LiebesgeschichteLiebe in den Zeiten des Karnevals

Barbara und Markus Ritterbach (Bild: Gauger)
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Köln – In dieser Nacht steht es auf des Messers Schneide. Ein junges Paar, das am nächsten Tag eigentlich das Hochzeitsaufgebot bestellen möchte, brüllt sich an. Sie hat Angst, dass sie sich in ihm getäuscht hat. Dass er einer von denen ist, die sie schon immer so schrecklich fand. Er dagegen hat die Faxen dicke. Peinlich, findet er, wie sie sich eben aufgeführt hat. Sogar die Freunde hat sie beschimpft. . . Und das alles wegen einer Karnevalssitzung!
Es ist die ganz persönliche Geschichte von Barbara und Markus Ritterbach. Eine Story mit Happyend, die nur der Karneval schreiben kann: Ein Paar, das heiraten will, wird im Fasteleer zunächst auf eine harte Probe gestellt, aber ausgerechnet der bereichert anschließend das gemeinsame Leben. Dass ihr Mann einmal Präsident des Festkomitees Kölner Karneval werden würde, hätte Barbara Ritterbach nie für möglich gehalten. „Ich dachte ja immer, er bleibt ein normaler, kleiner Roter Funk.“
Und als solcher geht er 1993 mit seiner Verlobten auf die Fernsehsitzung. Die zwei sind seit dem Sommer ein Paar, an Weihnachten war für beide klar, dass sie heiraten wollen. „Allein Markus in dieser Uniform zu sehen, war ein Schock für mich“, erzählt Barbara Ritterbach. Sie ist Fan der Stunksitzung. „Der traditionelle Sitzungskarneval war für mich das Feindbild. Elferrat, Dreigestirn, Schunkeln auf Kommando und all das - das ging für mich gar nicht.“ Und das bewahrheitet sich an diesem Abend: Das Paar sitzt in der zweiten Reihe, Fernsehkameras schwenken hin und er, Elferrat, Dreigestirn, Schunkeln auf Kommando. Schon in der Pause macht Barbara ordentlich Stunk, redet Tacheles mit den Freunden, die die Karten besorgt hatten. „Das ist doch alles Scheiße, was hier passiert!“
Der Zoff setzt sich zu Hause fort. „Ich dachte immer nur: ,Mensch, mit so einem willst du dein ganzes Leben zusammen sein? Dann hast du einen Karnevalisten am Hals, mit Elferrat, Dreigestirn und Schunkeln auf Kommando. . .“
Irgendwann in dieser Nacht beruhigen sich die Gemüter dann doch noch. Die „Stunkerin“ denkt sich „wenn es das einzig Schlimme ist. . .“, entschuldigt sich am nächsten Tag bei den Freunden und bestellt mit ihrem Verlobten das Aufgebot.
Dass die Ehe ein Lernprozess ist, erfahren auch Mann und Frau Ritterbach. „Heute sehe ich den traditionellen Karneval viel differenzierter“, erzählt der Stunksitzungs-Fan und hebt die Vielzahl der karitativen Veranstaltungen und die Zöch hervor. Es sei toll, dass der Kölner Karneval so viele Facetten habe, ergänzt der Festkomitee-Chef, spricht von der „Imi-Sitzung“, „Deine Sitzung“ und dem früheren Feindbild des alteingesessenen Karnevals, der „Stunksitzung“. Dort ist Ritterbach mit seiner Frau seit Jahren zu Gast - „wobei ich das Sexistische in manchen Nummern nicht brauche, da bin ich konservativ“.
Die Ehe ist glücklich, sagen beide. Und sie hält - da sind sich die zwei auch sicher - weil sich im Hause Ritterbach eben nicht alles um den Fastelovend dreht. Wenn es zu viel wird mit Tusch und Alaaf, Sitzungen besuchen und Festkomitee repräsentieren, nehmen sich die Ritterbachs eine Auszeit: „Wir sind schon mal Karnevalssamstag zu Hause geblieben, weil wir unsere Ruhe brauchten.“ In dieser Session, schätzt der Präsident, habe er 150 Sitzungen besucht, seine Frau witzelt, es seien gefühlte 1823.
„Wir sind eine ganz normale Familie“, betont das Paar, das drei Söhne im Alter von 16 und 12 Jahren hat. „Wir reden über Schulnoten, oder darüber, wie viel Alkohol man mit 16 trinken darf.“ Und über Kunst. Neben Golf spielen ist es das gemeinsame Hobby. Markus und Barbara Ritterbach veröffentlichen dazu eine eigene Magazin-Reihe. In Ausgabe Nr. 86 von „Junge Kunst“ geht es unter anderem um die neue Kunstszene in Damaskus.
Barbara Ritterbach war zunächst fürs Marketing zuständig, heute ist sie Verlagsleiterin im Betrieb ihres Mannes, dem Ritterbach-Verlag in Frechen. „Ich bin stolz auf ihn“, sagt sie, weil er dem Karneval eine Frischzellenkur verpasst hat. „Markus hat die Gabe, Leute zu überzeugen und mitzunehmen.“ Einige Jahre wird er das wohl noch machen als Festkomitee-Chef. Aber all zu lange, sagt Barbara Ritterbach, wünscht sie sich das nicht: „Es gibt Wichtigeres als Karneval im Leben.“ - „Komisch“, entgegnet der Gatte, „mir sagst du immer, du seist froh, wenn ich weg bin.“