Der Bildband „Historische Küchengärten im Rheinland“ erzählt, beeindruckend bebildert, die Geschichte der Küchengärten im Rheinland von der Antike bis heute.
Neuer BildbandDiese wunderschönen Küchengärten im Rheinland sind wahre Kleinode
Als die Römer vor 2000 Jahren in der Provinz Niedergermanien ihre Kolonien gründeten, brachten sie nicht nur ihre Baukunst, beheizte Bäder und Belustigungen wie Gladiatorenwettkämpfe mit, sondern auch die mediterrane Küche. So profane Zutaten wie Schalotten, Küchenzwiebeln oder Linsen finden bis heute Verwendung, aber zwei damals sehr geschätzten Blattgemüsen war ein anderes Schicksal beschieden: Gartenmelde und Fuchsschwanz kennen wir inzwischen nur noch als Zierpflanzen.
Mit ihrem wunderbaren Bildband „Historische Küchengärten im Rheinland“ schlagen Stephanie Hauschild und Marion Nickig den Bogen von der Antike über das Mittelalter, die Barockzeit und das späte 19. Jahrhundert bis in die jüngere Vergangenheit. Ihre Zeitreise führte die Kunst- und Gartenhistorikerin und die Fotografin an den Niederrhein, in den Rhein-Kreis Neuss und in die Eifel, in die Domstädte Aachen und Köln, nach Krefeld-Oppum, Düsseldorf und Braubach in Rheinland-Pfalz.
Nützliches kann sehr wohl Zierde sein
Hauschild und Nickig verstehen sich dabei als Anwältinnen einer Gartenart, der „vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht wird“. Wobei das, was auf den Tisch kommt – Obst, Gemüse und Kräuter – durchaus auch eine Zierde sein kann. Für all die, die derzeit den großen Sommer so schmerzlich vermissen, sind die farbenprächtigen, großformatigen Aufnahmen ein wahrer Augen- und Seelentrost.
Man glaubt, die Lavendelsträucher riechen zu können, die Bienen summen zu hören und die sonnenwarme Glätte reifer Johannisbeeren unter tastenden Fingern zu spüren. Zumal es um mehr geht, als nur ums Füllmaterial für Töpfe, Obstschalen und Mägen. Auch für Heil- und Färberpflanzen wie Salbei und Krapp oder Blumen, um daraus Sträuße zu binden wie die lilafarbenen Schwertlilien gibt es Platz in den nützlichen Gärten von Schlössern, Parken und Klöstern, auf Museumsgrund oder im Bestand eines Botanischen Gartens.
Hoch überm Rheintal liegt die Marksburg in Braubach. Ihr Garten ist „ein echtes Juwel“, wobei hier die Pflanzenauswahl von der Zeit Hildegard von Bingens (1098-1179) bis in die Gegenwart reicht.
Im Archäologischen Park Xanten erhält man einen Eindruck davon, wie ein römischer Nutzgarten aussah, für den Karlsgarten am Aachener Rathaus dienten Klosterbeete als Vorbilder.
Im Garten des Museum Schnütgen wacht die Heilige Cäcilie in Stein gemeißelt über ein „kleines Idyll in der quirligen Kölner Innenstadt.“ Weinreben wuchsen hier schon im Mittelalter und finden sich auch auf Reliefs dieser Zeit: „In ihnen verbindet sich die reiche christliche Symbolik mit dem Alltag der Menschen von damals“, heißt es im Buch.
Zwischen hohen Ziegelmauern gedeihen im Küchengarten von Schloss Benrath großzügig angelegte Pflanzfelder, im Freilichtmuseum Kommern quillt der Bauerngarten vor Gewächsen, Blüten und Farben geradezu über. Jedes der insgesamt neun Kleinode, die Hauschild und Nickig vorstellen, ist anders. Aber jedes einzelne ist eine Reise wert.
Historische Küchengärten im Rheinland. Von Stephanie Hauschild und Marion Nickig. Greven Verlag, 208 Seiten, 40 Euro.