Interview mit Georg Quander„Köln hat große Fortschritte gemacht”
Georg Quander (Jahrgang 1950) ist seit 1. Juni 2005 Kulturdezernent der Stadt Köln. Mit Hartmut Wilmes sprach er über Erfolge, Enttäuschungen und Herausforderungen.
Welches war für Sie das beeindruckendste Kulturereignis 2011?
Die Uraufführung der Stockhausen-Oper "Sonntag aus Licht" war schon etwas ganz Besonderes. Sowohl dank der Regie, dank der Musik, des passenden Orts. Und wir konnten einem besonders mit der Stadt verbundenen Komponisten endlich die angemessene Reverenz erweisen, wenn auch posthum.
Andere Glanzlichter?
Da gibt es viele, etwa dass Karin Beier zum zweiten Mal den Titel "Theater des Jahres" errungen hat. Oder die Erfolge der Museen, wobei der Besucherstrom an der Cäcilienstraße immer noch nicht abreißt.
Und Enttäuschungen?
Eigentlich relativ wenige.
Trotzdem hat es den Versuch gegeben, Opernchef Uwe Eric Laufenberg an Ihnen vorbei zum Generalintendanten zu machen und Kollegin Beier zum sofortigen Abschied zu zwingen. Das kann Ihnen ja kaum gefallen haben, oder?
Das hat sich ja auch nicht als erfolgreich erwiesen, insofern bin ich da versöhnt. Zumal sich die etwas eingemauerten Positionen inzwischen konstruktiv aufgelöst haben.
Herr Laufenberg hat drastisch die Unterfinanzierung der Oper beklagt, zum Teil verbunden mit Kollegenschelte, und ist irgendwann vom Oberbürgermeister zum Schweigen ermahnt worden. Nun tickt diese Zeitbombe leise, aber entschärft ist sie noch nicht...
Nein. Tatsächlich hat die Oper nicht das Finanzvolumen, das uns vorschwebt. Da ist uns die Finanzkrise in den Bühnenetat gegrätscht, und es hat statt Aufbesserungen sogar eine Kürzung gegeben. Das ist ein ungelöstes Problem. Andererseits gibt es natürlich einen Etat, egal, ob er vom Rat verabschiedet wurde oder nicht. Und in dessen Rahmen muss man sich so lange bewegen, bis man bessere Perspektiven hat.
Wird es die geben?
Wir bemühen uns um zusätzliche Ressourcen, weil das Programm, das Herr Laufenberg in der Oper fährt, zu Recht sehr gelobt wird. Andererseits muss der Spielplan die personellen wie finanziellen Kapazitäten berücksichtigen, und ich glaube, da ist der Intendant etwas zu forsch in seinen Vorhaben.
Der Opernintendant wirkte zuletzt sehr dünnhäutig, halten Sie eine Kurzschlussreaktion für denkbar?
Das ist nicht ausgeschlossen, wobei ich das nicht hoffe. Es wäre auch töricht, denn er leistet gute Arbeit und hat alle Chancen. Nur muss man diese Finanzdebatte in Ruhe führen.
Welche Etaterhöhung schlagen Sie denn für die Bühnen vor?
Kann ich noch nicht genau sagen, aber ich hoffe, dass wir Mitte Januar auf verlässlicher Zahlbasis in die politischen Gespräche einsteigen können.
Bei den Museen gehen Sie mit einer Erhöhung des Sonderausstellungsetats von 400 000 Euro in die Haushaltsberatungen. Wie stehen die Chancen?
Ich hoffe, dass das verabschiedet wird. Denn aus dieser Summe könnte man schnell 1,2 bis 2 Millionen machen, weil das die Basis ist, um Drittmittel etwa von Stiftungen zu bekommen. Eigentlich wollte ich sogar eine Million Euro mehr haben. Wie wichtig diese Mittel sind, sieht man ja an den exzellenten Sonderausstellungen wie "Glanz und Größe des Mittelalters" im Museum Schnütgen oder Kasper Königs bestens besprochener Schau "Vor dem Gesetz".
Sie haben mit Philipp Kaiser fürs Museum Ludwig und Stefan Bachmann fürs Schauspiel zwei wichtige Personalentscheidungen getroffen. Nun hinterlassen Kasper König wie Karin Beier große Fußstapfen. Womöglich zu große?
Glaube ich nicht. Natürlich habe ich beide Kandidaten klar gefragt, ob sie sich das zutrauen - und beide haben das mit forscher Unbekümmertheit, aber auch mit klaren Konzepten bejaht. Beide wollen die Linie ihrer Vorgänger fortsetzen, aber mit eigenen Akzenten.
Teilen Sie meinen Eindruck, dass sich die aktuelle Schauspielsaison nicht so toll anlässt wie gewohnt?
Ja, es läuft bislang nicht ganz so rund, man hört einige kritische Töne über das Angebot. Aber es ist ja erst ein Drittel vorbei. Und nach einer langen Erfolgsserie von vier Spielzeiten wäre es fast unnormal, wenn es nicht mal eine Delle gäbe.
Was sind die Herausforderungen fürs nächste Jahr?
Zunächst zwei wichtige Personalentscheidungen. Für die Intendanz am Hänneschen-Theater läuft die Bewerbungsfrist zum Jahresende aus, und die Stelle des Direktors am Römisch-Germanischen Museum soll im Januar ausgeschrieben werden, so dass die Personalie bis Ostern entschieden sein kann.
Was bringt das Jahr 2012 sonst noch?
Am Offenbachplatz und hoffentlich auch in der Archäologischen Zone mit Jüdischem Museum fangen große Bauvorhaben an. Und dann wollen wir schon im Februar im Rat mit dem Kaufhaus Kutz als Zusatzfläche fürs Wallraf-Richartz-Museum weiterkommen.
Sie beharren seit Ihrem Amtsantritt auf Kölns Metropolenanspruch. Haben wir da inzwischen zulegen können, oder sind wir abgesackt?
Wir haben deutliche Fortschritte gemacht, der Rat hat klare, große Beschlüsse gefasst, für die Bühnen, für die Archäologische Zone. Ich wüsste keine andere Großstadt, die im Baubereich so viel investiert, und auch bei der sonstigen Ausstattung gibt es deutliche Besserung. Und das Bewusstsein, dass wir hier nicht nur fürs uns Kölsche da sind, scheint mir inzwischen Allgemeingut zu sein.
Klingt ja fast so, als ob der Job im Moment mehr Spaß als Ärger macht...
Mal so, mal so. Aber im Moment macht es mehr Freude, weil einfach vieles gelingt.