Was tun gegen die Wildschweine?
Die Sauerei nimmt kein Ende: Nachdem Wildschweine den Sportplatz Erkensruhr, Wolfgartener Vorgärten und den Gemünder Kurpark umpflügten, waren sie nun in Heimbach und Katzvey aktiv.
EIFELLAND. Abends gegen 21 Uhr hört Heike Grimus aus Katzvey wieder verdächtige Geräusche in ihrem Garten. Ohne auch nur aus dem Fenster zu blicken, weiß sie, wer den Krach verursacht: Wildschweine. Seit etwa drei Wochen fühlt sich ein ganzes Rudel bei den Grimus und zwei weiteren Nachbarn im Garten richtig wohl. Mutig öffnet Ehemann Eckhard Grimus die Balkontür. Er schaut hinaus und schreit: Buh!
Sofort liefen die Wildschweine davon, erzählt Heike Grimus. Am darauf folgenden Abend sei Ruhe gewesen. Doch zwei Nächte später waren die Schwarzkittel wieder da. Nachbarin Sylvia van Bonn beobachtete die Tiere gegen halb vier Uhr. Rauszugehen und die Tiere zu erschrecken - das traue sie sich nicht. Ehemann Alfred van Bonn ist verärgert. Sein etwa 300 Quadratmeter großer Garten ist zerwühlt. Kaum ein Fleckchen Grün hat das Borstenvieh verschont. Bis ans Wohnhaus verlaufen die Wühlspuren. Ich wohne seit 1951 hier. Noch nie hatten wir mit derartigen Wildschweinschäden zu kämpfen, so van Bonn.
Die drei Familien wohnen parallel zur L 61. Die Eindringlinge kommen aus dem Wald, marschieren über die Straße und nehmen Kurs auf drei nebeneinander liegende Grundstücke. Das Kuriose: Die Schwarzkittel kreuzen eine landwirtschaftlich genutzte Wiese. Allerdings scheint ihnen die nicht zu gefallen. Stattdessen zwängen sie sich durch einen Koppeldrahtzaun, um in die Gärten zu gelangen.
Hilfe suchten die Betroffenen bislang vergebens: Sowohl die Stadtverwaltung als auch die Untere Jagdbehörde fühlten sich nicht zuständig. Die Verwaltung hat uns an die Jagdbehörde verwiesen, doch da ist nie jemand zu sprechen, ärgern sich die Nachbarn.
Der Schaden ist groß. Der Rasen müsse komplett umgepflügt werden, eingeebnet und wieder neu eingesät. Eine Firma verlangt pro Quadratmeter bestimmt fünf Euro. Und hier sind fast 6000 Quadratmeter zerstört, sagt van Bonn. Doch wer kommt für die Schäden auf? Heike Grimus fordert die Jagdpächter auf, etwas gegen die Wildschweine zu unternehmen. Die Nachbarn griffen bereits zur Selbsthilfe: Der etwa ein Meter hohe Zaun wurde verstärkt. Zudem hat van Bonn Bewegungsmelder angebracht. Und wenn das nicht reiche, so die Nachbarn, werden noch Glöckchen an dem Zaun befestigt.
Gehört hat Kurt Wergen aus Heimbach die Wildschweine bislang nicht. Doch die Schäden sind auch in seinem Garten unübersehbar. Mit einer Harke versucht er, notdürftig die gröbsten Schäden zu beheben. Er geht davon aus, dass ein ganzes Rudel das Heimbachtal heimgesucht und in mehreren Gärten sein Unwesen getrieben hat. Besonders schlimm haben die Sauen vor dem Feuerwehrgerätehaus gewütet, wo sie jeden Quadratzentimeter umgepflügt haben.
Doch was kann man gegen die Wildschweine tun?
Henning Walter, Leiter des Nationalpark-Forstamtes: Elektrozäune sind auf Dauer eine Kapitulation der Jäger vor dem Schwarzwild. Walter zeigt sich nur bedingt zufrieden mit den Maßnahmen zur Regulierung der Schwarzwildbestände. Der Landesjagdverband hatte vorgeschlagen, Elektrozäune als Abwehrmaßnahme zu errichten - zusätzlich zur Bejagung. Auch soll es zur engeren Zusammenarbeit zwischen Jägern und Landwirten kommen. Zur Verschärfung des Problems trugen nach Walters Ansicht auch die Jäger bei: Sie haben nicht so viele Tiere geschossen und die Schweine in milden Wintern gefüttert.
Einig sind sich Walter und der Landesjagdverband über die Ursache der hohen Schwarzwildbestände. Klimawandel und ein verändertes Fütterungsverhalten der Jäger förderten die Vermehrung. Durch die milden Winter überlebten mehr Frischlinge die kalte Jahreszeit als früher.
Zudem bauten die Landwirte verstärkt Mais an. In den Maisfeldern sind die Tiere für die Jäger nicht erreichbar. Daher fordern sie von den Landwirten, Schneisen in den Feldern zu lassen und Mais nicht direkt am Waldrand anzubauen.
Kritisch steht Walter dem Füttern der Tiere gegenüber. In der Natur ernähren sich die Tiere von Eicheln und Bucheckern. Durch Fütterungen gleichen die Jäger laut Walter Mangeljahre aus. Und nur wohlernährte Tiere vermehren sich, so Walter. So bringt eine Bache pro Wurf fünf bis sechs Frischlinge zur Welt.
Neben pflanzlichem benötigen die Schweine auch tierisches Eiweiß. Daher sind die Tiere auf der Suche nach Regenwürmern und Mäusen. Diese finden sie im Boden, den sie umwühlen müssen und dabei die Schäden anrichten.
Walter Schmitz, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, sieht ebenfalls Handlungsbedarf. Seit 20 Jahren haben Umweltbedingungen die Schwarzwildpopulation begünstigt. Sie kann sich unheimlich gut anpassen. Dadurch, dass die Schweine keine natürlichen Feinde haben, müsse der Mensch den Bestand regulieren. Die Kreisjägerschaft plant in der Jagdzeit von Ende Oktober bis Mitte Januar einen intensiven Einzelabschuss sowie Treibjagden. Gefüttert würden die Schweine weiterhin - um sie aus dem Wald zu locken. Dieses Anködern sei laut Schmitz bei Wildschweinen erlaubt.
Dieter Pasch von der Biologischen Station in Nettersheim sieht indes auch ein Problem bei den Jägern: Die Jäger werden im Bereich der Schwarzwildregulierung nicht umfassend genug ausgebildet. Gerade bei der Jagd auf Wildschweine sei es wichtig zu wissen, welches Tier einer Rotte der Jäger erschießt. Denn nur so könne die Population auf einem gleich bleibenden Niveau erhalten werden. Oftmals werden die falschen Tiere geschossen, weiß Pasch um das Problem der Jagd. Zudem würden die Wildschweine nicht konsequent genug gejagt.