Von Neapel in die nördlichste Stadt Italiens
Um ans Meer zu kommen, brauchte er nur zehn Minuten, zum Hauptbahnhof war es auch nicht viel weiter. Auch heute noch wohnt Antonio Grieco in Bahnhofsnähe, den Golf von Neapel aber sieht er nur noch im Urlaub. Im Agnesviertel betreibt der gebürtige Italiener gemeinsam mit seinem Bruder Rino das Lokal Da Antonio. Wenige Jahre nach Unterzeichnung des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und Italien sind beide mit ihren Eltern nach Deutschland gekommen, geblieben sind sie für immer.
Der Armut waren die Eltern Anfang der 60er Jahre als so genannte Gastarbeiter nach Deutschland entflohen. Seit Ende der 50er Jahre hatten deutsche Firmen Arbeitswillige in Scharen aus mediterranen Ländern geworben. Dass er irgendwann nach Neapel zurückkehrt, wo er als Junge durch die Straßen des Quartiers Tribunale zog, kann sich der 61-Jährige nicht mehr vorstellen. Wie viele tausende vor, mit und nach ihm wurde die Fremde zur Heimat und die Heimat fremd. Schließlich hat Antonio in Köln Anneliese kennen gelernt, die Liebe seines Lebens, die heute in der Melchiorstraße das Tagescafé Courage betreibt.
In gewissem Sinn sind Rino und Antonio dann aber doch Gast-Arbeiter geblieben, haben sie doch 1981 gemeinsam das italienische Restaurant an der Neusser Straße übernommen. In Neapel sei die Küche der Großeltern das Hauptquartier der Großfamilie gewesen. Heute ist das Lokal Da Antonio ein bisschen so etwas wie ein Veedels-Treffpunkt. An Sommertagen schlürfen die Menschen vor dem Lokal in der Sonne ihren Latte Macchiato, jetzt im Winter genießen sie bei Kerzenschein zum Beispiel Maccaroni Broccoli an Pfeffersahnesauce.
90 Prozent sind Stammgäste, so Grieco. Kasper König, Direktor des Museums Ludwig, gehört ebenso dazu wie TV-Moderatorin Charlotte Roche und die weniger prominenten Nachbarn rund um die Pfarrkirche St. Agnes. Im Oktober wird das 25. Jubiläum gefeiert, Rinos Tochter Cincia und Ehemann Georgio bereiten sich auf die Nachfolge vor.
Dass es ihn nach Köln verschlagen hat und nicht wie seinen zweiten Bruder Salvatore nach Würzburg, darüber ist Antonio Grieco froh. Denn, so räumt er schmunzelnd ein, ein bisschen was ist doch dran am Kölner Klischee von der nördlichsten Stadt Italiens.