Tod im RheinlandStreuselkuchen zum Leichenschmaus
KÖLN - In „Letzte Reise“ untersucht die Wissenschaftlerin Dagmar Hänel, welche historischen Bräuche rund um das Sterben bekannt sind und wie damit umgegangen wird. „Der Tod wird seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verdrängt“, erklärt Hänel. Trauer finde seitdem eher im Privaten statt und werde weniger öffentlich gemacht. Man könne dies zum Beispiel daran erkennen, dass nahezu niemand mehr nach einem Todesfall in der Familie schwarze Trauerkleidung trage, wie es früher üblich war.
Im Kontrast dazu werde der Tod in den Medien täglich gezeigt. „Durch diesen Umgang mit dem Sterben geht auch eine Menge Wissen darüber verloren, wie man trauern kann.“ In ihrem Buch erzählt die Wissenschaftlerin zur Orientierung viele Geschichten von Menschen, die berichten, wie sie mit ihrer Trauer umgehen und sie bewältigen. Regionale Unterschiede im Umgang mit dem Tod gebe es hingegen mittlerweile nicht mehr. Die Autorin sieht als Grund dafür, dass die Globalisierung auch in diesem Bereich um sich greife. Historische Bräuche, wie das im Rheinland früher verbreitete „Totenbrett“ seien in Vergessenheit geraten. „Dieses Brett war bemalt mit Sinnsprüchen und wurde zumeist in der Kirche beim Küster aufbewahrt“, berichtet Hänel. „Wenn jemand starb, wurde das Totenbrett von einem Nachbarn beim Küster abgeholt und neben die Haustür gestellt.“ Auf diese Weise sei es jedem möglich gewesen, den Trauerfall zu erkennen. Die Seite, auf der das Brett abgestellt wurde, zeigte an, ob der Verstorbene verheiratet oder ledig war. In der Eifel stieß Hänel auf einen speziellen Kuchen, der ausschließlich zu Beerdigungen gebacken wurde. Man rollte eine Zimtfüllung in Teig ein und legte ihn kunstvoll in Ringe. Im Rheinland hingegen sei es bis heute üblich, zum Leichenschmaus Streuselkuchen zu reichen.
„Mir war es wichtig, ein Buch zu schreiben, um den Tod aus der Tabuzone herauszuholen“, betont Hänel. Der Satz „Der Tod gehört zum Leben“ müsse wieder mehr gelebte Wirklichkeit werden.
Dagmar Hänel: Letzte Reise. Vom Umgang mit dem Tod im Rheinland. Greven-Verlag, Köln, 12,90 Euro.