Nach tragischem Unfall„Er ist unser bester Artist“

Museumsleiter Dr. Josef Mangold, LVR-Presdsesprecherin Birgit Ströter, Peter Mario Weisheit und Museums-Vize Dr. Michael Faber. (Foto: Zimmermann)
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Kommern – Er bemüht sich um einen sachlichen Tonfall. „Unsere erste Sorge gilt natürlich der Gesundheit meines Bruders“, sagt Peter Mario Weisheit. Seit 2003 ist er Sprecher der weltweit bekannten Artistengruppe „Geschwister Weisheit“. Doch diese Pressekonferenz gestern Mittag im Freilichtmuseum Kommern ist seine bislang schwierigste. „Er hat keine inneren Verletzungen, keine Kopfverletzungen“, sagt Weisheit über den Zustand seines Bruders André, der am Dienstagabend bei einer Motorrad-Darbietung vor über 400 geschockten Zuschauern aus zehn Metern Höhe von einem Hochseil auf den Boden stürzte. „André hat eine Fraktur im Beckenbereich und eine in den Füßen“, sagt Weisheit.
Ob bleibende Schäden zu befürchten seien, will jemand wissen. Weisheit bittet um Verständnis: „Was ich jetzt sagen würde, wäre rein spekulativ.“ Nur soviel: „Wir haben gute Hoffnung, dass er relativ schnell wieder auf die Beine kommen kann.“ Eine erste Operation sei gut verlaufen. Sein Bruder sei durchtrainiert, Artisten hätten ohnehin großen Lebenswillen. André Weisheits Ehefrau sowie seine 18-jährige Tochter Katja seien natürlich erschüttert, so wie die gesamte Truppe der „Geschwister Weisheit“, die mit 16 Akteuren nach Kommern gekommen war, um das Publikum mit spektakulären Attraktionen zu begeistern: „Das ist eine tiefe Wunde in unserem Familienleben.“
Wie aber konnte es zu dem Unfall kommen? Für Weisheit ist es derzeit ein Rätsel: „Das können wir erst sagen, wenn wir mit André gesprochen haben.“ Die Unglücks-Nummer sei längst nicht die Schwierigste im Programm. An der Technik habe es nicht gelegen. Dies hätten erste Untersuchungen ergeben. „Ich möchte damit aber nicht sagen, dass André einen Fehler gemacht hätte“, fügt er hinzu. „Er ist unser bester Artist, der einzige auf der Welt, der auf einem 62 Meter hohen Stahlmast einen einarmigen Handstand macht.“
1968 wird André Weisheit in das 110 Jahre alte Familienunternehmen hineingeboren, ab dem fünften Lebensjahr wird er - zunächst ganz spielerisch - an die Hochseilakrobatik herangeführt. Hunderte Male tritt er auf, nie passiert etwas. Überhaupt habe es in der 110-jährigen Geschichte der Familie einen solch schweren Unfall noch nicht gegeben, stellt Peter Mario Weisheit fest. Schon für seinen Urgroßvater, der das Familienunternehmen gründete, sei Sicherheit oberstes Gebot gewesen. Sein Vater habe noch zu DDR-Zeiten ein lukratives Engagement in den USA abgelehnt, weil der Veranstalter die Truppe ohne Netz habe agieren lassen wollen. Nur bei den Motorrad-Darbietungen sei der Fahrer - im Gegensatz zu seiner Partnerin im Gestell - nicht per Fangseil abgesichert, erklärt Weisheit: „Es war für uns bisher unvorstellbar, dass der Artist abstürzen könnte, weil man sich an einem Motorrad immer festhalten kann. Davon sind wir ausgegangen.“. Eine Einschätzung, die am Dienstagabend auf dramatische Weise widerlegt worden war. „Wir werden Sicherheitsvorkehrungen treffen, dass so etwas nicht mehr passieren kann“, sagt Peter Mario Weisheit - und verabschiedet sich. Er wolle zu seinem Bruder ins Krankenhaus.