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Institution in Kalk: Cafe Schlechtrimen

Lesezeit 3 Minuten

Sie heißen alle Engelbert. Großvater Schlechtrimen, der seine erste Bäckerei 1932 in Mülheim in der Schleiermacherstraße eröffnete, trug diesen Vornamen. Nach einer Zwischenstation in Höhenberg wurde 1946 die Kalker Hauptstraße der endgültige Standort da, wo einst das Rathaus der Stadt Kalk gestanden hat. Sohn Engelbert übernahm das Geschäft 1965, und seit 1994 ist Enkel Engelbert (43), Bäckermeister, Konditormeister und Betriebswirt, der Chef.

Schlechtrimen ist eine Institution im Rechtsrheinischen. Zum Frühstücksbüfett (bis mittags um 12.30 Uhr) ist das Café mit 110 Plätzen (auf der Terrasse im Kalker Stadtgarten noch einmal 60, dazu ein paar Tische vor dem Haus) immer voll; für 5,90 Euro plus Getränk wird man dabei reichlich satt (sonntags, beim Schlemmerbüfett für 8,60 Euro, kommen noch Dinge wie Lachs dazu). Da ist alles vertreten: bürgerliches Publikum, Beamte, Ausländer, die Jugend. Besonders beliebt: die Fensterplätze und, an der Wand, die großen Tische. In der Mitte füllt es sich zuletzt.

Zur eigentlichen Kaffeezeit am Nachmittag kommen eher die Älteren, und das nicht mehr in Scharen. Schlechtrimen Nummer 3 sucht dafür inhaltlich neue Wege. Ein kleines Detail: Kaffee im Kännchen ist out. Die neuen, 300 Milliliter großen, knallroten Tassen, gefüllt etwa mit Milchkaffee und viel Milchschaum, kommen dagegen gut an: "Das wäre früher undenkbar gewesen." Beharrungsvermögen andererseits zeigen die Gäste auch, etwa bei den Stammplätzen. Oder bei der kuscheligen Einrichtung aus den 70er Jahren.

Kalk ist ein schwieriges Pflaster. Die Politik wollte bei der Stadterneuerung des Stadtteils auf keinen Fall die sozial Schwachen verdrängen. Die Folge: Die Mittelschicht wanderte aus. Zweite große Veränderung: die Eröffnung der riesigen Köln Arcaden am Westende. So hat Kalk auf einmal neben dem traditionellen Zentrum um die Kapelle einen zweiten Schwerpunkt. Engelbert Schlechtrimen versucht sehr engagiert, mit Kollegen aus der Geschäftswelt Standortpolitik zu machen. Gut eingeführt sind auch die Kaffeehausgespräche, wo etwa Stadtentwicklungsdezernent Bernd Streitberger zu Gast war und zur Entwicklung der Kalker Hauptstraße sprach. Das Haus war brechend voll.

Halbfertigprodukte, chemische Helfer, Backmischungen, gehärtete Fette sind im Betrieb verpönt; das Haus ist zertifizierter Slowbaker. 25 Mitarbeiter kümmern sich um den Betrieb in Kalk, der auch die drei Filialen beliefert - alles in allem sind das 50 Mitarbeiter. Ernährungsphysiologisch liegt Schlechtrimen der Bäckerberuf am Herzen (Stichwort Vollwertprodukte), handwerklich und kreativ ist es für den Konditormeister weitaus anspruchsvoller. "Aber aufwendige und teure Produkte sind in Kalk nicht so gefragt."

Alles macht man bei Schlechtrimen selbst, Brot-und Backwaren genauso wie etwa Baumkuchenspitzen ("die gehen im Herbst wie geschnitten Brot"), Pralinen oder Diabetikerspezialitäten (etwa Stollen). Ausnahme: Trüffelpralinen. Die liefert ein Spezialist in großer Auswahl und kleinen Chargen ganz frisch. Die Zeitschrift "Der Feinschmecker" kürte den Betrieb Ende 2002 zu den "Top 400 Einkaufsadressen". Die Produkte werden ebenso oft ausgezeichnet wie die Auszubildenden - eine gehörte sogar zu den landesweit besten. Der Chef weiß: "Qualität macht nicht einer allein." Auch nicht, wenn er Engelbert heißt.

SCHLECHTRIMEN

Tasse Kaffee 1,75 Euro, Stück Obstkuchen 2,35, Stück Buttercremetorte 2,70 (außer Haus 1,70 beziehungsweise 1,95). Kalker Hauptstraße 210. Öffnungszeiten: Laden 6 bis 18.30, Café 7 bis 18.30 (sonntags bis 18 Uhr); Frühstücksbüfett ab 8 Uhr.