Der Kölner Greven-Verlag stellte am Montag den Bildband „Die Bonner Republik“ vor. Rund 340 historische Fotos auf über 300 Seiten zeigen tolle Eindrücke aus 40 Jahren Westdeutscher Geschichte.
Ikonische Fotos und SchnappschüsseNeuer Bildband zeigt Geschichte der „Bonner Republik“
„Ein Lesebuch, ein Geschichtenbuch, ein Lebensbuch“ – so beschreibt der Publizist Heribert Prantl das Werk „Die Bonner Republik“, das am Montag im Haus des Greven Verlags vorgestellt wurde. Er selbst hat den Text geschrieben zu dem mehr als 300-seitigen Bildband mit rund 340 Fotografien, die die Foto-Künstler Reinhard Matz und Wolfgang Vollmer ausgewählt und arrangiert haben. Beide haben bereits mit dem Greven-Verlag zusammengearbeitet.
Für Prantl sei es ein persönliches Vergnügen gewesen, an dem Bildband mitzuarbeiten. „Das Buch ist wie eine Lebensgeschichte für uns Ältere – und dazu äußerst lehrreich“, führte der ehemalige Ressortleiter für Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung aus. Manches sei überraschend aktuell: „Die Proteste gegen die Aufrüstung Anfang der 1980er Jahre würden heute wieder in Teilen der Bevölkerung Anklang finden.“ Und ein doppelseitiges Foto von einem Protest im Jahr 1986 gegen den Bau der atomaren Wiederaufbereitungsanlage im bayrischen Wackersdorf, rund 20 Kilometer von seinem Heimatort entfernt, habe ihn an seine rebellische Zeit erinnert und daran, warum er kurze Zeit später Journalist wurde.
Ein Buch zum Stöbern - für alle Generationen
Tatsächlich ist „Die Bonner Republik“ ein Buch zum Stöbern – für alle Generationen. Die Älteren erinnern sich an manche Nachrichten zu den gezeigten Bildern zwischen 1949 und 1990, die Jüngeren schauen verwundert auf die Aufnahmen aus einer weit entfernten Zeit, als der stark beschädigte Reichstag in Berlin wie auf einer wilden Wiese zu stehen scheint oder bayrische Säerinnen aus Schürzen das Saatgut auf ein Feld streuen. Die überwiegend schwarz-weiß fotografierten Zeitdokumente der rund 150 Fotografinnen und Fotografen sorgen beim Blättern für einen stets lohnenden und interessierten Blick in die Geschichte der Bundesrepublik bis zum Jahr der Wiedervereinigung im Jahr 1990.
Immer wieder bleibt der Betrachter hängen an ikonischen Aufnahmen wie die von der Fratze des ostdeutschen Liedermachers und Dissidenten Wolf Biermann bei einem Auftritt in der Kölner Sporthalle 1976. Oder vom K.O. des Ringrichters Pippow, den ihm der erboste Kölner Boxer Peter Müller, in der Domstadt auch „de Aap“ genannt, 1952 bei seinem Kampf um die Deutsche Meisterschaft verpasste. Wer selbst dabei war, schwelgt sofort in eigenen Erinnerungen. Oder man denkt an das damals veröffentlichte Foto.
Prantl lenkte seine Gedanken aber auch noch mal an den Anfang der Republik und weitere politisch-historische Ereignisse: „Das Grundgesetz ist ein Segen für Deutschland. Die Bilder von den Gründervätern und -müttern zu betrachten, macht nachdenklich. Das all das so gekommen ist, war und ist wie ein Wunder.“ Er bemühte zudem noch eine bildhafte Einordnung der Farben der deutschen Fahne: Schwarz stände für die Adenauerzeit, Rot für die Ära von Brand und Böll und Gold für die Amtszeit von Helmut Kohl. „Die letzte große Leistung der Wiederaufbau-Generation, den Ärmelaufkremplern, endete mit dem Aufbau Ost“, schloss Prantl.
Bahn-Verspätung verhinderte Laudation im Verlags-Haus
Eigentlich sollte der Historiker und Träger des Deutschen Sachbuchpreises 2023, Ewald Frie, auf Einladung des Greven Verlages die Laudatio für den Bildband halten. Doch weil wegen einer technischen Störung im Stellwerk Opladen sein Zug zwei Stunden Verspätung hatte, schaffte Frie es nicht rechtzeitig zur Präsentation. Seine Worte wurden aber nach Zusendung per Mail aus dem Zug vor Ort verlesen. Er lobte vor allem das außergewöhnlich gelungene Zusammenspiel der fotografischen Zeitdokumente mit dem essayistischen Text von Heribert Prantl, gespickt mit literarischen Texten von Autoren wie Martin Walser, Günter Grass oder auch der Punk-Band „Ton Steine Scherben“ und anderen. Dies sei „originell, meinungsorientiert, aber nicht aufdrängend“, lobte Frie. Für ihn sei im Text von Prantl vor allem der Aspekt der „Zeit“ herauszustellen. Danach gewinne vieles erst im Rückblick an Wichtigkeit und historischer Relevanz. Dem könne er sich nur anschließen, unterstrich der Historiker am Ende seiner Laudatio.
Die Bonner Republik– Vier Jahrzehnte Westdeutschland / 1949-1990, Heribert Prantl, Reinhard Matz, Wolfgang Vollmer, S. 336, Fotos 338, Greven-Verlag, 50 Euro