. Gemeinsam mit Bürgermeister Rolf Schumacher fand der Arbeitskreis eine einvernehmliche Lösung: Die Gemeinde stellt dem Förderverein Haus der Alfterer Geschichte dauerhaft und unentgeltlich die abgeräumte Grabstätte zur Verfügung. Der Arbeitskreis Friedensweg übernimmt die Gestaltung und die Pflege des Grabes.

Gemeinsam mit dem Steinmetz Jürgen Dunkelberg entschieden sich Mitglieder des Arbeitskreises dafür, für die Einfassung in Eigenleistung Feldbrandsteine zu verwenden – um die Kosten gering zu halten. Der Gedenkstein in Form einer zeitgemäßen Stele wurde aus Kylltaler Sandstein erstellt. Ihn zieren eine stilisierte Brombeere sowie eine schmiedeeiserne Friedenstaube. Im vorderen Bereich liegt eine Steinplatte, auf der eine stählerne Grablaterne befestigt ist. Außerdem ist dort Platz für Blumenschmuck. Am Grab wurde ein QR-Code angebracht, mit dem Besucher direkt zur Internetseite des Arbeitskreises Friedensweg gelangen können. Rund 6600 Euro kostete die Einrichtung der Gedenkstätte, die dank zahlreicher Sponsoren und Förderer möglich wurde.

Sichtlich gerührt verfolgte auch Mauchers langjähriger Unterstützer und Gefährte Manfred Titsch, mittlerweile 78 Jahre alt, aus Köln-Rodenkirchen die bewegende Zeremonie: „Er war der beste Kamerad, den ich mir vorstellen konnte, er war für mich ein väterlicher Freund“, erklärte Titsch, der Maucher zu Ehren ein Gesteck mit Rosen auf die neue Gedenkstätte niedergelegt hatte. Titsch lernte Maucher in den 1970er Jahren kennen, als dieser mit ein paar Flaschen „Rebellenblut“ in den Tante-Emma-Laden von Titschs Eltern kam, um für seinen Brombeerwein zu werben. Daraus entwickelte sich eine intensive Freundschaft bis zum Tode Mauchers.

Immer wieder zog es Titsch nach Alfter an das Grab des Vorgebirgsrebellen. Titschs großer Dank galt nun Günter Benz, der sich gemeinsam mit dem Motorradclub „Kuhle Wampe“ nicht nur für den Erhalt des Grabes, sondern auch für die segnende Christusstatue und die von Maucher angelegten Gedenktafeln auf dem Friedensweg am Buchholzweg eingesetzt hatte.

Als Zeitzeuge blickte auch Pfarrer Stefan Lischka bei der Einsegnung der Gedenkstätte zurück. Als junger Kaplan hatte er 1989 den Rebellen kennengelernt. „Ich hatte auch die Ehre, ihn zu verabschieden. Ich habe ihn damals beerdigt. Der Willi ist heute noch aktuell, er hatte einen Weitblick, wenn Sie sich die Inschriften der Gedenksteine am Friedensweg ansehen.“

Die Gedenkstätte befindet sich auf dem Alfterer Friedhof, Feld 2, Grabnummer 31.