New York/London – Der britische Prinz Andrew will sich im Rechtsstreit um Missbrauchsvorwürfe einem Geschworenenprozess stellen. Das geht aus einem Dokument hervor, das seine Anwälte am Mittwoch vor Gericht in New York einreichten.
Er streitet die Vorwürfe weiterhin vehement ab. Noch scheint es nicht zu spät für eine außergerichtliche Einigung. Doch das liegt nicht in Andrews Hand.
Die Klägerin Virginia Giuffre wirft Andrew vor, sie als Minderjährige mehrfach missbraucht zu haben. Sie gibt an, Opfer eines von dem US-Multimillionär Jeffrey Epstein und seiner Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell aufgebauten Missbrauchsrings geworden zu sein. Nach eigenen Angaben wurde sie dabei zum Missbrauch an den Royal vermittelt.
Die mit Andrew viele Jahre befreundete Maxwell war erst vor kurzem von einem Gericht in einem US-Strafverfahren in mehreren Punkten schuldig gesprochen worden und muss mit einer langen Haftstrafe rechnen. Epstein nahm sich 2019 in Untersuchungshaft das Leben.
Der Prinz weist die Vorwürfe erneut zurück
Nun gibt sich der Prinz kämpferisch. In dem vor einem Bundesgericht in Manhattan eingereichten Dokument werden die Vorwürfe erneut zurückgewiesen und elf Gründe aufgelistet, warum die Zivilklage abgewiesen werden sollte. Unter anderem führen Andrews Anwälte ins Feld, Klägerin Giuffre habe sich selbst schuldig gemacht - eine Behauptung, die bei deren Anwälten auf heftigen Gegenwind stieß. „Wir freuen uns darauf, Prinz Andrew bei seiner Vernehmung und im Prozess mit seinem Leugnen (der Vorwürfe, Anm. d. Red.) und den Versuchen, Frau Giuffre für ihren Missbrauch verantwortlich zu machen, zu konfrontieren”, teilte Klägeranwalt David Boies mit.
Ob es der 61 Jahre alte Prinz im Jahr des Platin-Thronjubiläums seiner Mutter Queen Elizabeth II. (95) tatsächlich auf einen Prozess ankommen lassen will, ist unklar. Eine außergerichtliche Einigung sei noch nicht ausgeschlossen, sagte der US-Rechtsexperte Neama Rahmani der Deutschen Presse-Agentur. Giuffre klagt auf Schadenersatz in unbestimmter Höhe. Spekulationen zufolge könnte es um einen Millionenbetrag gehen.
Sollte es zum Prozess kommen, werde sich Andrew detaillierten Fragen sexueller Natur stellen müssen, warnte der Medienanwalt Mark Stephens der Nachrichtenagentur PA zufolge. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Königsfamilie ihm erlaubt, das durchzuziehen und das Platin-Jubiläum damit überschatten zu lassen”, sagte Stephens. Ansonsten könnte die gesamte Monarchie in Frage gestellt werden, warnte er.
Der Prinz zeigt trotzige Haltung
Doch trotz Andrews kämpferischen Auftretens liegt es nicht in seiner Hand, den Fortgang des Verfahrens zu bestimmen. Es sei Giuffres „verfassungsmäßiges Recht, einen Geschworenenprozess zu haben, wenn sie das verlangt”, sagte US-Opferanwältin Lisa Bloom der BBC zufolge. Den Äußerungen Giuffres nach zu urteilen, könnte es sein, dass sie sich nicht mit einer Geldzahlung dazu bringen lassen wird, die Klage fallen zu lassen. „Mein Ziel war immer, zu zeigen, dass die Reichen und Mächtigen nicht über dem Gesetz stehen und zur Verantwortung gezogen werden müssen”, schrieb sie erst vor knapp zwei Wochen auf Twitter.
Gegen Andrew gibt es - offiziell zumindest - bisher keine strafrechtlichen Ermittlungen. Doch der Schaden für seinen Ruf, und den des Königshauses, ist schon jetzt beträchtlich. Bereits Ende 2019 legte Andrew seine öffentlichen Aufgaben für die Royals nieder. Organisationen, denen er als Schirmherr gedient hatte, distanzierten sich reihenweise von ihm. Zuvor hatte er in einem BBC-Interview versucht, sich zu rechtfertigen - doch der Schuss ging nach hinten los. Seine Erklärungen klangen unglaubwürdig und verschlimmerten die Lage nur noch.
Zuletzt ging auch die Queen auf Distanz - Berichten zufolge auf Druck von Thronfolger Prinz Charles (73) und dessen Sohn Prinz William (39), die sich um den Fortbestand der Monarchie sorgen. Sie entzog Andrew auch noch seine militärischen Dienstgrade. Auch auf die Anrede „Königliche Hoheit” muss er verzichten. Andrew werde sich in dem US-Prozess als privater Bürger verteidigen und weiterhin keine öffentlichen royalen Aufgaben mehr übernehmen, teilte der Buckingham-Palast Mitte Januar mit.
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