Wunderwasser zur inneren und äußeren Anwendung
Das Geheimnis des Erfolges liegt in der Rezeptur. Und die ist streng geheim. Nur die Hauptbestandteile von 4711 Echt Kölnisch Wasser sind bekannt: ätherische Öle von speziellen Citrusfrüchten, ein bisschen Rosmarin und Lavendel. Das ganze muss ausgiebig in reinem Alkohol (85 Volumenprozent) reifen. Die genaue Zusammensetzung des Erfolgswassers stammt von einem Kartäusermönch. Der überreichte am 8. Oktober 1792 dem jungen Kaufmann Wilhelm Mülhens zur Hochzeit ein schlichtes, aber zukunftträchtiges Geschenk - eine Anleitung zur Herstellung eines aqua mirabilis, eines Wunderwassers.
Wilhelm Mülhens erkannte den Wert der Rezeptur schnell und begann mit dem Bau einer kleinen Manufaktur in der Glockengasse. Als die Franzosen das Rheinland 1792 besetzten, entdeckten sie das Wunderwasser als beliebtes Geschenk und schickten den Lieben daheim Eau de Cologne. Erst zwei Generationen später, im Jahr 1881, ließ Enkel Ferdinand Mülhens den Firmennamen Eau de Cologne & Parfümerie Fabrik Glockengasse 4711 gegenüber der Pferdepost von Ferdinand Mülhens eintragen. 4711 war die Nummer, die die Fabrik in der Glockengasse erhielt, nachdem der französische Kommandant General Daurier die fortlaufende Nummerierung aller Häuser anordnete. Die Zahl als Produktname war eine geniale Verkaufsstrategie, 4711 wurde damit - ergänzt um das Adjetiv Echt - zum ältesten Markenartikel Deutschlands.
Denn das Wasser war weit mehr als ein Wohlgeruch, den man sich hinters Ohr tupfte. Durchtringende Würkungen, welche es bey unzahlbaren Krankheiten und Personen täglich würket versprachen die beiliegenden Wasserzettel, die Anwendung und Wirkungen beschrieben. Mit Wasser oder Wein gemischt, sollte das Wunderwasser innerlich angewendet jegliches Herzklopfen besänftigen. Junge Personen sollten 20 bis 30, ältere 50 bis 60 Tropfen zu sich nehmen. Auch gegen Kopfschmerzen zeigte 4711 demnach Wirkung, wenn es durch die Nase eingeschnupft wurde.
Als aber Napoleon Bonaparte festlegte, das die Rezepturen für Arzneimittel offen gelegt werden müssten, entschieden die Hersteller, das Wunder- nur noch als Riechwasser anzubieten. Aufs Taschentuch geträufelt galt 4711 von da an als belebend. Und was 1909 noch mit Erfrischt und beruhigt die Nerven beworben wurde, hielt dem Wandel des Zeitgeists stand und bekam 2002 den Stempel The Culture of Freshness aufgedrückt.
Das Kölnisch Wasser aus dem Hause Mülhens ging früh um die Welt. Auf Weltausstellungen und Kongressen ausgezeichnet wurde das Kölner Unternehmen bald Hoflieferant vieler Königs- und Fürstenhäuser, selbst der Zar von Russland und der Prince von Wales sollen zu den Kunden gehört haben. Seit 1811, also noch bevor das Wasser den Namen 4711 trug, begann Wilhelm Mülhens rund um den Globus Vertretungen und Fabrikationsstätten aufzubauen. 201 Jahre und neun Monate nach Gründung des Familienunternehmens endete im Juli 1994 die Geschichte des Hauses Mülhens. Die Darmstädter Wella AG übernahm 91 Prozent des Unternehmens.
Bianca Pohlmann