Kontrollen und MindestpreiseRufe nach Änderungen der Fleischproduktion werden lauter
Berlin – Vor den Beratungen des sogenannten Corona-Kabinetts zur Situation in der Fleischindustrie sind Rufe nach grundlegenden Änderungen laut geworden. „Die Zustände sind weder mit einem christlichen Menschenbild noch mit einer sozialen Marktwirtschaft vereinbar“, schrieb Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) einem Bericht zufolge an die Bundesregierung. Nötig seien höhere Bußgelder bei Arbeitszeitverstößen und mehr Kontrollen.
Die Grünen forderten unter anderem Mindestpreise für Tierprodukte. Laumann forderte nach einem Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, das mögliche Bußgeld bei Arbeitszeitverstößen von bislang maximal 15.000 Euro auf künftig 30.000 Euro zu erhöhen. Zudem sollten die behördlichen Kontrollbefugnisse bezüglich der Unterbringung ausgeweitet werden, so dass künftig auch privat vermietete Wohnungen überprüft werden können.
Verbot des Dumpingwettbewerbs
Die Grünen fordern neben Mindestpreisen ein Verbot von Werkverträgen und eine Ausweitung der staatlichen Kontrollen. „Der Ausbruch von Corona in mehreren Schlachthöfen in Deutschland wirft ein Schlaglicht auf die dramatischen Probleme der Agrarindustrie“, schreibt Grünen-Chef Robert Habeck demnach in dem Papier. „Sie funktioniert nach dem Prinzip: Massenproduktion von Fleisch zu Dumpingpreisen dank Dumpingbedingungen.“ Die Grünen fordern ein Verbot des Dumpingwettbewerbs.
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Im Lebensmitteleinzelhandel dürfe ein Mindestpreis für tierische Produkte, der auch die Produktionskosten berücksichtige, nicht mehr unterschritten werden. Beim Arbeitsschutz in der Fleischindustrie müsse eine Generalunternehmerhaftung eingeführt werden. Zudemmüssten die Haltungsbedingungen der Tiere verbessert werden: „Mehr Tierwohl lässt sich zum Beispiel durch einen Tierschutzcent auf tierische Produkte finanzieren. Damit wird der Umbau von Ställen finanziert, und Tiere bekommen mehr Platz.“
Vorschläge im Corona-Kabinett
In mehreren Schlachtbetrieben Deutschlands hat es in den vergangenen Wochen Corona-Ausbrüche gegeben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will deshalb am Montag Vorschläge in das sogenannte Corona-Kabinett einbringen, um das Arbeitsschutzgesetz zu ändern. Berichten zufolge sieht ein Beschlussvorschlag des Arbeitsministeriums ein weitgehendes Verbot von Werkverträgen in Schlachthöfen vor. Die Fleischindustrie wehrte sich derweil gegen den Vorwurf, flächendeckend Hygienestandards und Arbeitsschutzbestimmungen zu unterlaufen.
In drei Schlachthöfen hatten sich in großer Zahl vornehmlich osteuropäische Leiharbeiter mit dem Coronavirus angesteckt, die in beengten Sammelunterkünften untergebracht waren. In der Fleischproduktion sind bis zu 50 Prozent der Beschäftigten Leiharbeiter oder Saisonkräfte aus dem Ausland. Inzwischen seien die Belegschaften von 22 Betrieben in mehreren Bundesländern auf das Virus getestet worden, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Deutschen Fleischwirtschaft, Heike Harstick, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Von den 9710 bis zum Samstagnachmittag vorliegenden Testergebnissen seien nur 48 positiv.
Dem Verband gehören auch die Unternehmen Westfleisch, Vion und Müller an, in deren Betrieben die Corona-Ausbrüche festgestellt wurden. Der Deutsche Bauernverband wandte sich gegen das von Heil geplante Verbot von Werkverträgen in Schlachthöfen. „Es ist zu befürchten, dass ein pauschales Verbot von Werksvertragskonstruktionen die Corona-Situation in den Betrieben und Unterkünften nicht verbessert“, sagte der Generalsekretär Bernhard Krüsken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstagsausgaben). (afp)