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Lieder gegen Nazis und sinnlose Kriege

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SATZVEY. Die Zeiten, als er auf die Straße ging, in Szenekneipen mit Schlapphut auf dem Kopf seine Lieder sang, als er mit der RAF-Szene in Verbindung gebracht und später Mitglied der DKP wurde, diese Zeiten sind längst vorbei. Aber seine Botschaft verkündet er nach wie vor, die Botschaft gegen alte Nazis und Neonazis, die Botschaft gegen sinnlose Kriege, die Botschaft gegen Unrecht - Hannes Wader (61) verkündete seine Botschaft im völlig ausverkauften Bourbonensaal der Burg vor wahren Fans.

Teils hatten sie ihn zuletzt vor 25 Jahren live gesehen und gehört. Doch ob Ingenieur, ob Chefarzt, ob Pädagoge oder Hausfrau - konzentriert lauschten sie seinen Texten und klatschten spontan, wenn der Liedermacher Unrecht geißelte. Sie summten oder sangen gar leise mit, wenn er einen seiner alten Hits vortrug. Hannes Wader, die Augen meist geschlossen, regelrecht in sich gekehrt, fesselte sein Publikum.

Hannes Wader, Konstantin Wecker, Klaus Hoffmann, Reinhard Mey - das sind die Liedermacher. Wader hat mit allen bereits zusammen gearbeitet. In Satzvey war er allein. Mit seiner Gitarre. Und begann melancholisch mit einem Lied über den nordfriesischen Vorfrühling und „Ich wünsche mir mehr Mut“. Wozu? Um noch deutlicher Farbe zu bekennen. Im Lied vom „Rattenfänger“ gibt er sein Credo ab. Wenn Ruhe bewahren mehr als Recht bedeutet, wenn Unrecht als Naturgewalt akzeptiert wird, dann ist das nicht sein Ding.

Gegen Unrecht wehrt

er sich mit Worten

Hannes Wader wehrt sich, wenn er Unrecht wittert, er wehrt sich mit Worten. Das zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Liederabend. Wobei er („mit meinem Lebenslauf hätte ich nie eine Stelle bekommen“) die Vergangenheit nicht auslässt. „Schön ist die Jugend“ titelt er, „sorglos und frei“, um ironisch hinzuzufügen, dass es ein barmherziger Trick der Seele sei, auf ein erfülltes Leben zurückzublicken („ich war schüchtern, verpickelt und immer geil“). Wer den Namen Hannes Wader nur mit politischer Aufmüpfigkeit verbindet, konnte sich in Satzvey eines Besseren belehren lassen. Er nahm Texte von Joseph von Eichendorff („Wandern lieb ich für mein Leben“) ebenso auf wie die Lyrik des Schweden Bellman, selbst eine griechische Ballade im 7 / 8-Takt meisterte er bravourös.

Hannes Wader, der Liedermacher und Feind von Unrecht, erwies sich aber auch als guter Erzähler. Die Übergänge zwischen den Liedern waren unterhaltsam, weckten Neugier. Die befriedigte er auch bei „Schön ist das Alter“ mit reichlich Ironie (Deckenkäufer bei Kaffeefahrten, Linksfahrer) und der Selbsteinschätzung „Vor der Zukunft graut es mir“ - bis zum „Senior“ hat er ja nicht mehr lange.

Wader kam immer wieder zu „seinem“ Thema zurück. In „Vaters Land“, dem er immer mehr gegeben habe als er zurückbekommen habe, in diesem Land möchte er kein Deutscher sein, „wenn Deutsche Ausländer erschlagen“. Krieg, Nationalismus und Fremdenhass geißelte er, der es als Stiefeltritt ins Gesicht empfindet, dass Neonazis „meine Lieder singen“, dass sie seine Texte missbrauchen für ihre Zwecke und „ich juristisch dagegen nichts tun kann.“

„Stellungnahme“ heißt seine Erklärung. Rein rhetorisch die Frage, ob man lieber Unrecht erleiden soll, nur um Streit zu vermeiden. „Ich werde weiter meine Lieder singen“ sagte er unter tosendem Beifall, „aber ich rede nicht mit Nazis.“ Und regt zum Grübeln an, weil „mein Volk in 50 Jahren mit den alten Nazis nicht fertig geworden ist.“

Ein Lied durfte natürlich nicht fehlen. Die Fans kennen den Text auswendig. Er geht unter die Haut. „Es ist an der Zeit...“ lautet die Ballade vom jungen, toten Soldaten, der sinnlos im Krieg sterben musste. „Dich haben sie belogen, wie sie es heute noch tun“ trauert er um den 19-Jährigen („Du hast alles gegeben“). Ein „Gänsehaut“-Lied.

Doch der Hannes Wader, der sich nach dem Konzert an der Theke noch ein Bier gönnt, ist auch ein Schelm. Seine Zugaben, von standing ovations begleitet, beendete er („Wir singen das zusammen“) mit „Ade nun zur guten Nacht“ , wobei die letzte Strophe ein Hochgesang auf die Mannswelt war, nachdem die vorletzte so geendet war: „Die Mädchen auf dieser Welt / sind falscher als das Geld.“ Die Damen im Bourbonensaal reagierten mit Lachen . . .