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Von Dover nach CalaisExtremschwimmer aus Alfter durchquert den Ärmelkanal mit 66 Jahren

Lesezeit 4 Minuten
Extremschwimmer Hans Fuhrmann im Ärmelkanal

Kaltes Wasser, wenig Wellen – Hans Fuhrmann stellte sich der Herausforderung.

Extremschwimmer Hans Fuhrmann aus Alfter hat die Nonstop-Querung des Ärmelkanals nun mit 66 Jahren geschafft.

Von Dover nach Calais nonstop in knapp 13 Stunden – Extremschwimmer Hans Fuhrmann hat es endlich geschafft. Der 66-jährige hat bereits schwimmend das IJseelmeer oder Menorca umschwommen. Nun wollte er es endlich vollenden, den Ärmelkanal ohne Unterbrechung zu durchqueren. Den ersten Versuch hatte er 2019 abbrechen müssen, weil er unterwegs Magenbeschwerden bekommen hatte: „Jede Aufgabe ist eine große Herausforderung“, schildert Hans Fuhrmann, das galt auch für die Kanalquerung: „Der Ärmelkanal ist für den Extremschwimmer das, was für den Bergsteiger der Mount Everest ist.“

Ende Juni war es soweit: Gegen 3.30 Uhr traf Hans Fuhrmann begleitet von seinem Team, dem seine Frau Sabine, ein Skipper und ein Trainer angehören, am Startplatz Samphire Hoe bei Dover ein. Sein Team wird Fuhrmann bei der Durchquerung des Ärmelkanals mit einem Boot begleiten. Es herrschte reger Betrieb, denn wegen der guten Wetterbedingungen waren noch elf weitere Boote am Start: „Dort angekommen bin ich vom Boot ins Wasser und zum Strand geschwommen. Sobald ich am trockenen Ufer gestanden habe, ertönte das Horn unseres Bootes, ich bin ins Wasser gelaufen und losgeschwommen“, schilderte der Extremschwimmer aus Alfter.

Alle 45 Minuten reichte ihm seine Frau eine Flasche mit einem flüssigen kohlehydrathaltigen Getränk, damit Fuhrmann regelmäßig Nahrung zu sich nehmen konnte. Dafür drehte er sich im Wasser auf den Rücken und trank die Flüssigkeit. Dann schwamm er weiter. Neben der körperlichen Fitness muss auch die Psyche mitspielen, um entsprechende Leistungen zu bringen, schilderte Hans Fuhrmann, was nicht immer der Fall war: „Nach fünf Stunden bekam ich negative Gedanken, meine Schulter schmerzte enorm und mein Magen grummelte, ich dachte daran, abzubrechen.“

Doch seine Frau baute ihn mental wieder auf und redete ihm mit „freundlichen Worten“ gut zu: „Sie erinnerte mich daran, dass ich bereits mehr als die Hälfte geschafft hatte, und ich mich nun an der gleichen Stelle befände wie beim ersten Mal. Damit war ich nun positiv gestimmt, und hatte keine Probleme mehr. Es waren ja nur noch 14 Kilometer, die vor mir lagen.“

Im Gegensatz zu 2019 schwamm er also weiter, die französische Küste rückte immer näher. Auf den letzten Kilometern musste er gegen eine kräftige Strömung anschwimmen, dann hatte er nach exakt 12:55 Stunden das französische Festland berührt, einige 100 Meter südlich Cap Cris-Nez. Die Bedingen seien diesmal optimal gewesen, schilderte Hans Fuhrmann: „Es war ein richtiger Sahnetag mit vielen Sonnenstunden, wenig Wind und gerade einmal 0,2 Meter hohen Wellen.“

Wassertemperatur 16,5 Grad

Die größte Herausforderung sei die geringe Wassertemperatur von durchschnittlich rund 16,5 Grad gewesen. Auch die Tidenunterschiede, also Ebbe und Flut, waren nicht ganz so einfach: Sechs stunden kommt das Wasser, nach sechs Stunden geht es wieder. Bislang hätten es rund 2500 Schwimmer geschafft, den Ärmelkanal am Stück zu durchqueren, schätzt Hans Fuhrmann.

Der 66-jährige selbstständige Vermögensberater sucht sich jedes Jahr neue Herausforderungen. 2021 hatte er den Kanal zwischen Menorca und Mallorca durchschwommen, ein Jahr später umrundete er als erster Deutscher erfolgreich die Baleareninsel Menorca. 2023 hatte er das niederländische IJsselmeer umschwommen. Acht Tage hatte er dafür gebraucht, um die rund 183 Kilometer zu schaffen. Zum Vergleich: Um Menorca zu umrunden, schwamm er etwa 125 Kilometer. Im Schnitt war er pro Tag zwischen sechs und acht Stunden im Wasser, pro Einheit jeweils gut zwei bis drei Stunden.

Extremschwimmer Hans Fuhrmann ubnd Gattin Sabine

Hans Fuhrmanns Frau Sabine gehört immer mit zum Team.

Immer dabei: Sein Team, zu dem neben seiner Frau auch ein erfahrener Skipper und Trainer gehören, die ihn im Begleitboot unterstützen: „Ohne mein Team geht gar nichts.“ Seine Leidenschaft fürs Freiwasserschwimmen entdeckte der Extremsportler übrigens erst 2015. Bei seinem ersten Wettkampf durchschwamm er erfolgreich den Fühlinger See in Köln. Mit einer Distanz von 2,5 Kilometern wirkt dies im Vergleich zu den heutigen Leistungen natürlich äußerst bescheiden.

Jahr für Jahr steigerte Fuhrmann, der Mitglied bei den Schwimm- und Sportfreunden (SSF) Bonn ist, seine Leistungen, setzte sich immer neue Herausforderungen und trainiert regelmäßig unter anderem im Rotter See bei Troisdorf. Wichtig, um solche Leistungen zu bringen, sei nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die mentale Einstellung: „80 Prozent sind Kopfsache.“ Solange er Körper mitmacht, wird er sich weiteren Herausforderungen stellen. Für das kommende Jahr habe er aber noch keine genauen Pläne: „Meine Frau und ich erarbeiten derzeit eine Liste, was man sonst noch so machen könnte.“