„Tatort“-KritikViele zerrüttete Familien und traumatisierte Kinder in Köln
Der Fall
Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) mussten im neuen „Tatort“ aus Köln den Tod einer Mitarbeiterin des Jugendamts aufklären. Monika Fellner (Melanie Straub) hatte sich mit ihrem Übereifer und ihrer Paragrafen-Treue viele Feinde gemacht. Als sie erschlagen aufgefunden wurde, war das Feld der Verdächtigen groß. Denn ein Auge zuzudrücken, das war für die Frau undenkbar gewesen. Das kam weder bei den Eltern noch bei ihren Kollegen gut an.
Die Auflösung
Es gibt im „Tatort“ ein paar Gesetze, die fast immer zutreffen. Oft sind gerade diejenigen die Täter, bei denen anfangs alles einen guten Eindruck macht. Das war auch in „Niemals ohne mich“ so. All die wütenden Eltern, die Fellner zum Teil sogar gedroht hatten, hatten nichts mit ihrem Tod zu tun. Es war der scheinbar so einfühlsame und nette Leiter der Jugendamts, Markus Breitenbach (Christian Erdmann), der seine Kollegin erschlagen hatte. Die war ihm auf die Schliche gekommen. Breitenbach, der so treusorgende Familienvater, hatte ein Verhältnis mit mindestens einer Klientin und hatte zudem einfach Klientinnen erfunden, um sich so Geld vom Staat zu erschleichen.
Die Thematik
Drehbuchautor Jürgen Werner arbeitete sehr schön heraus, dass der Kampfs ums Kind nicht nur in bestimmten sozialen Schichten in hasserfüllte Machtspielchen ausartet. Das Wohl seiner Kinder verlor das frühere Architektenpaar ebenso aus den Augen wie die alleinerziehende Mutter. Die Kinder, um die es hier ja eigentlich gehen sollte, standen am Rand, wurden zum Spielball, um den anderen zu verletzten.
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Und auch die Inszenierung von Regisseurin Nina Wolfrum machte deutlich, dass es hier nur vorgeblich um das Wohl des Nachwuchses ging. Sie nahm die Kinder in einer gelungenen Art und Weise aus dem Zentrum, lediglich in einigen sehr aussagekräftigen Szenen richtete sich das Augenmerk auf sie.
Fazit
Der Kölner „Tatort“ blieb seinem Ruf treu und arbeitete sich an einem gesellschaftlichen Missstand ab. Dieser Krimi war dabei ein klassischer Whodunit, bei dem fast jeder verdächtig schien. Allerdings wurde die saubere Fassade des Jugendamtsleiters vielleicht doch etwas zu sehr betont. Die Kommissare Ballauf und Schenk verhielten sich so, wie man es von ihnen kennt. Schenk eher mitfühlend und verständnisvoll, Ballauf mit weit weniger Verständnis.
Schon ist in Zeiten der Coronakrise die Rede davon, dass sie neben vielen anderen negativen Folgen auch die Scheidungsrate in die Höhe treiben wird. Wer den neuen „Tatort“ aus Köln gesehen hat, wird diese Theorie mit Sicherheit unterstreichen. So viele zerrüttete Familien, zerstrittene Paare und traumatisierte Kinder wie in „Niemals ohne mich“ sah man selten.