Auf eigenem GrundstückPattscheider muss umstrittene Hochdruckleitung hinnehmen
Leverkusen – Weshalb der Grundstückseigentümer Erich Vahsen nicht früh genug umfassend über die Vorhaben der Pipeline-Betreiber informiert war, weiß er bis heute nicht ganz genau. „Wenn mir das alles so klar gewesen wäre, hätte ich schon früh einen Widerspruch eingelegt“, sagt Vahsen und blättert in Plänen und Papieren.
Er steht auf seiner Weide bei Pattscheid, die schon seiner Großmutter gehört hat, die er an einen Bauern in der Umgebung verpachtet hat. Der Mann sagt, er solle jetzt enteignet werden, weil das neue Rohr der Hochdruck-Gasleitung in einer Weide verlegt werden soll, die ihm gehört.
Duldsamer Eigentümer
Der juristisch korrekte Begriff für das Verfahren, in dem er sich gerade befindet, heißt „Besitzeinweisungsverfahren“, weil der widerständige Vahsen erstmal weiter Eigentümer seines Grundstücks bleibt, aber der Gegenseite das Recht einräumen muss, dort eine Leitung zu verlegen. Das will Vahsen aber nicht. Er wird aber müssen, denn ist erstmal ein Großprojekt wie eine Pipeline genehmigt, gibt es für Grundstücksbesitzer so gut wie keine Ausreden mehr: Sein Grundstück muss er dem Bauherrn überlassen, es bleibt nur die Frage, ob das unter Zwang oder freiwillig geschieht.
In Pattscheid stehen alle Zeichen auf Zwang. Die Bezirksregierung Köln zieht die Anträge auf Besitzeinweisung für die Firma Open Grid Europe (OGE) durch, die die Leitung für die späteren Betreiber „Nordrheinische Erdgastransportleitungsgesellschaft mbH & Co KG“ (NETG) baut. Ein Sprecher der Bezirksregierung sagte, seine Behörde habe insgesamt 25 solcher Verfahren durchgeführt.
„Ich habe auch beim letzten Termin in der Bezirksregierung auf Anraten meines Anwalts nichts unterschrieben“, sagt Vahsen. Geboten hat man ihm für die Leitungsrechte 1,50 Euro je Quadratmeter, dazu kommen pauschal eine Aufwandsentschädigung von 150 Euro. Das macht für den 271 Quadratmeter Wiese 556 Euro.
Für immer und ewig
Das sei wenig Entschädigung dafür, dass in der Weide auf immer und ewig ein 90 Zentimeter dickes Gasrohr liegen wird und dafür, dass man auf seiner Wiese niemals wieder etwa einen Wald pflanzen könne und dafür, dass dort nun ganz sicher nie Bauland aus der Weide werde, was die Eltern immer im Hinterkopf gehabt hätten, wie Vahsen sagt. „Das ist doch viel zu wenig für so ein schönes Grundstück“, sagt der Alkenrather.
Das könnte Sie auch interessieren:
Ob Vahsen das Problem nicht hätte, wenn es etwa einen öffentliche Erörterungstermin gegeben hätte, das kann niemand heute sagen. Tatsache ist, dass das Planfeststellungsverfahren für die Erdgasleitung – aus welchen Gründen auch immer – in Leverkusen vor 2013 nahezu geräuschlos über die Bühne gegangen ist und Fakten geschaffen wurden, die in der Stadt heute teilweise schieres Entsetzen hervorrufen: Mit der Fällung im Buchenwald am Neuenkamper Bach etwa hat Open Grid Europe einem der schönsten Wälder der Stadt eine riesige Schneise beschert, während die Firma ihre Pipeline ohne Probleme zum Beispiel unter der Autobahn 3 im Microtunneling-Verfahren hindurchschiebt.
Späte Rodung
Naturfreunden kann auch nicht gefallen, dass jetzt, mitten in der Vogelbrutzeit, direkt neben Vahsens Wiese ein letztes Stück Wald inmitten der Weiden an der Burscheider Straße gegenüber dem Neuenkamper Weg für die Pipeline gerodet wird. Unklar bleibt, wie das Verfahren so still und ohne Widersprüche durchgezogen werden konnte. Klar ist, was mit Vahsens Wiese wird: In die wird das Rohr gelegt.